Woko vom 11.1.2015: Diese Politik bedarf einer organisierten Zivilgesellschaft Drucken E-Mail

Im kommenden Jahr müssen wir mit einer Fortsetzung bzw. einer Verschärfung einer neoliberalen Politik rechnen, die im Interesse des Finanz- und Großkapitals agiert und reagiert. Für die überwiegende Mehrheit der Menschen wird dieser politische Kurs von Regierungen und etablierten Parteien bedeuten, dass nicht nur ihre materiellen Lebensbedingungen weiterhin schrumpfen werden, sondern insbesondere auch deren Chancen auf Mitbestimmung der politischen Prozesse innerhalb der noch gewährten Rechte, die ohnedies bereits nur mehr wenig Systemdurchschlagskraft aufweisen. Die EU, aber auch die Parlamente der westlichen Demokratien haben diese Rechte sukzessive eingeschränkt und werden diesen Weg wohl fortsetzen. Ein wesentliches Ziel einer mündigen Gesellschaft wird und muss daher darin gipfeln, sich für die Erweiterung demokratischer Grundrechte einzusetzen.


Aber auch im ökonomischen Bereich steht uns eine wichtige Auseinandersetzung bevor. Sollten die geplanten Freihandelsabkommen zwischen der USA und der EU Wirklichkeit werden, dann werden diese nicht nur zu einer weiteren Entrechtung von Arbeitnehmern und zum weiteren Abbau des Sozialstaates führen, sie werden verstärkt einem Begriff von Ökonomie das Wort reden, in welchem das Wohlergehen der Menschen und die Verantwortung einem Ökosystem gegenüber noch deutlich weniger eine Rolle spielen als derzeit. Einzig die Sicherung von Gewinnen für Großkonzerne wird der Leitfaden für zukünftiges Wirtschaften sein. Es wird daher aller gebündelten Kräfte der so genannten Zivilgesellschaft bedürfen, der Entschlossenheit ganzer Völker, sich diesem Vorhaben dementsprechend entgegenzustellen.


Im Zusammenhang mit diesen Bestrebungen um die so gerne zitierte Freiheit des Handels   müssen wir auch wachsam sein, dass uns nicht auch noch die fundamentalsten Rechte auf Ressourcen, die Menschen zum Leben benötigen, abgesprochen werden. Bereits jetzt bemühen sich zahlreiche Konzerne, wie z.B. Nestle, um eine Privatisierung des Wassers und sind dabei in etlichen Ländern auch bereits erfolgreich.

Der weitere Umgang mit der Krise wird nicht nur genau zu beobachten und zu analysieren sein, sondern wir müssen verstärkt die Akteure sowie die Profiteure dieser gigantischen Geldflüsse zur Verantwortung für ihr Handeln ziehen. Dabei kann der Untersuchungsausschuss zur HYPO zwar einen Puzzlestein bilden, aber ohne eine entscheidende Willenskundgebung der Mehrheit des Volkes wird solchen Machenschaften  auch in Zukunft weder parlamentarisch noch juristisch ein Riegel vorzuschieben sein. Wir müssen selbst Volksabstimmungen organisieren, Volksabstimmungen „von unten“ sozusagen, um den Druck auf die herrschende Politik zu erhöhen. Und das in dieser, aber auch in allen anderen wichtigen gesellschaftspolitischen Fragen.


Die angekündigte Steuerreform der Regierung bzw. deren Umsetzung erwartet uns ebenfalls in diesem Jahr. Auch hier ist zu befürchten, dass die angekündigte Entlastung der Arbeitnehmer letztlich von diesen selbst bezahlt werden wird. Wir dürfen eine solche Reform nicht hinnehmen, sondern müssen auf einer Steuerreform beharren, welche Lohnarbeit in der Zukunft deutlich entlastet und Einkünfte aus Kapital entschieden mehr belastet als bisher.


All diese politischen Vorhaben - und sie stehen nur exemplarisch für viele andere, die uns 2015 erwarten - erfordern eine starke Präsenz einer Zivilgesellschaft, deren einzige Chance auf Durchsetzung der Interessen der Mehrheit des Volkes darin besteht, dass sie gemeinsam auftritt, gemeinsam bestimmte Ziele verfolgt, gemeinsam die Mehrheit der Bevölkerung zum Mitgestalten aktiviert. Die etablierten Parteien werden und wollen diesen Prozess nicht leisten. Sie wollen Wählerstimmen, Ämter, Macht, und das werden sie uns bei den bevorstehenden Landtagswahlen auch demonstrieren. Daher wird ein wesentlicher Maßstab für den Erfolg einer aktiven zivilen Gesellschaft der Grad ihrer Organisationsfähigkeit sein. (Gerhard Kohlmaier)