Steuerini
Ergebnis der Umfrage zur Lohnsteuersenkung Drucken E-Mail

Bei der Steuerini-Umfrage zur Lohnsteuersenkung sprachen sich 63% vorbehaltlos für eine solche aus, 33% wollten vorher wissen, wie die Finanzierung aussehen soll, und 3% zeigten sich unschlüssig bzw. lehnten eine Steuersenkung ab.

 
Woko vom 14.9.: Wir brauchen ein neues Steuersystem. Ratschläge an den neuen Finanzminister. Teil 2 Drucken E-Mail

Er bringt es auf den Punkt, der neue Finanzminister Schelling, wenn er im Kurier- Interview vom 13.9. ganz offen zugibt, dass er sein Vermögen nicht mehr in eine Stiftung geben würde, weil die wesentlichen Vorteile inzwischen aufgehoben seien. Was Schelling mit „Vorteilen“ meint ist nichts anderes als die steuerliche Bevorzugung von größerem Vermögen oder anders die Legalisierung der steuerlichen Minderleistung von vermögenden Personen.

Tatsächlich wurden die Steuersätze für Stiftungen im österreichischen Stiftungsrecht nach seiner Einführung durch F. Lacina mehrfach angehoben, allerdings sind Stiftungen nach wie vor gegenüber Kapitalgesellschaften begünstigt. Und schließlich bieten Stiftungen nach wie vor noch ein ganz besonderes Steuerzuckerl: Beim Verkauf von Vermögensanteilen entfällt die Steuer im Fall von anderen Beteiligungen gänzlich. Alleine dadurch entgehen dem österreichischen Staat jährlich zahlreiche Steuermillionen.

Herr Schelling hätte also, wenn ihm die steuerliche Begünstigung durch das Stiftungsrecht  nicht ausreicht, nur mehr die Möglichkeit nach einer anderen Form der Steuerbegünstigung zu suchen, die zahlreichen Steuerschlupflöcher für Vermögende zu durchforsten oder aber sein Vermögen so zu besteuern, wie es die Mehrzahl aller Österreicher macht. Die Voraussetzungen dafür, dass letzteres eine Selbstverständlichkeit für alle Bürger sein soll, kann er nun schaffen. Ein erster Ansatz dazu wäre die vollständige Abschaffung des Stiftungsrechtes und die Besteuerung der Erlöse des darin geparkten Vermögens nach dem Einkommenssteuergesetz.

Die Diskussion über eine Besteuerung von Vermögen dreht sich derzeit im Wesentlichen um eine Besteuerung des Vermögenszuwachses, nicht aber um eine Besteuerung vorhandenen Vermögens, also der Vermögensmasse. Gerade diese ist es allerdings, die einer höheren Besteuerung zuzuführen ist. Denn diese Vermögensmassen konnten nur dadurch erzielt werden, weil sie sich bisher im Wesentlichen erfolgreich einer Besteuerung entziehen konnten. Die etablierte Politik hat den Vermögenden durch ihre Steuergesetzgebung die Möglichkeit dazu geboten.

Vermögen setzt sich zusammen aus Sach- bzw. Realvermögen und Finanzvermögen. Dass diese Vermögensverteilung eine exorbitante Ungleichverteilung innerhalb unserer Volkswirtschaft beinhaltet, pfeifen seit Jahren die Spatzen vom Dach. Ebenso ist es eine Pinsenweisheit, dass die Vermögenden anteilsmäßig zum Gesamtsteueraufkommen immer weniger beitragen und dieses hauptsächlich von den lohn- und gehaltsabhängigen Arbeitnehmern finanziert wird.

So gibt es in Österreich seit 2008 keine Erbschafts- oder Vermögenssteuer mehr. Wohl aber fällt eine Grunderwerbssteuer von 3,5% bzw. 2% (bei nahen Angehörigen) an, bemessen nach dem Einheitswert der Liegenschaft. Diese Bemessung der Grunderwerbssteuer ist auf Grund eines Urteils des Verfassungsgerichtshofs bis Mitte des Jahres neu zu regeln, ebenso die der Grundsteuer.

