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EU-Erklärung von Rom, 25.3.2017 Drucken E-Mail

Erklärung der führenden Vertreter von 27 Mitgliedstaaten und des Europäischen Rates, des Europäischen Parlaments and der Europäischen Kommission

Erklärung von Rom (25. März 2017)

Wir, die führenden Vertreter von 27 Mitgliedstaaten und der EU-Organe, sind stolz auf die Errungenschaften der Europäischen Union: Der Aufbau der europäischen Einheit ist ein kühnes, auf lange Sicht angelegtes Unterfangen. Vor sechzig Jahren haben wir nach der Tragödie zweier Weltkriege beschlossen, uns zusammenzuschließen und unseren Kontinent aus seinen Trümmern neu aufzubauen. Wir haben eine einzigartige Union mit gemeinsamen Institutionen und starken Werten aufgebaut, eine Gemeinschaft des Friedens, der Freiheit, der Demokratie, der Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit, eine bedeutende Wirtschaftsmacht mit einem beispiellosen Niveau von Sozialschutz und Wohlfahrt.

Die europäische Einheit hat als Traum einiger weniger begonnen und ist zur Hoffnung vieler geworden. Dann wurde Europa wieder eins. Heute sind wir vereint und stärker: Hunderten von Millionen Menschen in ganz Europa kommt es zugute, dass sie in einer erweiterten Union leben, welche die alten Trennlinien überwunden hat.

Die EU steht vor nie dagewesenen Herausforderungen auf globaler und nationaler Ebene: regionalen Konflikten, Terrorismus, wachsendem Migrationsdruck, Protektionismus sowie sozialen und wirtschaftlichen Ungleichheiten. Gemeinsam sind wir entschlossen, die Herausforderungen einer sich rasch wandelnden Welt anzugehen und unseren Bürgerinnen und Bürgern Sicherheit und neue Chancen zu bieten.

Wir werden die Europäische Union durch noch mehr Einheit und Solidarität untereinander und die Achtung gemeinsamer Regeln stärker und widerstandsfähiger machen. Einheit ist zugleich eine Notwendigkeit und unsere freie Entscheidung. Einzeln würden wir durch die globale Dynamik an den Rand gedrängt. Zusammenhalt gibt uns die beste Chance, auf diese Dynamik Einfluss zu nehmen und unsere gemeinsamen Interessen und Werte zu verteidigen. Wir werden gemeinsam – wenn nötig mit unterschiedlicher Gangart und Intensität – handeln, während wir uns in dieselbe Richtung bewegen, so wie wir es schon in der Vergangenheit getan haben; dies wird im Einklang mit den Verträgen geschehen und die Tür wird allen offen stehen, die sich später anschließen möchten. Unsere Union ist ungeteilt und unteilbar.

In den kommenden zehn Jahren wollen wir eine sichere und geschützte, wohlhabende, wettbewerbsfähige, nachhaltige und sozial verantwortungsvolle Union, die willens und in der Lage ist, eine entscheidende Rolle in der Welt zu spielen und die Globalisierung zu gestalten. Wir wollen eine Union, in der die Bürgerinnen und Bürger neue Möglichkeiten zu kultureller und gesellschaftlicher Entfaltung und wirtschaftlichem Wachstum haben. Wir wollen eine Union, die offen bleibt für diejenigen europäischen Länder, die unsere Werte achten und sich für ihre Förderung einsetzen.

In diesen Zeiten des Wandels und im Bewusstsein der Anliegen unserer Bürgerinnen und Bürger bekennen wir uns zur Agenda von Rom und wollen uns für Folgendes einsetzen:

1. ein sicheres und geschütztes Europa: eine Union, in der sich alle Bürgerinnen und Bürger sicher fühlen und frei bewegen können, in der unsere Außengrenzen gesichert sind und eine wirksame, verantwortliche und nachhaltige Migrationspolitik, bei der internationale Normen geachtet werden, zum Tragen kommt; ein Europa, das entschlossen ist, Terrorismus und organisierte Kriminalität zu bekämpfen;

2. ein wohlhabendes und nachhaltiges Europa: eine Union, die Wachstum generiert und Arbeitsplätze schafft, eine Union, in der ein starker, verbundener und sich weiterentwickelnder Binnenmarkt, der den technologischen Wandel aufgreift, und eine stabile und weiter gestärkte einheitliche Währung Wege für Wachstum, Zusammenhalt, Wettbewerbsfähigkeit, Innovation und Austausch insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen eröffnen; eine Union, die durch Investitionen, Strukturreformen und Arbeit an der Vollendung der Wirtschafts- und Währungsunion anhaltendes und nachhaltiges Wachstum fördert; eine Union, in der die Volkswirtschaften sich annähern; eine Union, in der Energie sicher und erschwinglich und die Umwelt sauber und sicher ist;

3. ein soziales Europa: eine Union, die auf der Grundlage nachhaltigen Wachstums den wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt sowie Zusammenhalt und Annäherung fördert und dabei zugleich die Integrität des Binnenmarktes wahrt; eine Union, die der Unterschiedlichkeit der nationalen Systeme und der Schlüsselrolle der Sozialpartner Rechnung trägt; eine Union, die die Gleichberechtigung von Frauen und Männern sowie die Rechte und die Chancengleichheit aller fördert; eine Union, die Arbeitslosigkeit, Diskriminierung, soziale Ausgrenzung und Armut bekämpft; eine Union, in der junge Menschen die beste Bildung und Ausbildung erhalten und auf dem gesamten Kontinent studieren und Arbeit finden können; eine Union, die unser kulturelles Erbe bewahrt und kulturelle Vielfalt fördert;

4. ein stärkeres Europa in der Welt: eine Union, die bestehende Partnerschaften weiterentwickelt, neue Partnerschaften aufbaut und Stabilität und Wohlstand in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft im Osten und Süden, aber auch im Nahen Osten, in ganz Afrika und weltweit fördert; eine Union, die bereit ist, mehr Verantwortung zu übernehmen und dazu beizutragen, eine stärker wettbewerbsfähige und integrierte Verteidigungsindustrie zu schaffen; eine Union, die sich zur Stärkung ihrer gemeinsamen Sicherheit und Verteidigung bekennt, auch in Zusammenarbeit und Komplementarität mit der Nordatlantikvertrags-Organisation, und dabei den nationalen Gegebenheiten und rechtlichen Verpflichtungen Rechnung trägt; eine Union, die sich in den Vereinten Nationen engagiert und für ein auf Regeln gestütztes multilaterales System steht, die stolz auf ihre Werte ist, die ihren Bürgerinnen und Bürgern Schutz bietet und die den freien und fairen Handel und eine positive weltweite Klimapolitik fördert.

