Mein Griechenland-Urlaub ist vorbei, ich musste ihn vorzeitig abbrechen und schreibe wiederum meine Kommentare zum Zeitgeschehen.
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Gerhard Kohlmaier
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Das Ungarn des Viktor Orban. Wenn einer eine Reise tut,….
Seit Jahren fahre ich mit dem Auto auf dem Weg nach Griechenland (Ich möchte meiner Hündin die Fähre nicht zumuten) durch Ungarn. Das Land hat sich seit der Machtübernahme des Autokraten merklich verändert, die Menschen, welche seinem Regime ausgesetzt sind, zum Teil ebenfalls. Kein Wunder, werden sie doch von staatlicher Seite höchst einseitig und falsch informiert. Pressefreiheit gibt es seit vielen Jahren nicht mehr, die Regierung kontrolliert die Medien. Regionalmedien werden von Orbans Freunden betrieben, die öffentlich-rechtlichen Rundfunksender werden in einer staatlichen Medienholding überwacht.
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Der Bevölkerung wird eingetrichtert, die Europäische Union sei an ihrer gesellschaftlichen Situation schuld, dementsprechend unfreundlich ist man anderen Europäern gegenüber, besonders gegenüber Deutschen und Österreichern. Man lässt sie diese Ablehnung auch spüren, wo immer es möglich ist. Als ich im vergangenen Jahr eine Autopanne kurz vor Szeged hatte (Es war ein Radlager zu wechseln), ließ man mich in der örtlichen Ford-Werkstätte wissen, dass die Reparatur 5 Tage in Anspruch nehmen werde, weil angeblich „in Ungarn alle Menschen gleich“ seien und man meine Reparatur (Ein Radlagerwechsel dauert ca. ein- bis eineinhalb Stunden) nicht vorziehen könne. Tatsächlich wartete ich 5 Tage lang, bis das Auto wieder fahrbereit war.
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Ein Erlebnis besonderer Art war heuer die Autobahnfahrt durch Ungarn. Auf einer Streckenlänge von ca. 500 km fährt man gut 200 km ein- oder zweispurig inclusive Pannenstreifen. Allerdings sieht man entlang der gesamten Absperrungen weder irgendeine Bautätigkeit noch Maschinen oder Menschen, welche mit Arbeiten beschäftigt wären. Weder bei der Durchfahrt in Richtung Serbien vor 3 Wochen noch jetzt, bei der Heimreise. Nichts. 400 km unnütze Disziplinierung hin und zurück gerechnet. Offensichtlich ist die Maßnahme Teil einer Strategie der Regierung, um die Menschen mürbe zu machen. Wohl auch die eigene Bevölkerung.
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Am Grenzübergang erwarten einen zahlreiche Schikanen. Autos aus der EU werden im Schneckentempo abgefertigt. Nein, sie werden nicht genau untersucht, obwohl man jeden Kofferraum öffnen lässt, ohne hineinzusehen. Die Passkontrolle dauert an die 10 Minuten. In meinem Fall ließ man auf die Erstschikane noch eine zweite folgen: „Fahren Sie rechts ran, wir machen eine genaue Gepäckskontrolle!“ Also - natürlich wiederum nach einer Wartezeit von 30 Minuten - das ganze Auto ausräumen, das gesamte Gepäck auf einen bereitgestellten Holztisch stellen. Dann erfolgte die Kontrolle eines einzigen Koffers durch flüchtiges Hineingreifen. 5 weitere Gepäckstücke, x Taschen und Sackerln wurden nicht einmal eines Blickes gewürdigt. „Danke, Sie dürfen weiterfahren!“ Gesamtwartezeit an der Grenze: ca. 2,5 Stunden. Autos vor mir auf der Abfertigungsspur: vielleicht 12 bis 15.
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Ich empfehle allen Viktor Orban-Begeisterten eine Reise durch das Land, damit sie am eigenen Leib erfahren, was ein autokratisches Regime bedeutet. Vielleicht könnte Herr Kickl einmal eine Parteiexkursion für seine Anhänger durch das Land organisieren! (Gerhard Kohlmaier) |