Die Besteuerung der Vermögenssubstanz auf der Basis einer Grundsteuer (also einer jährlichen Abgabe an die Gemeinden) zu berechnen, führt in eine nicht unproblematische Richtung, obwohl auch aus Sicht der Steuerinitiative eine Überarbeitung in Richtung einer Änderung der Einheitswertebesteuerung notwendig ist. Allerdings sollen die erzielten Steuereinnahmen nach wie vor bei den Gemeinden bleiben und nicht zum Bund hin umgeschichtet werden. Mit einer Erhöhung der Einheitswerte und einer dementsprechenden Erhöhung der daran angepassten Grundsteuer ist auf Grund des Urteils des Verfassungsgerichtshofs ohnehin zu rechnen. Befreiungen von der Grundsteuer für Betriebe oder die Berechnung derselben in der Landwirtschaft sind hier tatsächlich zu überdenken und neu zu gestalten.

Die Grunderwerbssteuer bietet jedoch mehrere Möglichkeiten Eingriffe in die Vermögenssubstanz vorzunehmen, wenn man schon nicht an eine Wiedereinführung der Erbschafts- und Vermögenssteuer denkt.

Denkbar wäre beispielsweise folgende Vorgangsweise:

  1. Beibehaltung des 2%-Satzes für den Erwerb von Liegenschaften (nur bei Angehörigen) bis zu einer Höhe von € 500 000.- (darüber hinaus von 3,5%)
  2. Besteuerung des Erwerbs von Liegenschaften (keine Angehörigen) bis zu € 1000 000.- mit 3,5%, darüber hinaus 5%
  3. Beim Erwerb von zusätzlichen Liegenschaften hängt der Steuersatz von den bereits getätigten Erwerb ab. Hat also z.B. jemand bereits eine Liegenschaft um € 1000 000.- erworben, dann beträgt der Steuersatz für den nächsten Kauf 5%
  4. Berechnung von der Gegenleistung, also vom tatsächlichen Wert, und nicht vom Einheitswert für alle Liegenschaften
  5. Ausnahmeregelungen für den Erwerb von Liegenschaften durch den Bund, die Länder oder die Gemeinden braucht es nicht mehr zu geben, weil diese Aufwendungen ohnedies von der Allgemeinheit getragen werden.
  6. Im Bereich der Land- und Forstwirtschaft sind die Steuersätze zusätzlich zum Wert auch vom zu erwartenden Ertrag der Liegenschaft abhängig zu machen und dementsprechend neu festzusetzen.

Ob die Grunderwerbssteuer wie bisher bei den Gemeinden bleibt, hängt davon ab, in welcher Weise man den Finanzausgleich neu ordnet. Auf jeden Fall kann man dadurch jedoch Vermögenssubstanz besteuern und einen Beitrag zu einer gerechteren Verteilung der Steuerbelastung leisten.

Mit der Besteuerung von Finanz- und Geldvermögen beschäftige ich mich im 3. Teil meiner Vorschläge zu einer Steuerreform. (Gerhard Kohlmaier)

 
Reiterer über die Piketty-Hype Drucken E-Mail

Der Sozialwissenschaftler Albert F. Reiterer gibt eine Zusammenfassung von Pikettys Buch "Das Kapital im 21. Jahrhundert", welches erst im Oktober 2014 auf Deutsch erscheinen wird: Unter "Interessante Artikel"

 
Wochenkommentar vom 7.9.2014: Wir brauchen ein neues Steuersystem. Ratschläge an den neuen Finanzminister. Teil 1 Drucken E-Mail


Unser Steuersystem gehört grundlegend reformiert. Die angedachte Lohnsteuersenkung ist nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein. Diesen Nachweis zu erbringen und Vorschläge zu einer Veränderung zu unterbreiten, dienen die nächsten Wochenkommentare der Steuerinitiative.