Wir werden diese Ziele in der unerschütterlichen Überzeugung verfolgen, dass Europas Zukunft in unseren Händen liegt und dass die Europäische Union das beste Mittel ist, um unsere Ziele zu erreichen. Wir versprechen, unseren Bürgerinnen und Bürgern zuzuhören, wenn sie ihre Anliegen zum Ausdruck bringen, und auf diese Anliegen einzugehen, und wir werden mit unseren nationalen Parlamenten zusammenarbeiten. Wir werden auf der Ebene zusammenarbeiten, auf der wirklich etwas bewirkt werden kann, sei es auf der Ebene der Europäischen Union, der Mitgliedstaaten, der Regionen oder der Gemeinde; dies wird im Geiste der vertrauensvollen und loyalen Kooperation sowohl zwischen Mitgliedstaaten als auch zwischen den Mitgliedstaaten und den Institutionen der EU im Einklang mit dem Subsidiaritätsprinzip geschehen. Wir werden auf den verschiedenen Ebenen den Spielraum vorsehen, der erforderlich ist, damit Europas Innovations- und Wachstumspotenzial gestärkt wird. Wir möchten, dass sich die Union in großen Fragen groß und in kleinen Fragen klein zeigt. Wir werden einen demokratischen, effizienten und transparenteren Beschlussfassungsprozess und bessere Ergebnisse fördern.

 

Wir, die wir im Europäischen Rat und zwischen unseren Institutionen zusammenarbeiten, werden dafür sorgen, dass die Agenda von heute umgesetzt wird, damit sie zur Realität von morgen
wird. Wir sind zu unserem Glück vereint. Europa ist unsere gemeinsame Zukunft.


 
CETA -Zusatztext Drucken E-Mail

Brussels, October 5th 2016

FINAL DRAFT

Joint Interpretative Declaration on

the Comprehensive Economic and Trade Agreement (CETA)

between Canada and the European Union and its Member States

 


The European Union and its Member States and Canada make the following Joint Interpretative Declaration at the time of signature of the Comprehensive Economic and Trade Agreement (CETA).

CETA embodies the shared commitment of Canada and the European Union and its Member States to free and fair trade in a vibrant and forward-looking society. It is a modern and progressive trade agreement which will help boost trade and economic activity, while also promoting and protecting our shared values and perspectives on the role of government in society.

CETA creates new opportunities for trade and investment for Europeans and Canadians, its outcome reflects the strength and depth of the EU-Canada relationship, as well as the fundamental values that we cherish. In particular, we wish to recall:

that integration with the world economy is a source of prosperity for our citizens;

our strong commitment to free and fair trade, whose benefits must accrue to the broadest sections of our societies;

that the principal purpose of trade is to increase the well-being of citizens, by supporting jobs and creating sustainable economic growth;

that Canada and the European Union and its Member States recognise the importance of the right to regulate in the public interest and have  reflected it in the Agreement;

that economic activity must take place within a framework of clear and transparent regulation defined by public authorities.

The European Union and its Member States and Canada will therefore continue to have the ability to achieve the legitimate public policy objectives that their democratic institutions set, such as public health, social services, public education, safety, environment, public morals, and the promotion and protection of cultural diversity. CETA will also not lower our respective standards and regulations related to food safety, product safety, consumer protection, health, environment or labour protection. Imported goods, service suppliers and investors must continue to respect domestic requirements, including rules and regulations.

This interpretative declaration aims to provide a clear and unambiguous statement of what Canada and the European Union and its Member States agreed in a number of CETA provisions that have been the object of public debate and concerns. This includes, in particular, the impact of CETA on the ability of governments to regulate in the public interest, as well as the provisions on investment protection and dispute resolution, and on sustainable development, labour rights and environmental protection.

Right to regulate

CETA preserves the ability of the European Union and its Member States and Canada to adopt and apply their own laws and regulations that regulate economic activity in the public interest, to achieve legitimate public policy objectives such as the protection and promotion of public health, social services, public education, safety, the environment, public morals, social or consumer protection and the promotion and protection of cultural diversity.

Regulatory cooperation

CETA provides Canada and the European Union and its Member States with a platform to facilitate cooperation between their regulatory authorities, with the objective of achieving better quality of regulation and more efficient use of administrative resources. This cooperation will be voluntary: regulatory authorities can cooperate on a voluntary basis but do not have an obligation to do so, or to apply the outcome of their cooperation.

Public Services

The European Union and its Member States and Canada affirm and recognise the right of governments, at all levels, to provide and support the provision of public services including in areas such as public health and education, social services and housing and the collection, purification and distribution of water.

CETA does not prevent governments from regulating the provision of these services in the public interest. CETA will not require governments to privatise any service nor prevent governments from expanding the range of services they supply to the public.

CETA will not prevent governments from providing public services previously supplied by private service suppliers or from bringing back under public control services that governments had chosen to privatise. CETA does not mean that contracting a public service to private providers makes it irreversibly part of the commercial sector.

Investment Protection

CETA includes modern rules on investment that preserve the right of governments to regulate in the public interest including when such regulations affect a foreign investment, while ensuring a high level of protection for investments and providing for fair and transparent dispute resolution. CETA will not result in foreign investors being treated more favourably than domestic investors.

