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Als Gastkommentar vom 23.1.23 auch in der Wiener Zeitung: https://www.wienerzeitung.at/meinung/gastkommentare/2175408-Wenn-Millionaere-um-hoehere-Besteuerung-flehen.html

Davos: Millionäre flehen um Besteuerung

Es ist nicht ganz neu, dass Reiche höher besteuert werden wollen. Vor bereits 15 Jahren (2008) preschte der Milliardär Hans Peter Haselsteiner mit der Idee vor, den Spitzensteuersatz für hohe Gehälter wie Großverdiener und Topmanager auf 80% anzuheben. Zudem setzte er sich für eine Ertragsbesteuerung für jegliche Form des Vermögenstransfers, wie beispielsweise bei Erbschaften, ein. Seine Motive damals waren vor allem soziale Gerechtigkeit und Ausgeglichenheit sowie auch die persönliche Sicherheit, welche laut Haselsteiner dann gefährdet ist, wenn die Kluft zwischen Arm und Reich zu groß ist.

Inzwischen sind 15 Jahre vergangen. 15 Jahre, in denen die Reichen immer reicher wurden und die Mehrheit der Bevölkerung - gemessen am Gesamtvermögen in der Welt, welches noch nie so hoch war wie heute - immer ärmer. Erstaunlich ist nicht nur der Vermögenszuwachs der Reichen, sondern insbesondere auch die Tatsache, dass selbst globale Krisen, wie die Finanzkrise oder Corona, dazu beitrugen, deren Reichtum zu vermehren. Einer der Gründe dafür ist, dass gerade in Krisenzeiten die Umverteilung von staatlichen Geldern hin zu den reichsten 10% der Gesellschaften noch besser funktioniert als zu „Normalzeiten“. So konnten beispielsweise während der zweijährigen Corona-Krise die 10 Vermögendsten der Welt ihr Vermögen verdoppeln, während für 99 Prozent der Menschen in diesem Zeitraum teils starke Einbußen des Wohlstandes zu verzeichnen sind.

Aber nicht nur weltweit ist die Schere zwischen Arm und Reich ein zunehmendes Problem, auch in Österreich oder Deutschland besitzen die obersten 10% der Bevölkerung rund zwei Drittel des Vermögens, das reichste Prozent alleine ca. ein Drittel, während auf die ärmsten 50% nicht einmal 3% des Nettovermögens fallen.

Ein objektives Gesetz, wonach der Großteil des volkswirtschaftlichen Reichtums immer einer Minderheit von Menschen zukommen muss, ist mir nicht bekannt, wohl aber ein Steuersystem und problematische Strukturen, welche dafür Sorge tragen und von Regierungen demokratischer Staaten installiert und hochgehalten werden

Dieses Steuersystem muss dringend verändert werden, und zwar nicht nur weil es ungerecht verteilt, sondern auch um den Bestand der Demokratie zu gewährleisten. Die Transformational Economics Commission der Earth4All-Initiative kommt zu dem Schluss, dass die eklatante Vermögens- und Einkommensungleichheit zu sozialen Spannungen und Unruhen führen wird und die Demokratie destabilisiert.

Dies haben nun auch 30 weltweit führende Ökonomen und Wirtschaftswissenschaftler aus 16 Ländern erkannt und anlässlich des derzeit stattfindenden Weltwirtschaftsforums in Davos an die dort anwesenden Staats- und Regierungschefs einen Offenen Brief verfasst, in welchem sie vor sozialen Spannungen und Demokratieverlust warnen, wenn die Regierungen nicht endlich dafür Sorge tragen, dass dieser Umverteilung von unten nach oben, von der Masse der Menschen hin zu wenigen Vermögenden, Einhalt geboten wird.

Aber auch die Millionäre selbst haben einen Offenen Brief an die Verantwortlichen in Davos geschrieben. Die „Patriotic Millionaires“ sowie die Initiative von Vermögenden „Tax me now“, in welcher auch die österreichische Millionenerbin Marlene Engelhorn aktiv ist, fordern darin eine sofortige Besteuerung der Reichen. Der Brief schließt mit der wohl rhetorisch gemeinten Frage, was oder wer die Regierenden daran hindere.

Wie einfältig, wie zukunftsvergessen müssen Regierende sein, deren Bürger von einer Krise nach der anderen gebeutelt werden und denen das soziale Fundament der Gesellschaft - eine notwendige Bedingung jeden demokratischen Staates zusammenzubrechen droht -, diesem Begehren nicht nachzukommen!

Jänner 2023