Der neue Finanzminister Schelling hat nicht Unrecht, wenn er befürchtet, die von der SPÖ propagierte Millionärssteuer würde am Ende der Mittelstand bezahlen (Standard, 3.9.2014), allerdings inkludiert seine Sichtweise, dass er bereits zu Beginn seiner Amtsperiode eine Änderung gerade dieses von SPÖ und ÖVP über Jahrzehnte praktizierte Steuersystem ausschließt.

Denn es ist primär notwendig, die Struktur dieses Steuersystems zu verändern, und zwar nicht nur deshalb, um eine Entlastung des Faktors Arbeit im Vergleich zu Einkünften aus Kapital zu erzielen. Wir brauchen ein strukturell anderes Steuersystem vor allem, um die in den letzten Jahrzehnten von den Regierungen verursachte verheerende Verteilung von Einkommen und Vermögen mit all ihren sozial und gesellschaftlich schädlichen Wirkungen zu beenden. Eine Millionärssteuer oder eine Vermögenssteuer zahlt eben nur dann der Mittelstand, wenn das System es ermöglicht.

Steuern sind zum Steuern da und die Kunst dieses Steuerns darf einerseits die Frage der Einkommens- und Kapitalverteilung nicht außer acht lassen, andererseits muss die steuernde Wirkung auf die Erfordernisse eines sozialen und demokratischen Gemeinschaftswesens Bedacht nehmen. Dazu ein konkreter Vorschlag:

Die Diskussion über eine Besteuerung von Reichen bzw. von Vermögen ist zunächst unter dem Blickwinkel zu führen, wie und unter welchen Bedingungen dieser Reichtum überhaupt entsteht und ob nicht schon diesem Entstehungsprozess Einhalt zu gebieten ist. Denn durch Lohn oder Gehalt ist es selbst im 21. Jahrhundert unmöglich, große Vermögen anzuhäufen. Vielmehr enthalten die hohen Gehälter und Spitzeneinkommen immer schon einen gehörigen Anteil der durch Arbeit erzielten Gewinne und werden somit der volkswirtschaftlichen Wertschöpfung entzogen, bevor wir überhaupt über eine Besteuerung derselben diskutieren.

Wenn heute ein Manager eines Betriebes 2,4 Millionen Jahresgehalt bezieht, dann käme er bei einer 40-Stunden-Woche und nach Abzug eines 6-wöchigen Urlaubs auf einen Nettostundenlohn von € 1250.- Dieser Betrag ist so absurd, dass er nur zustande kommen kann, wenn er eben bereits Abschöpfungen der von allen Angestellten des Betriebes erzielten Wertschöpfung enthält.

Die Umverteilung von erzielter Wertschöpfung nach oben beginnt also bereits beim Abzweigen  von enormen Teilen derselben, die erst dadurch zu Vermögen werden. Diese Vermögen werden sodann statt steuerlich „bestraft“ durch unser Steuersystem geschützt und können mittels Spekulationen auf den Finanzmärkten noch vermehrt werden.

Der von unseren Parteien so häufig strapazierte Vergleich des Kapitals mit einem scheuen Reh beruht somit auf einer systemimmanenten Problematik, der es gegenzusteuern gilt, indem man Spitzengehälter und Spitzeneinkommen begrenzt. Damit dürften sich selbst Aktionäre eines Unternehmens anfreunden können, werden dem Unternehmen dadurch nicht unwesentliche Gewinnanteile entzogen, die ökonomisch sinnvoller als Wiederinvestition in den Wirtschaftskreislauf als im Sinne von privater Vermögensbildung anzulegen wären. Dort wo so eine Begrenzung nicht geschieht, ist sowohl bei Gehältern als auch bei anderen Zuwendungen eines Betriebes, die über diese festgelegte Begrenzung hinausgehen, ein Spitzensteuersatz von 100% anzulegen. Ein nebenbei nicht unwesentlicher Effekt einer solchen Politik wäre der Umstand, dass die Zentralbanken nicht Geld zu schaffen bräuchten, um dieses in die realen Wirtschaftskreisläufe pumpen zu wollen, wenn die Politik garantiert, dass die dort erzielten Wertschöpfungen auch dort bleiben. Die enormen Geldbeträge der Zentralbanken für diese Maßnahme verfehlten und verfehlen ihr Ziel nicht zuletzt deshalb, weil sie nur zu einer weiteren Umverteilung nach oben führen, die letztlich wiederum von allen Steuerpflichtigen zu bezahlen sein wird.

