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Aktuelles Thema: Politik als Inszenierung - ein demokratiepolitisches Dilemma Drucken E-Mail

 

Wahlen sind ein wichtiger Bestandteil jeder Demokratie. Aber sie sind bei Weitem nicht ein besonderes Qualitätskriterium einer demokratischen Gesellschaft. Immerhin gibt es Wahlen auch in China oder in Russland, in Ungarn, der Türkei, Polen usw.

Aber in wirklichen Demokratien sollen die politischen Vorstellungen einer zur Wahl stehenden Partei einer fundierten Kritik unterzogen werden. Dabei spielen vor allem freie Medien eine bedeutsame Rolle. Eine lebendige Demokratie lebt von einem Diskussionsprozess über die programmatischen Vorstellungen der Wahlwerber, und je breiter er geführt wird, umso eher kann sich der Bürger eine Vorstellung vom Sinn oder Unsinn eines Parteiprogramms machen.

Aber gerade in dieser wichtigen demokratiepolitischen Frage läuft derzeit in Österreich ein nahezu bedenklicher Prozess ab.

Einerseits häufen sich die Parteien, deren programmatische Vorstellungen kaum konkret sind. Vielfach handelt es sich dabei nicht um Wahlprogramme im engeren Sinn, sondern um Grundsatzpapiere. Sie vermitteln dem Bürger nicht mehr als Bekenntnisse zur sozialen Gerechtigkeit, zu einer  erfolgreichen Wirtschafts-, Bildungs-, Gesundheitspolitik usw.

Was darunter genau zu verstehen ist, mit welchen Mitteln politische Ziele erreicht werden sollen, welche Konsequenzen eine bestimmte Politik für die Gesellschaft als Ganzes und für den Einzelnen im Besonderen hat oder haben kann, wird dabei mehr oder weniger bewusst verschwiegen.

Nicht die Inhalte stehen im Vordergrund, nicht die Diskussion darüber, sondern vielfach Personen und Gesichter. Letztere bemühen sich mit Schlagwörtern und pseudodemokratischen Wortschöpfungen um die Gunst von Wählern, welche längst begriffen haben müssten, dass genau das zu wenig ist, um so regieren zu können, dass Antworten auf gesellschaftspolitische Fragestellungen im Interesse der Mehrheit der BürgerInnen gegeben werden können.

Insbesondere die Neue ÖVP versucht unter ihrem Spitzenkandidaten Kurz diesen Weg zu gehen. Konkrete Aussagen zu einer zukünftigen Innenpolitik und deren Folgen gibt es von Kurz kaum. Ein Detailprogramm für eine künftige Legislaturperiode der Partei Kurz gibt es bis dato nicht. Dort wo sich der neue Parteichef zu Wort meldet, wie etwa in der Flüchtlingspolitik, bleibt er populistisch und täuscht Lösungsmöglichkeiten vor, die jegliche praktische Umsetzbarkeit vermissen lassen bzw. dem Problem in keiner Weise Herr werden. Wohl aber gibt es viele neue Gesichter in der Partei, hauptsächlich Jugendfreunde des Parteichefs, welche inhaltlich noch weniger zu bieten haben als er selbst, allerdings den Wählern eine Art Dynamikimage vortäuschen sollen, welches sich oberflächlich betrachtet vom Typus des Politikers unterscheiden soll.

Es ist zwar richtig, dass die BürgerInnen die Nase voll von Politikern haben, die nicht im Interesse der Mehrheit der BürgerInnen handeln, sondern einzig und allein im Partei- und Eigeninteresse. Aber um dieses gerechtfertigte Misstrauen der BürgerInnen solcher Art von Politikern überwinden zu können, reicht es bei Weitem nicht aus, wenn man die Verpackung ändert. Der Inhalt ist es, der geändert werden sollte, aber wo kaum einer oder gar kein Inhalt ist, ist die Irreführung der Wähler zur Potenz erhoben.

Auch die NEOS üben sich in einer ähnlichen Strategie. Mit Schlagwörtern wie „Freiheit und Verantwortung“ wird eine ehemalige Präsidentschaftskandidatin auf das Wahlvolk losgelassen. Konkrete Lösungskompetenzen für gesellschaftspolitische Fragestellungen bleiben dabei ähnlich auf der Strecke wie bei der Neuen ÖVP.