CETA clarifies that governments may change their laws, regardless of whether this may negatively affect an investment or investor's expectations of profits.   Furthermore, CETA clarifies that any compensation due to an investor will be based on an objective determination by the Tribunal and will not be greater than the loss suffered by the investor.

CETA includes clearly defined investment protection standards, including on fair and equitable treatment and expropriation and provides clear guidance to dispute resolution Tribunals on how these standards should be applied.

CETA requires a real economic link with the economies of Canada or the European Union in order for a firm to benefit from the agreement and prevents “shell” or “mail box” companies established in Canada or the European Union by investors of other countries from bringing claims against Canada or the European Union and its Member States. The European Union and Canada are committed to review regularly the content of the obligation to provide fair and equitable treatment, to ensure that it reflects their intentions (including as stated in this Declaration) and that it will not be interpreted in a broader manner than they intended.

In order to ensure that Tribunals in all circumstances respect the intent of the Parties as set out in the Agreement, CETA includes provisions that allow Parties to issue binding notes of interpretation. Canada and the European Union and its Member States are committed to using these provisions to avoid and correct any misinterpretation of CETA by Tribunals.

CETA moves decisively away from the traditional approach of investment dispute resolution and establishes an independent, impartial and permanent investment tribunal.  The members of the Tribunal will be individuals qualified for judicial office in their respective countries, and these will be appointed by the European Union and Canada for a fixed term.  Cases will be heard by three randomly selected members of the Tribunal. Strict ethical rules for these individuals have been set to ensure their independence and impartiality, the absence of conflict of interest, bias or appearance of bias.

CETA is the first agreement to include an Appeal mechanism which will allow the correction of errors and ensure the consistency of the decisions of the Tribunal of first instance.

Canada and the European Union and its Member States are committed to monitoring the operation of all these investment rules, to addressing in a timely manner any shortcomings that may emerge and to exploring ways in which to continually improve their operation over time.

Therefore, CETA represents an important and radical change in investment rules and dispute resolution that will offer a progressive path forward for future agreements around the world. It lays the basis for a multilateral effort to develop further this new approach to investment dispute resolution into a Multilateral Investment Court.

Trade and Sustainable Development

CETA reconfirms the longstanding commitment of Canada and the European Union and its Member States to sustainable development and is designed to foster the contribution of trade to this objective.

Accordingly, CETA includes comprehensive and binding commitments for the protection of workers' rights and the environment. The European Union and its Member States and Canada attach the highest priority to ensuring CETA delivers tangible outcomes in these areas, thereby maximising the benefits the agreement will bring for workers and for the environment.

Labour Protection

CETA commits Canada and the European Union and its Member States to improving their laws and policies with the goal of providing high levels of labour protection. CETA provides that they cannot relax their labour laws in order to encourage trade or attract investment. CETA does not change the rights of workers to negotiate, conclude and enforce collective agreements and to take collective action.

CETA commits the European Union and its Member States and Canada to the ratification and effective implementation of the fundamental Conventions of the International Labour Organisation (ILO). Canada has ratified seven of the fundamental Conventions and has launched the process to ratify the remaining Convention (Right to Organise and Collective Bargaining Convention, 1949 (C98)).

CETA also creates a framework for Canada and the European Union and its Member States to cooperate on trade-related labour issues of common interest, including through involvement of the ILO and a sustained dialogue with civil society, to ensure that CETA encourages trade in a way that benefits workers and in a manner supportive of labour protection measures.

Environmental Protection

CETA commits the European Union and its Member States and Canada to provide for and encourage high levels of environmental protection, as well as to strive to continue to improve such laws and policies and their underlying levels of protection.

CETA explicitly recognises the right of Canada and of the European Union and its Member States, to set their own environmental priorities, to establish their own levels of environmental protection and to adopt or modify their relevant laws and policies accordingly, mindful of their international obligations, including those set by multilateral environmental agreements. At the same time in CETA the European Union and its Member States and Canada have agreed not to lower levels of environmental protection in order to encourage trade or investment.

CETA includes commitments towards the sustainable management of forests, fisheries and aquaculture. It also includes commitments to cooperate on trade-related environmental issues of common interest such as climate change where the implementation of the Paris Agreement will be an important shared responsibility for the European Union and its Member States and Canada.

Review and Stakeholder Consultation

Commitments related to trade and sustainable development, trade and labour and trade and environment are subject to dedicated and binding assessment and review mechanisms. Canada and the European Union and its Member States are fully committed to make effective use of these mechanisms throughout the life of the agreement. Furthermore, they are committed to initiating an early review of these provisions, including with a view to the effective enforceability of CETA provisions on trade and labour and trade and the environment.

Stakeholders, including employers, unions, labour and business organisations and environmental groups, have a key role to play in supporting the effective implementation of CETA. The European Union and its Member States and Canada are committed to seeking regularly the advice of stakeholders to assess the implementation of CETA. They support their active involvement, including through the establishment of a CETA Civil Society Forum.

Water

CETA will not oblige Canada or the European Union and its Member States to permit the commercial use of water if they do not wish to do so. CETA fully preserves their ability to decide how to use and protect water sources. Furthermore, CETA will not prevent the reversal of a decision to allow the commercial use of water.

Government Procurement

CETA maintains the ability of procuring entities within the European Union and its Member States and Canada, to use environmental, social and labour-related criteria, such as the obligation to comply with and adhere to collective agreements, in procurement tenders. Canada and the European Union and its Member States will be able to use such criteria in their procurement in a way that is not discriminatory and does not constitute an unnecessary obstacle to international trade. They will be able to continue to do so under CETA.

Preferences for Canada’s Aboriginal Peoples

 

In CETA Canada has included exceptions and carve-outs to ensure its ability to adopt measures that preserve rights and preferences for Aboriginal peoples. Canada is committed to active engagement with Indigenous partners to ensure the ongoing implementation of CETA continues to reflect their interests.