 

Aber auch andere Einkommen, die z.B. aus Immobilienvermietung oder Verpachtung resultieren, gehören - falls sie nicht wieder in die reale Wirtschaft fließen - ab einem gewissen Freibetrag zu 100% besteuert.

Auf diese Art und Weise kann der neue Finanzminister beispielsweise Kapital in der Realwirtschaft halten, die Besteuerung von zumindest zukünftig erzielten Vermögen muss sich an den skizzierten Grundsätzen orientieren. Von der Besteuerung von bereits vorhandenem Vermögen handelt mein nächster Wochenkommentar. (Gerhard Kohlmaier)

 
Aktuelles Thema, 1.9.2014: Eine nachhaltige Steuerreform ist kein Kunststück, aber eine Überlebensfrage für die Regierung Drucken E-Mail

 

Eine nachhaltige Steuerreform ist kein Kunststück, aber eine Überlebensfrage für die Regierung

Lassen Sie mich diesen Kommentar mit einigen aktuellen Daten und beeindruckenden Zahlen beginnen, bevor ich auf die derzeit stattfindende Diskussion über eine Steuerreform eingehe und Vorschläge zu einer raschen und nachhaltigen Umsetzung einer solchen Reform unterbreite:

Aktueller Schuldenstand der Republik: 249 Milliarden Euro

Pro-Kopf-Verschuldung vom Baby bis zum Greis: € 33.300.-

Pro-Kopf-Verschuldung pro Arbeitnehmer: € 59.500.-

Jährliche Zinsaufwendungen für die Staatsschulden: 8,2 Milliarden Euro (www.staatsschulden.at, 30.8.2014)

Arbeitslose Menschen: 400 000 (AMS)

Beschäftigte: 3 595 000 (Osterr. Sozialversicherung)

Armuts- und ausgrenzungsgefährdete Menschen: 1 500 000, also fast 20%  (Stand 2012, Statistik Austria)

Durchschnittsnettomonatseinkommen der unselbständigen Männer 2013: € 1991.-

Durchschnittsnettomonatseinkommen  der unselbständigen Frauen 2013: € 1537.- (Statistik Austria)

Durchschnittspension von Unselbständigen 2012 (mtl.): € 1114.- (Hauptverband der Sozialversicherung)

 

In Bezug auf die Verteilungsfrage der volkswirtschaftlich getätigten Wertschöpfung über einen längeren Zeitraum ergibt sich seit vielen Jahren eine längst bekannte Verteilungsungerechtigkeit, die sich zudem zu Lasten der kleinen und mittleren Einkommen drastisch verschärft:

So haben zwischen 1976 und 2012 die Kapitaleinkommen (Gewinne und Einkommen aus Vermietung und Verpachtung) um 150% zugenommen, die Arbeitseinkommen hingegen sind im selben Zeitraum nur um 84% gestiegen (WIFO). Nach Berechnungen der AK besitzen die ärmsten 50% der Bevölkerung derzeit rund 2,18% des Gesamtvermögens, die reichsten 50% hingegen über 97%. Die reichsten 10% der Bevölkerung besitzen 69% des Gesamtvermögens (AK Wien, Bestände und Vermögen in Österreich)

Trotzdem tragen jene 10% der österreichischen Haushalte, die nur über ein Einkommen von bis zu € 1797.- beziehen mit 37% ihres Einkommens zum Gesamtwohl teil: 2% Lohnsteuer, 15% Sozialversicherung, 19% Verbrauchssteuern (WIFO)

Der Anteil an vermögensbezogenen Steuern am BIP ist in Österreich extrem gering. Er beträgt nur 0,5% des BIP, während er im OECD-Durchschnitt 1,8% und im EU-Durchschnitt sogar 2,1% beträgt (AK).