Die FPÖ weiß ob der neuen Welle von populistischer, wenig konkreter Politik rund um sie herum offensichtlich nicht mehr, wie sie darauf reagieren soll. War es doch bisher ihre Domäne, dem Volk etwas vorzugaukeln. Nun ist guter Rat teuer, denn wenn man plötzlich von vielen Gauklern umgeben ist, die als Verpackungskünstler auftreten, beginnt die eigene Verpackung zu bröckeln. Und wo kein Inhalt war, bleibt derzeit nur das Schweigen.

Die GRÜNEN befinden sich in einer äußerst merkwürdigen Situation. Eine Partei, die hervorgegangen aus einer Bewegung, in letzter Zeit alles daran gesetzt hat, um dieses Image abzuschütteln und zu einer stinkordinären Partei jenes Stils zu werden, welche das Wahlvolk immer öfter eine Absage erteilt, findet sich plötzlich umgeben von Konkurrenten, welche gerade darauf abzielen, Bewegung vorzutäuschen. Dass man in dieser Situation sich noch dazu gerade der Mitglieder entledigt, welche noch den Hauch einer Aura, die Volksinteressen vor Parteiinteressen stellt, ihr Eigen nennen konnten, macht eine Zukunftsstrategie nicht gerade einfacher.

Die SPÖ agiert derzeit noch am ehesten im Stil einer Partei - mit allen Vor- und Nachteilen eines traditionellen und nicht unproblematischen Parteicharakters. Erfolg oder Misserfolg kann dabei in der inhaltlichen Abgrenzung, in der Detailgenauigkeit des politischen Wollens zu den Mitkonkurrenten liegen, aber wohl auch im Aufbrechen verkrusteter Strukturen. Das von den BürgerInnen zu Recht abgelehnte Image einer Machtpartei sollte durch das einer echten Volkspartei ersetzt werden, in welcher sie Zukunft aktiv mitgestalten können. Ein Anfang ist insofern gemacht, als dass die SPÖ als einziger Wahlwerber ein ziemlich konkretes Arbeitsprogramm vorgelegt hat. Wenn es der Partei gelingt auch jene Strukturen zu schaffen, die gewährleisten, dass der einzelne Bürger an der Umsetzung der Ideen aktiv teilnehmen kann, kann das Parteiimage durchaus von Vorteil sein.

(Gerhard Kohlmaier, 16.7.2017)

 

 
Woko vom 9.7: Das Steuerkonzept der SPÖ Drucken E-Mail

Die SPÖ hat seit dem Antritt von Bundeskanzler Kern ihre steuerpolitischen Vorstellungen insbesondere im „Plan A“ (http://www.meinplana.at) konkretisiert. Dieser wurde bereits im Jänner formuliert und beinhaltet u.a. die wesentlichen steuerpolitischen Pläne der Sozialdemokratischen Partei.

Im Mittelpunkt steht das Bekenntnis eine gerechte Verteilung von Vermögen, Steuern und Ressourcen anzustreben.

Dazu zählt vor allem die Senkung der Lohnnebenkosten um ca. 7%, um kleineren und mittleren Betrieben mehr Wettbewerbschancen einzuräumen. Die Kosten von ungefähr 3 Milliarden Euro sollen insbesondere durch folgende Maßnahmen aufgebracht werden:

  • Höhere Besteuerung von internationalen Konzernen
  • Effizienzsteigerungen bei Gebietskörperschaften und Sozialversicherungsträger
  • Einführung von Wertschöpfungskomponenten, zB. auf fossile Energieträger
  • Werbeabgaben auf Online-Medien
  • Strafsteuer auf verschobene Gewinne von 25%
  • Umsatzsteuer auf Geschäfte mit Daten

 

Einführung einer Erbschafts- und Schenkungssteuer ab einem Vermögen von 1 Million Euro. Damit soll vor allem der kürzlich abgeschaffte Eigenregress im Pflegefall finanziert werden.

 

Innerhalb der Europäischen Union tritt die SPÖ für eine Finanztransaktionssteuer ein und strebt eine Steuerharmonisierung an, also eine gemeinsame Bemessungsgrundlage der Steuerberechnung und gemeinsame Mindeststeuersätze. Auch die gemeinsame Bekämpfung von Steueroasen ist der Partei ein Anliegen.