 
Egon W. Kreutzer: Wenn Denken schwer fällt, Teil 4 Drucken E-Mail

Nochmals vielen Dank an den Autor für das Veröffentlichungsrecht dieser ausgezeichneten Artikelserie.

Gerhard Kohlmaier, Steuerinitiative

www.ewkshop.de

www.egon-w-kreutzer.de

 

Egon W. Kreutzer, Paukenschlag am Bloomsday, 16. Juni 2016

Wenn Denken schwer fällt Teil IV

James Joyce hat dem 16. Juni ein literarisches Denkmal gesetzt, das wiederum dem 16. Juni zum Status des Gedenktages verholfen hat. Es ist „Bloomsday“.

Auch heute werden sie in Dublin wieder zu den Schauplätzen jenes Romans pilgern, der nach meiner Einschätzung vor allem deshalb so berühmt geworden ist, weil Joyce damit einen Gipfel der Unlesbarkeit – und damit ein unlösbares Interpretationsrätsel - in die Welt gesetzt hat, das allenfalls noch von „Zettels Traum“, wenn auch in gänzlich anderer Machart, übertroffen wird.

In Ulysses, diesem Irrgarten der „Multiplen Schizophrenie“, angelegt in den Straßen Dublins von 1904, kann man die Blaupause unserer mediengelenkten Fakten-, Meinungs- und Erlebnissphäre erkennen, den schieren widerstreitenden Informationsüberfluss, in welchem argumentative Straßen- und Wegenetze nur in Form sich ständig wandelnder Labyrinthe auftauchen und Fakten einmal nackt und kahl aufragen, wie die Drei Zinnen in den Dolomiten, um schon am nächsten Tag, von undurchdringlichem Urwald verborgen, über Jahrhunderte auf die Wiederentdeckung zu warten, wie versunkene Städte im kambodschanischen Dschungel.

Es ist die Nähe, es ist die Unmittelbarkeit der Wahrnehmung, die mit der Schnelligkeit und allgegenwärtigen Präsenz der elektronischen Medien über uns hereinbricht und in Verbindung mit der Sorge, irgendetwas Wichtiges verpassen zu können, alle Aufmerksamkeit auf sich zieht, die Ressourcen des Gehirns vollständig für sich reklamiert, und dem Denken keinen Raum mehr übrig lässt.

Das Ergebnis ist die Gefangenheit in einer endlosen Gegenwart von kaum mehr als vierundzwanzig Stunden, die unermüdlich den Ozean des Vergessenen aus allem speist, was sie gerade eben noch ohne Plan und Ziel im Sekundentakt aus der Zukunft herausgefräst hat.

Der 16. Juni des James Joyce ist rückblickend zu einem gemütlichen Ort geworden. Ganz ohne SMS, Facebook und Twitter, ohne Apps für alles, ohne Computerhandel an den Börsen, ohne Fernsehen, ohne Glasfaserkabel, ohne Satelliten, ohne Interkontinentalraketen, ohne EZB, ohne Kampfdrohnen.

Lehnen Sie sich einen Augenblick entspannt zurück, machen Sie den Kopf ganz frei. Worauf kommt es wirklich an?

Auf das Sein, oder auf das Haben?

Neunundneunzig Prozent, um dieses geflügelte Wort aufzugreifen, haben sich für das Sein entschieden, für ein möglichst gutes, angenehmes Leben in den Tag hinein. Nur ein Prozent strebt gierig und mit aller Energie nach dem Haben – und ist so erfolgreich dabei, dass den 99 Prozent die Grundlage für ihr Sein mehr und mehr entzogen wird.

Im vorangegangenen dritten Teil erlebten wir einen geistigen Sturzflug, mit dem wir uns ganz nahe an die Ursache der Vermögensvermehrung von Marc Zuckerberg heranzoomten. Die wesentliche Erkenntnis bestand jedoch darin, dass die USA Kriege führen müssen, um ihren finanziellen Untergang soweit irgend möglich hinauszuschieben, weil der Finanzsektor ohne einen weiteren (exponentiellen) Anstieg der welt- weiten Neuverschuldung keine Liquidität für die Realwirtschaft mehr zur Verfügung stellen kann.

Die Situation der EU stellt sich kaum anders dar. Der Versuch, mit der Aufnahme neuer Mitglieder, insbesondere der Osterweiterung, neue Aufschuldungsgebiete zu erschließen, war eher nur ein Tropfen auf einen heißen Stein, zumal die Europäer gezwungen waren, über die sogenannte Finanzkrise große Teile der Verschuldung der US-Bürger auf sich zu nehmen, was die eigene Bonität stärker beschädigt hat, als es die offiziellen Ratings erkennen lassen.

Rekapitulieren wir noch einmal kurz:

Um Handel und Wandel in der Realwirtschaft gewährleisten zu können, ist eine gewisse Mindestmenge an Liquidität unverzichtbar. Die Bereitstellung dieser Liquidität wird jedoch laufend teurer, weil die Hortung von Gewinnen und Zinserträgen, also das Vermögenswachstum, eine stetig wachsende Neuverschuldung erzwingt. Dies ist die eigentliche Ursache des so genannten Wachstumszwanges mit all seinen uner- wünschten Folgen. Da das realwirtschaftliche Wachstum jedoch mit dem exponentiellen Wachstum der Forderungen des Finanzsektors an die Realwirtschaft nicht Schritt halten kann, kommt der Prozess zwangsläufig an einen Punkt, an dem die Liquidität schneller aus der Sphäre der Realwirtschaft abgezogen wird als sie durch Neuverschuldung wieder aufgefüllt werden kann.

Die Arzneimittel „Exportüberschuss“ (sollen sich doch die anderen verschulden!), Ausweitung der Grenzen von Wirtschaftsräumen“ (EU-Erweiterung, CETA, TTIP, etc.) und krie- gerischer Erwerb von Land, Bodenschätzen und Neuschuldnern (Irak, Libyen, Ukraine, Syrien, usw.) sind keineswegs dauerhaft anwendbar.