Die reichsten 10% der österreichischen Haushalte verfügen über 69% des Nettovermögens und ca. 65% des gesamten Immobilienvermögens, während 40% der Bevölkerung überhaupt keine Immobilie besitzen (OeNB, Vermögensstudie Linz).

Diese Zahlen belegen, dass die österreichische Innenpolitik bzw. deren Protagonisten seit langer Zeit säumig sind. Die Regierungen dieses Landes haben es in den letzten Jahren nicht nur verabsäumt die Verschuldungssituation des Staates deutlich einzugrenzen - im Gegenteil - diese wurde und wird durch staatliche Beihilfen und Haftungen für Banken, Spekulanten und  Großkonzerne, Zahlungen für hochriskante Finanzgeschäfte von Gemeinden und Ländern aus dem Steuertopf noch um Milliardenbeträge erhöht, sie haben sich zudem - ohne das Volk zu befragen - in vielerlei Hinsicht unter das Diktat einer EU-Politik begeben, welche nur mehr im Interesse des Finanz- und Großkapitals handelt.


In allen Bereichen des Staates gibt es Baustellen, auf denen die politischen Akteure gar nicht oder wie ahnungslose Pfuscher agieren, einzig und alleine nach taktischen Prinzipien vorgehend, um ihre Macht zu sichern oder zu erhalten: die Probleme im Wissenschaftsbereich, in der Bildungspolitik, in der Steuerpolitik, der Justiz, in der Verwaltung, der Sicherheitspolitik, der Infrastruktur u.a.m. sind Beispiele dafür. Lobbyismus und Korruption an allen Ecken und Enden des Staates haben in beängstigender Weise zugenommen und fügen dem Land und seinen Bewohnern schwere Schäden zu.

Wie wenig die realen Probleme des Landes und wie sehr die machtpolitischen Überlegungen eine Rolle im politischen Regierungsalltag spielen, lässt sich nicht zuletzt auch am Rücktritt des Vizekanzlers und ÖVP-Parteiobmanns ablesen, der allerdings - genauso wie sein rotes Gegenüber Faymann eine Regierungskonstellation eingegangen ist, in welcher der Stillstand vorprogrammiert war. Macht- und Postenschacher sowie Klientelpolitik standen und stehen sowohl bei SPÖ als auch bei der ÖVP im Vordergrund, nicht eine vernünftige Arbeit im Interesse des Landes, im Interesse der Mehrheit der Bürger.

Auf diesem Hintergrund ist auch die derzeitige Diskussion über eine Steuerreform zu sehen. Einig ist sich die Regierungskoalition darin, dass es eine solche geben soll. Nein, beide Parteien wissen, dass es eine geben muss, haben sie doch die Mehrheit des Volkes in den letzten Jahren derart drastisch entrechtet, hinters Licht geführt und ausgeplündert, dass sie aufgrund dieser Politik in die politische Bedeutungslosigkeit abzurutschen drohen, weil selbst die eingefleischtesten Parteigänger unter den Wählern das Gefühl nicht mehr loswerden, dass sie sich ihrer Verliererrolle nur mehr dadurch entledigen können, indem sie einen Wechsel in der parteipolitischen Ausrichtung in Erwägung ziehen. Der Krug geht eben nur so lange zum Brunnen, bis er bricht. Da hinter den derzeitigen Regierungsakteuren jedoch bereits die nächsten warten, die diesen Regierungsstil ebenfalls bestens beherrschen werden, ist selbst diese scheinbare Neuausrichtung nicht mehr als Blendwerk.

So droht nun auch diese längst fällige Steuerreform zu einer Politfarce zu entarten, und zwar weil es der Regierung dabei nicht um eine nachhaltige, sinnvolle und gerechte Änderung dieses Steuersystems geht, sondern einzig und allein um eine kurzfristige, oberflächliche Beruhigungspille für das Wahlvolk, denn vielleicht kann man dieses mit einigen kurzfristigen Maßnahmen doch noch für einige Zeit bei (Wahl)Laune halten!