 

Die SPÖ schlägt zur Abschaffung der Kalten Progression eine automatische Anpassung bis in die 3. Tarifstufe, also für all jene, die bis € 5800.- verdienen, vor. Diese Maßnahme soll nach Angaben der Partei 90% der Kalten Progression abdecken. Die restlichen 10% sollen zwischen jenen, die weniger als € 11000.- jährlich verdienen und den Spitzenverdienern aufteilen. Eine Einigung mit der ÖVP kam in der Legislaturperiode nicht zustande, da der Koalitionspartner auch die höheren Einkommensstufen deutlicher entlasten wollte.

 

Die Partei tritt auch für eine Ökologisierung des Steuersystems ein. Nähere Angaben dazu konnte ich jedoch nicht auffinden.

 

 

 
Woko vom 2.7.: Wenig Konkretes zur Steuerpolitik von der Kurz-ÖVP Drucken E-Mail

Die sogenannte „Neue Volkspartei“ entpuppt sich auf der Webseite der Partei (www.oevp.at) im Wesentlichen als eine Kultpartei rund um die Person von Sebastian Kurz. Darstellungen einer künftigen Steuerpolitik sowie steuerpolitische Forderungen finden sich überhaupt keine auf der Homepage. Der Besucher wird vielmehr sofort zur Webseite von Sebastian Kurz umgeleitet, auf der sich aber ebenso keine steuerpolitischen Überlegungen finden.

Der Interessierte muss sich also mit der von Kurz Anfang Juni getätigten Ankündigung, die Steuerbelastung von 43 auf 40 Prozent senken zu wollen, begnügen. Die dafür jährlich benötigten rund 14 Milliarden Euro will sich Kurz durch Bürokratieabbau, eine andere Sozialpolitik sowie eine andere Subventionspolitik holen. Konkret wird der neue Parteichef dabei jedoch nicht. Details eines solchen Steuersenkungsvorhabens bleiben dem Interessenten verborgen.

Detaillierte Aussagen zu einer Steuerpolitik, die eine Umverteilung des Steueraufkommens  von den Vermögenden zu den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern vorsehen, finden sich nicht. Es darf davon ausgegangen werden, dass auch Kurz wie die ÖVP bisher, eine Vermögensbesteuerung und die Einführung einer Wertschöpfungsabgabe ablehnen.

 

Die neue ÖVP wird wohl so wie die alte eine neoliberale Steuerpolitik betreiben, die letztlich zu Lasten der Mehrheit der Bevölkerung geht und große Konzerne, Finanzspekulanten und Wirtschaftstreibende unterstützt.

 

Nächste Woche: Das Steuerkonzept der SPÖ

 
Woko vom 25.6.: Die vagen Steuervorstellungen der FPÖ Drucken E-Mail

Das Steuerprogramm der FPÖ ist kein eigens ausgewiesenes, die Homepage der Partei hüllt sich über eine konkrete Steuerpolitik in Schweigen.

Es ist daher mühsam, über das Parteiprogramm und andere Themenbereiche die Steuervorstellungen dieser Partei zu entschlüsseln.

Es finden sich sehr allgemeine Bekenntnisse, beispielsweise zu einer sozialen Marktwirtschaft oder etwa, dass sich Leistung lohnen müsse oder dass das Steuersystem sozial gerecht sein solle.

Niedrige Steuern (Wer möchte das nicht?) und Leistungsanreize (Welche?) werden als Voraussetzung für erfolgreiches Wirtschaften gesehen. Für Jungunternehmer sollen Steuererleichterungen und Starthilfen gewährt werden. Bei der Unternehmensbesteuerungen tritt die Partei für die Begünstigung von Unternehmen bei der Schaffung von Arbeitsplätzen ein.

Arbeitseinkommen und Kapitaleinkommen sollen im Steuersystem gleichrangig behandelt werden. Konkretisierungen fehlen auch hier.


Gesamt gesehen ist festzustellen, dass die Partei offensichtlich keinerlei Vorstellungen oder Konzepte für eine Steuerpolitik hat, welche die Aufgaben der Zukunft zu meistern vermag. Eine enttäuschende Performance einer Partei, welche ein Regierungspartei anstrebt!