Wir verfügen nur über unseren einen Planeten, dessen Endlichkeit sowohl Exportüberschüsse, als auch friedliche und kriegerische Erweiterungsbestrebungen auf das begrenzt, was vorhanden ist.

Geld ist anders. Geld ist heutzutage kein materieller Wert mehr und stellt kein reales „Haben“ dar. Geld ist ein rein gedankliches Konstrukt, das immer nur das Recht repräsentiert, von einem Schuldner einen Gegenwert fordern zu dürfen. Daher kann Geldvermögen mühelos in vollkommen absurde Höhen wachsen. Insbesondere dann, wenn eine Abschöpfung durch Steuern auf das Vermögen nicht stattfindet.

Was also bewegt jenes eine Prozent der Superreichen, ihre Geldvermögen auf Kosten der 99 Prozent bis ins Unendliche aufzublasen? Sie können davon ja doch nur kaufen, was aus dem endlichen Planeten herauszuholen ist, oder?

Sind sie nicht in der gleichen unsinnigen Position wie der Präsident der USA, der Krieg führt, ohne persönlich einen Nutzen davon zu haben?

Was hilft es, 9 Nullen vor dem Komma vorzufinden, wenn es sich nur um Geld handelt, nicht um real greifbare Dinge?

Denken fällt nun eigentlich kaum noch schwer. Es gibt nur noch eine allerletzte Hürde, die genommen werden muss, um zu verstehen, was da abläuft.

Diese Hürde ist aufgebaut wie der Oxer beim Springreiten. Erst kommt die erste Stange, und die kann bis zu 1,60 m hoch liegen. Dann kommen zwei Meter blankes Nichts und danach die zweite Stange, mindestens so hoch wie die erste.

Die erste Stange bei unserem Oxer liegt zwar hoch, ist aber noch relativ leicht zu nehmen. Wer sie überwinden will, muss die Erkenntnis gewonnen haben, dass alles Geld dieser Welt, egal in welcher Form es vorliegt, insgesamt maximal so viel wert ist, wie das, was sich gegenwärtig dafür kaufen lässt.

Hier handelt es sich um das wahre Wesen von Inflation und Deflation in einer ganz und gar gegenwartsbezogenen Betrachtung. Dass diese gegenwartsbezogene Betrachtung realistischer ist als die übliche Betrachtungsweise, die auf die Zu- kunft zielt, ist schnell erläutert:

Stellen Sie sich dazu vor, Sie leben in einer kleinen Gemeinde, Ihrer Heimatstadt, die Sie keinesfalls verlassen wollen. Sie haben 250.000 Euro angespart und wollen dieses Geld ver- wenden, um davon ein hübsches Haus aus dem Bestand zu kaufen. Selber bauen wollen Sie nicht, wegen der vielen Aufregungen und Kostensteigerungen, die das mit sich bringt, und ein Haus von der Stange, vom Bauträger schlüsselfertig, das wollen Sie auch nicht, und außerdem wird in Ihrer Gemeinde gerade überhaupt kein Haus angeboten.

Ihre sehr konkrete Absicht, ein Haus zu kaufen, macht Ihr Erspartes gegenwärtig vollkommen wertlos. Sie haben keine andere Verwendung dafür, denn was Sie sonst so brauchen, haben Sie schon alles und Verbrauchsgüter, vom Kasten alkoholfreien Bieres über die beiden jährlichen Fernreisen bis zum alle zwei Jahre fälligen Neuwagen bezahlen Sie locker aus Ihrem laufenden Einkommen. Zudem können Sie Ihr Erspartes im Grunde nicht anders einsetzen, weil es Ihnen sonst fehlen würde, sollte ein passendes Haus günstig angeboten werden.

Was also ist Ihr ganzes Geld in diesem Augenblick wert?

Verweigern Sie sich nicht der Erkenntnis, dass es nichts wert ist, solange niemand ein Haus verkaufen will. Es hilft Ihnen nur, daran zu glauben, sich irgendwann Ihr Traumhaus kaufen zu können.

Es kann sein, dass Sie sterben, bevor der Traum vom eigenen Haus erfüllt ist. Sind Sie unglücklicherweise alleinstehend und kinderlos und alle infrage kommenden Nacherben ebenfalls schon unter der Erde, dann holt sich der Staat Ihre 250.000 und tilgt damit Schulden. Damit ist das Geld endgültig wieder aus der Welt.

Es kann auch sein, dass fantasievolle Banker im Verein mit fantasievollen Immobilienmaklern ausgerechnet Ihre Heimatgemeinde zu einer Nobelgegend umgestalten wollen. Das heißt, die Preise für gute Häuser aus dem Bestand schnellen in die Höhe. Ihre 250.000 reichen nicht mehr. Statt Ihren Lebensabend im schuldenfreien Eigenheim – mietfrei - gestalten zu können, müssten Sie einen Kredit über weitere 150.000 aufnehmen und dann monatlich mindestens 1.000 Euro an die Bank überweisen.

Wie man es dreht und wendet, die Zukunft kommt nicht so, wie man sie sich erträumt. Natürlich könnten Sie sich jetzt umentscheiden und statt eines Hauses Aktien erwerben.

Mit viel Glück sind Ihre Aktien dann in 10 Jahren doppelt so viel wert wie zum Zeitpunkt des Kaufes. Genausogut kann es aber auch sein, dass die Papiere dann nur noch die Hälfte, oder, schlimmstenfalls, gar nichts mehr wert sind. Dennoch haben Sie auch mit den Aktien nichts in der Hand, was Ihnen irgendeinen Nutzen bringt. Selbst die Dividende können Sie in Ihrer Situation ja auch nur wieder irgendwie anlegen.