Schon die Herangehensweise an das Problem zeugt von dieser Absicht. Will man die Profiteure des derzeitigen Steuersystems bei Laune halten - und das sind eindeutig die hohen Einkommensbezieher und die Vermögenden - und ihre Vermögenszuwächse weiterhin sichern, und ich behaupte, dass man das will, so muss man sich überlegen, wie man eine Lohnsteuerreform anlegt, bei der im Endeffekt den Systemverlierern, dem Großteil der Arbeitnehmer, das, was man ihnen mit der einen Hand gibt, mit der anderen wieder genommen wird. Und zwar möglichst so, dass sie es möglichst nicht merken, denn sonst ist zumindest deren Wahllaune nicht wiederzuerwecken.

Eine Gegenfinanzierung einer Lohnsteuersenkung durch eine Anhebung der Grundsteuer birgt diese Gefahr in sich. Wobei ich prinzipiell der Ansicht bin, dass eine Grundsteuerreform anstünde, aber bei einer Husch-Pfusch-Lösung ist zu erwarten, dass sich die Lohnabhängigen, auch dann wenn sie keinen Grundbesitz vorweisen können, die Lohnsteuersenkung über z.B. höhere Mieten selbst zahlen. Wie gewonnen, so zerronnen. Das ist es, was eine Steuerreform so kompliziert werden lässt.

Betrachtete man die Lastenverteilung und die faktischen Zahlen, so wäre eine Steuerreform ein einfaches Unterfangen. Selbstverständlich ist eine tatsächliche Vermögensbesteuerung mehr als überfällig, und zwar muss sowohl das Vermögen jenseits eines Freibetrages von ca. € 500 000 bis € 700 000 besteuert werden als auch der Vermögenszuwachs.

Eine von der AK in Auftrag gegebene Studie der Universität Linz berechnet die dadurch erzielbaren Steuereinnahmen bei einem gestaffelten Vermögenssteuersatz von 0,5% auf Vermögen zwischen 700000 und 2 Mio, von 1% zwischen 2 und 3 Mio und von 1,5% auf Vermögen über 3 Mio Euro auf ca. 7 Milliarden Euro. Selbst bei hypothetischen „Ausweicheffekten“ würden die Einnahmen immer noch 5,4 Milliarden Euro ausmachen. Man könnte also alleine durch eine moderate Vermögensbesteuerung eine Lohnsteuersenkung, die zwischen 4 und 6 Mrd. € kosten dürfte, finanzieren. Und die ÖVP-Mär, dass davon die Kleinen und der Mittelstand getroffen würden, ist so genauso unsinnig wie das Schüren von Ängsten, die Vermögenden würden dann das Land verlassen oder ihr Geld woanders versteuern. Ja wo denn, wenn in allen europäischen und den OECD-Ländern die Vermögenssteuern dann immer noch höher als in Österreich sind?


Zudem wäre eine Vermögensbesteuerung ein Beitrag zu mehr Verteilungsgerechtigkeit, wenn die, die durch das System immer reicher geworden sind, weil sie steuerlich geringer belastet wurden, endlich auch ihren Beitrag zum Gesamtwohl aller leisten und jene spürbar entlasten, die bisher die Hauptsteuerlast getragen haben. Nicht zuletzt ist sie auch deshalb gerechtfertigt, da es die Vermögenden sind, welche den Staaten in ihren derzeitigen Finanznöten Gelder zur Verfügung stellen (z.B. in Form von Anleihen), welche die Zinslast des Staatshaushaltes erhöhen und solcherart neue Abhängigkeiten schaffen, statt vorhandene Steuereinnahmen für dringende Investitionen im Bildungs-, Sozialbereich usw. investieren zu können. Auch das so häufig gehörte Argument, dass Vermögen doch schon einmal besteuert wurde und deshalb eine Vermögensbesteuerung ungerecht sei, ist in keiner Weise haltbar. In unserem Wirtschaftssystem ist die Doppelbesteuerung gang und gäbe. Auch alle, die bereits Lohnsteuer bezahlt haben, zahlen beispielsweise bei jedem Einkauf Umsatzsteuer.