 

Gerhard Kohlmaier

 

Nächste Woche: Das Steuerkonzept der ÖVP

 

 

 

 
Woko vom 18.6.: Das Steuerkonzept der GRÃœNEN Drucken E-Mail

 

Auf der Homepage der GRÃœNEN findet sich kein eigenes Steuerprogramm, wohl aber gibt es zahlreiche steuerpolitische Forderungen, welche im Parteiprogramm (https://www.gruene.at/partei/programm/parteiprogramm) sowie unter anderen Themenbereichen (https://www.gruene.at/themen) formuliert sind.

So fordern die GRÜNEN eine ökologisch-soziale Steuerreform, durch welche auch eine Umverteilung der Steuerlast erzielt werden soll. So sollen Steuern auf Schadstoffe und Energieverschwendung in 2 Etappen ein Volumen von ca. 4 Milliarden Euro ergeben, welches andererseits im Bereich von Lohnnebenkosten und bei Arbeitseinkommen zu einer Entlastung in der selben Höhe führen soll. Hervorzuheben sind hier insbesondere eine höhere Besteuerung auf fossile Energien wie Treibstoff, Heizöl und Kohle, aber auch die LKW-Maut im nachgeordneten Straßensystem und eine CO2-Steuer.

Weiters setzt sich die Partei für eine reformierte Erbschafts- und Schenkungssteuer mit einem Freibetrag von € 500 000.- sowie eine Erbschaftssteuer auf Privatstiftungen nach deutschem Vorbild ein.

Eine Reform der Grundsteuer durch eine Aktualisierung der Einheitswerte wird angestrebt. Durch eine progressive Besteuerung soll sichergestellt werden, dass kleinere Hausbesitzer nicht stärker als derzeit belastet werden.


Relativ vage bleiben die Vorstellungen über die Streichung von Steuerbegünstigungen und der Kürzung von Förderungen. Hier begnügt man sich vielfach mit dem Verweis auf ExpertInnen. Gefordert werden in diesem Zusammenhang jedoch u.a. die Streichung von Flugverkehrsbegünstigungen (Kerosinbesteuerung), die steuerliche Begünstigung von Firmen-PKWs, die land- und forstwirtschaftliche Zugmaschinenbegünstigung, die Koppelung der Wohnbauförderung an die öffentliche Verkehrsanbindung, die steuerliche Begünstigungen bei der Pensionsvorsorge im Rahmen von Betriebs- und Privatpensionen.

Das Konzept enthält auch die Forderung nach einer Finanztransaktionssteuer gemäß der EU-Richtlinie mit einem Steuersatz von  0,1% auf Aktien und 0,01% auf Derivate.

Die GRÜNEN Vorarlbergs fordern eine Art Robotersteuer, um den Ersatz menschlicher Arbeitskräfte durch Maschinen zu besteuern.

Nach Ansicht der GRÜNEN sollen alle Sozialversicherungen zusammengelegt werden und in der gewerblichen Wirtschaft sollten möglichst schnell Verbesserungen im Sozialversicherungssystem umgesetzt werden, wie z.B. der Wegfall des Selbstbehaltes.

Eine Forderung der GRÜNEN ist auch die Offenlegung des Steueraufkommens von internationalen Unternehmen in Österreich durch das Finanzministerium, um den Druck auf Unternehmen zu erhöhen, welche sich der Steuerleistung durch Steuerflucht entziehen.

Die Partei setzt sich auch für ein einheitliches Pensionsrecht für alle ein, welches ausschließlich auf dem Umlagesystem basieren und sowohl über Beitrage als auch Steuern finanziert werden soll. Grundpension € 800.- für alle über 65 sowie krankheitsbedingte Frühpensionen.


Alles in allem kann man sagen, dass das Steuermodell der GRÜNEN durchaus ökologisch orientiert ist, aber es enthält auch einige Forderungen zur Umverteilung der gesellschaftlichen Wertschöpfung von den wirklich Vermögenden hin zur breiten Masse der Bürgerinnen und Bürger.

 

Nächste Woche: Die Steuervorstellungen der FPÖ

 

 
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