Nun machen Sie bitte den gedanklichen Sprung von Ihren 250.000 ersparten Euro hin zu jenen Milliarden, die einige Menschen tatsächlich in Form von Geld und Geldanlagen besitzen. Ja, wenn das Vermögen geschickt gemanagt wird, vermehrt es sich sogar, doch auch das vermehrte Vermögen ist von keinerlei Wert, solange sich davon nicht etwas Reales und Werbeständiges erwerben lässt.

Damit kommt die zweite Stange am Oxer, zwei Meter hinter der ersten und womöglich noch etwas höher als die erste ins Blickfeld.

Ihre Bedeutung löst das Rätsel. Wer diese Hürde nimmt, ist in der Lage, die Eigentümer von Sachwerten zum Verkauf gegen wertloses Geld zu zwingen.

Wie geht das?

Ganz einfach. Dem Geldvermögen stehen in gleicher Höhe Schulden gegenüber. Wenn es gelingt, das umlaufende Geld in ruhendes Geldvermögen zu verwandeln und dies in weni- gen Händen zu konzentrieren, steht den Schuldnern insgesamt zu wenig Liquidität zur Verfügung, um ihre Kredite zu bedienen. Also sind sie gezwungen, nach und nach die ver- bliebenen Sachwerte zu verkaufen. Ansonsten bedienen sich die Gläubiger des Rechts, die Sicherheiten zu verwerten und unterwerfen das Eigentum der Schuldner der Zwangsverstei- gerung.

Was aber soll ein Milliardär mit 4.000 Eigenheimen anfangen? Die kauft ihm doch niemand wieder ab, wenn die Liquidität knapp ist!

Es geht nicht um die Eigenheime. Es geht in erster Linie um Grund und Boden. Es geht vor allem um die großen, im Staatsbesitz befindlichen Liegenschaften und Infrastruktur- Einrichtungen. Die müssen „privatisiert“ werden.

Bis vor kurzem war das vollkommen unmöglich, denn ein Staat konnte nicht wirklich in die Pleite rutschen, nicht wirklich zahlungsunfähig werden. Es war zwar möglich, dass private Kreditgeber einem Staat weiteren Kredit verweigern, was dem Staat aber ziemlich gleichgültig sein konnte, denn jeder Staat ist grundsätzlich in der Lage zu erklären, dass er nicht beabsichtigt, seine Schulden vollständig zurückzuzahlen, und jeder Staat ist grundsätzlich in der Lage sein eigenes Geld zu drucken. Selbst wenn in der Folge die Währung an den Devisenmärkten in den Keller rauscht – die Binnenwirtschaft kann so am Leben gehalten werden.

Doch wenn die Regierung eines Staates entweder zu wenig Ahnung hat, von Geld und Wirtschaft, oder nicht frei entscheiden kann, weil immer noch Besatzungsrecht gilt, dann kann ein Staat schon auch einmal wirtschaftliches Harakiri begehen, die eigene Währung aufgeben, sich den Regeln einer Fremdwährung aussetzen (der Euro ist für jeden Euro - Staat eine Fremdwährung!), sich eine Schuldengrenze ins Grundgesetz schreiben und sich selbst verpflichten, alles, was noch an Vermögen da ist, zu verscherbeln und damit die eigene Bevölkerung genau in das hineinzutreiben, was die Nazis seinerzeit „Schuldknechtschaft“ nannten, während Elizabeth „Lizzie“ Magie, die wahre Erfinderin von „The Landlords Game“, heute als „Monopoly“ bekannt, den auf die Veräußerung der Vermögenswerte zwangsläufig folgenden Bankrott zum Ziel des Spiels erklärte, bei welchem derjenige Sieger ist, dem am Ende alles gehört.

Auch die wirtschaftlich starke Bundesrepublik Deutschland verspielt weiter einen Sachwert nach dem anderen ohne damit jemals in die Lage zu gelangen, die bisher aufgelaufenen Staatsschulden zu tilgen. Es ist schlicht nicht genug Geld dafür da!

Noch einmal ganz kurz mitdenken, auch wenn es schwer fällt:

Das Geldvermögen der einen ist nichts anderes als die Verschuldung der anderen. Nur wenn alle Gläubiger sich von ihrem gesamten Geldvermögen trennen würden, wären die Schuldner in der Lage, alle Schulden zu tilgen! Wie aber will man sie dazu bewegen? In einer Zeit, in der alles unternommen wird, um per Rettungsschirm die Befriedigung der Gläubiger durch Umverteilung der Schuldenlast sicherzustellen, ist man von der Idee der Enteignung oder eines Moratoriums weiter entfernt als die Erde vom Andromeda Nebel!

Die Gläubiger werden geschont und gehätschelt. Wo immer ein Kreditausfall droht, erklärt sich die von Deutschland dominierte EU bereit, die Gläubiger zu retten, indem die Schuldner Kredite aus „Rettungsfonds“ erhalten, mit denen sie die Forderungen der Gläubiger erfüllen können.

Den Banken, die offensichtlich immer noch in großen Mengen notleidende Staatsanleihen halten, wird von der EZB großzügig angeboten, die von ihnen gehaltenen Schuldscheine in Bargeld umzuwandeln. 80 Milliarden macht die EZB Monat für Monat locker, um Schrottpapiere von Staaten und Unternehmen in Bargeld umzuwandeln – und gleichzeitig arbeiten IWF, EZB und EU-Kommission daran, die Staaten und ihre Bevölkerung durch Zwangsmaßnahmen, Haushaltskürzungen und Steuererhöhungen immer ärmer zu machen. Griechenland geht auf diesem Wege nur voran. Alle anderen Euro- Staaten werden folgen, so lange diese Politik nicht geändert wird.

Monopoly? Ja. Monopoly mit gezinkten Karten. Die Bank ist nicht neutral. Die Bank spielt für sich selbst und trickst alle Mitspieler ganz offen und schamlos aus. (Darauf komme ich gleich noch zurück.)