Eine weitere, längst fällige Maßnahme in unserem Steuersystem ist die Änderung der Sozialversicherungsbeiträge, die über der Höchstbeitragsgrundlage von € 4400.- im Monat liegen. Für Einkommen, die darüber liegen, müssen in Österreich nämlich keine Beiträge bezahlt werden, was dazu führt, dass die Gesamtbelastung (also Steuern und Abgaben) bei höheren Einkommen sinkt. Absurd. Während in nahezu allen OECD-Staaten die Abgabenlast kontinuierlich mit der Einkommenshöhe steigt, gehört Österreich auch diesbezüglich zu einem Schlaraffenland für Vermögende. Eine Änderung ist, wenn sie politisch gewollt wird, von heute auf morgen möglich.

Unzumutbar in unserem Steuersystem ist auch die Tatsache, dass die Steuerstufen nicht an die Inflation angepasst werden. Das führt dazu, dass z.B. trotz Lohnerhöhung netto weniger im Börsel bleibt, weil man in eine höhere Steuerstufe gerutscht ist und dem Arbeitnehmer nach Abzug der Inflation sogar weniger bleibt als vor der Lohnerhöhung. Diese sogenannte „kalte Progression“ wirkt natürlich auch bei Besserverdienern. Da bei diesen jedoch ab € 4400.- die Sozialabgaben nicht mehr ansteigen, können sie diesem ungerechten Phänomen noch eher entkommen als Durchschnittsverdiener, weil sie dadurch wenigstens einen Teil der Lohn- oder Gehaltserhöhung retten können.

Dieser steuertechnische Trick der „kalten Progression“ kommt natürlich vor allem dem Finanzminister zugute, denn dessen Lohnsteuereinnahmen steigen dadurch jährlich, ohne dass es eine Erhöhung geben muss. Jede Lohnerhöhung ist somit von einer Art stillen Enteignung begleitet. Dem Phänomen ist durch eine automatische Inflationsanpassung leicht beizukommen, die dadurch fehlenden Einnahmen für den Finanzminister lassen sich beispielsweise durch eine Abschaffung der Höchstbeitragsgrundlage bei den Sozialversicherungsbeiträgen und einer allfälligen Umschichtung dieser zusätzlichen Einnahmen kompensieren.

Schließlich ist es in einer Zeit, in welcher die großen Firmen und Konzerne dem Staat durch ihre „Rationalisierungsstrategien“ immer größere Lasten in der Arbeitslosenproblematik aufbürden, während sie selbst durch diese Maßnahme und Automatisierung und Technisierung ihre Gewinnspannen erhöhen, notwendig, die Lohnsummenbesteuerung durch eine Wertschöpfungsabgabe zu ersetzen. Diese langjährige Forderung der „Steuerini“ (Nähere Ausführungen dazu finden Sie unter: http://www.steuerini.at/index.php?option=com_content&view=category&layout=blog&id=16&Itemid=19) würde die Bemessung der Dienstgeberbeiträge zur Sozialversicherung sowie der Kommunalsteuer endlich auf neue, gerechtere Beine stellen und arbeitsintensive Betriebe entlasten.

Faymann und die SPÖ sind gut beraten, dem neuen Finanzminister und der ÖVP diese Vorschläge aufzuzwingen oder den Bruch der Koalition zu riskieren, denn es ist wohl die letzte Chance, wie sie ihr Wählerpotential langfristig sichern und erweitern können. Die Alternative ist letztlich das Absinken in die politische Bedeutungslosigkeit dieses Landes.

Aber auch die ÖVP bekäme durch eine Umsetzung der skizzierten Reform so etwas wie eine letzte Überlebenschance. Dessen sollten sich die Protagonisten beider Parteien bewusst sein. (Gerhard Kohlmaier, 1.9.2014)


 

 
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