Fakt ist doch: Der Finanzsektor überschüttet sich selbst mit gigantischen Mengen an Liquidität, treibt die positiven Salden auf den Konten in niemals zuvor erreichte Höhen – und führt damit eine im Gleichschritt wachsende, durch Zinsforderungen noch zusätzlich beschleunigte Verschuldung herbei.

Das wäre ihm nicht möglich, würden die Schuldner nicht mitspielen, doch sie spielen mit. Warum? Weil sie blöde sind? Weil sie in einer Traumwelt leben?

Nein. Sie spielen mit, weil sie gar nicht selbst mitspielen, sondern nur als unsere Vertreter, unsere Vormunde am Spieltisch sitzen, weil sie nur für uns verbindlich unterschreiben, aber selbst nichts, aber auch gar nichts verantworten. Sie haben sich ja in allen Regelwerken, nach denen sie ihre Mitarbeit im Kasino ausrichten, selbst von jeglicher strafrechtlichen Verfolgung, ja gar von jeglichem Einblick in ihre Unterlagen freigestellt. Ein Blick in die Statuten des ESM spricht doch Bände. Daraus ergibt sich, dass nur die Finanzminister im Gouverneursrat entscheiden. Die nationalen Parlamente haben keine Mitsprachemöglichkeit, doch die Haftung der Nationalstaaten ist unbegrenzt, da der Gouverneursrat das haftende Grundkapital beliebig erhöhen kann. Und damit diejenigen, die solche kühnen Entscheidungen über die Parlamente und die Staatsvölker hinweg treffen dürfen, auch nicht den Hauch einer Verantwortung zu tragen haben, genießen die Vertreter des ESM absolute strafrechtliche Immunität, wenn sie in Sachen ESM handeln. Jedenfalls so lange, wie nicht eine Revolution stattfindet, die solche unglaublichen Immunitäts- versicherungen in Grund und Boden stampft.

Verträge zu Lasten Dritter sind rechtlich nicht möglich. Es sei denn, ein Vertragsteil ist Politiker. Politiker können vollkommen unbegrenzt Verträge abschließen, die nicht sie selbst,  sondern die Staatsbürger zu Leistungen verpflichten, ohne dass diese dazu je gefragt wurden.

Würde der Nachbar Müller mit seiner Bank einen Kreditvertrag abschließen und Müller und die Bank würden sich in diesem Vertrag darauf einigen, dass Sie, der Nachbar von Herrn Müller, auf Ihr Haus zur Absicherung von Müllers Kredit eine Hypothek eintragen lassen müssen, dann würde sogar der letzte Winkeladvokat Ihren Prozess gegen die große Bank und den Nachbarn Müller erfolgreich gewinnen, weil solche Verträge in unserem Rechtssystem nicht vorgesehen sind und die Ihnen auferlegte Verpflichtung von Anfang an vollständig nichtig ist.

Politiker beschließen Banken-, Euro- und Staatsrettungen am laufenden Band. Sie nehmen ohne Not und ohne triftigen Grund Kredite auf und gehen Bürgschaftsverpflichtungen ein, mit nur einem einzigen Ziel und Zweck, dass nämlich der ursprüngliche Schuldner, der vorgeblich oder tatsächlich nicht mehr in der Lage ist, seine Schulden zu bedienen, dennoch Zins und Tilgung an seine Gläubiger – die einzigen Nutznießer dieser Rettungsaktionen - überweisen kann.

Wie selbstverständlich nehmen diese Politiker mit jeder Tranche der Griechenlandrettung, mit der Gründung von Rettungsfonds und natürlich auch mit der Duldung der Geldschwemme der EZB sehr viel Geld in die Hand, das sie nicht haben, und belasten damit die Bürger ihrer Staaten.

Den Gläubigern fallen so – im Tausch gegen nahezu wertlos gewordene Forderungen (keine Liquidität!) immer weitere Milliarden an Liquidität zu, die sie anders niemals hätten ein- fahren können.

Und das ist es, was sie haben wollen: Liquidität!

Damit kaufen sie sich dann zusammen, was langfristig wertbeständig erscheint und was, bei der ihnen dann möglichen, künstlichen Verknappung des Angebots, auch langfristig wei- tere Erträge hervorbringt.

Die Deutsche Post ist schon Geschichte. Telekom und Post AG gehören längst den Gläubigern. Immer mehr Autobahnabschnitte werden privatisiert. Die Lkw-Maut war von Anfang an ein privates Konzept. Die Privatisierung der Bahn steht schon wieder auf der Agenda. Hunderttausende von Sozialwohnungen wurden verscherbelt. Öffentlicher Nahverkehr, Strom- und Gasversorger sind privatisiert, viele Stadtwerke, samt Wasserversorgung und Kanalisation sind auf dem Weg in die Privatisierung. Krankenhäuser und Kliniken sind weitgehend privatisiert. Immer mehr Bildungseinrichtungen werden von Privaten abhängig.

Und was macht der gute Politiker mit dem Geld, das ihm aus der Privatisierung des Volksvermögens zufließt? Nein! Nein, er gibt es nicht aus. Er senkt nicht die Mehrwertsteuer, er erhöht nicht die zusammengestrichenen Sozialleistungen. Er bringt keine Liquidität in die am Boden liegende Realwirtschaft! Der Staat nimmt weniger neue Schulden auf. In Einzel- fällen tilgt er sogar. Er trägt damit wiederum dazu bei, dass der Markt der Realwirtschaft unter Geldmangel leidet und zwingt die Bürger, den Gürtel noch enger zu schnallen.

 

Ein Blick nach Griechenland zeigt, wie es weitergehen wird. Am Ende gibt es unter der Position Volksvermögen nur noch eine große Null. Ausverkauft. Verscherbelt.

Aber die Schulden wachsen weiter! Die Schulden wachsen weiter, weil Erträge aus nun privatisierten Unternehmen und Liegenschaften fehlen und Leistungen, die der Staat auch für sich selbst erbrachte, jetzt teuer bezahlt werden müssen. Die Schulden wachsen weiter, weil der Sparkurs die Wirtschaft ruiniert und Arbeitslosigkeit schafft, weil die Steuereinnah- men sinken und der Sozialaufwand steigt.

Die Politik der EU ist ebenso wie die Politik der Bundesrepublik Deutschland nur noch darauf ausgerichtet, das Vermögen des Großkapitals zu erhalten und zu mehren. Der vollkommen unsinnige, ja verbrecherische Verzicht darauf, das eigene Geldwesen zu beherrschen und die Liquiditätsversorgung der Realwirtschaft zu gewährleisten, ermöglicht den Eigentümern der Banken nach Belieben und stets zum eigenen Vorteil zu wirtschaften. Dieses Staatsversagen ist im Grunde ein Tatbestand, der dem Hochverrat gleichzusetzen ist. Leider geben die entsprechenden Paragraphen diesbezüglich nichts her.

Wie im ersten Teil bereits erwähnt: Der Rechtsstaat ist kein Gerechtigkeitsstaat, sondern ein Gesetzesstaat, und die allermeisten Gesetze beschreiben Privilegien, selbst im Strafge- setzbuch.

Was nicht explizit verboten ist, das ist erlaubt.

Niemand kümmert sich darum, dass im Grundgesetz die Sozialbindung des Eigentums verankert ist, und versucht, diesen Artikel mit Leben zu füllen. Das sind fromme Sprüche für feierliche Reden an hohen Feiertagen. Fromme Sprüche, deren Verlogenheit kaum zu überbieten ist.

Wir leben in dem Jahrzehnt, in welchem Europa wie eine alte, abgemolkene Milchkuh zur Schlachtbank geführt wird - und wir müssen feststellen, dass der von uns geliebte Bauer, der uns in engen, finsteren Stallungen großgezogen und gemästet hat, mit den Besitzern des Schlachthofes gemeinsame Sache macht.

Ich weiß, das tut weh. Denken tut immer weh.

Der Wunsch, zu glauben, selbst kein schlachtreifes Rindvieh zu sein, kann übermächtig werden: „Mir passiert das doch nicht. Ich habe immer alle Ziele vorbildlich erreicht. Ich war die Turbokuh im Stall. Mehrfach prämiert. Mich werden sie keinesfalls zu Rinderbrühe verarbeiten...“

Sorry. Genau das ist die Absicht. Nur ganz wenige Oberochsen werden verschont bleiben, weil sie perfekt dazu beigetragen haben, die Masse der Herde ins Schlachthaus zu führen. Vielleicht Hunderttausend von 80 Millionen – aber vom großen Rest sind leider sehr viele immer noch unbelehrbar so blöd, zu glauben, wenn sie nur genauso verlogen, egoistisch und rücksichtslos vorgehen, könnten auch sie mit zu den Auserwählten gehören.

Narren!

Je mehr ihr euch anstrengt, den Herren des Geldes zu gefallen, desto größer wird deren Beute, aber mehr als maximal Hunderttausend werden nicht an der Bolzenschussmaschine vorbeikommen.

Sonst wäre doch alles umsonst gewesen. Oder?

Vielleicht haben Sie schon einmal von der alttestamentarischen Geschichte von Jakob und Esau gehört. Sie spiegelt bis heute den Unterschied zwischen Sein-Wollen und Haben- Wollen. Hat Jakob Esau betrogen, als er ihm sein Erbteil gegen ein Linsengericht abschwatzte? War Esau einfach nur zu gutgläubig? Hätte Isaak nicht doch Esau segnen müssen? Hätte Gott nicht Jakob strafen und Esau unterstützen müssen?

Die Interpretationen gehen weiter auseinander als im obigen Link geschildert. So, wie sie auch heute weit auseinandergehen, wenn die Neoliberalen jedem Menschen die Verantwor- tung für sein eigenes Leben zuschieben, ganz unabhängig davon, mit welchen Tricks und Drohungen, Lügen und Lustversprechen er von anderen mit Absicht in ausgesprochen un- gemütliche Situationen hineinmanövriert wurde.

Eine übergeordnete Instanz, die den weiteren Raub am individuellen, friedlichen Eigentum und am Volksvermögen der 99 Prozent aufhalten wollte und könnte, existiert nicht und hat nie existiert.

Diejenigen, von denen wir erwarten dürften, dass sie für uns eintreten und die Angriffe des aggressiven Eigentums abwehren, sitzen mit den Angreifern am Spieltisch, führen für uns die Figuren und amüsieren sich köstlich, weil sie selbst dabei nichts verlieren können.

Mit dieser bitteren Erkenntnis endet die vierteilige Reihe „Wenn Denken schwer fällt“.

Es ist die Erkenntnis, dass wir, die 99 Prozent, bereits verloren haben, obwohl das Spiel noch so lange weitergespielt werden wird, bis das eine Prozent auch noch die letzten Sachwerte eingezogen hat.

Im Rahmen der bestehenden Weltordnung, des Völkerrechts, und des EU-Vertrags, im Rahmen der noch wirksamen Artikel des Grundgesetzes und des deutschen Rechts ist keine Abhilfe mehr möglich.

Von hier aus noch weiter zu denken, erfordert zwingend, über den Spielfeldrand hinaus zu blicken und die Regeln insgesamt in Zweifel zu ziehen. Doch das Spiel ist so raffiniert angelegt, dass sich immer wieder alle zusammenfinden und nach genau den gleichen Regeln wieder gegeneinander antreten.

Selbst wenn man naiv annimmt, alle hätten zu Beginn die gleiche Chance, sollte man doch, bevor man sich wieder und wieder vor den Karren spannen lässt, zu der Einsicht gelan-

gen, dass am Ende tatsächlich nur dieses eine Prozent stehen wird, das alles gewonnen haben wird, was die 99 Prozent im Schweiße ihres Angesichts geschaffen haben.

 

Bitte, denken Sie nun weiter. Auch, wenn denken schwerfällt.

 
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Egon W. Kreutzer, Paukenschlag an Fronleichnam, 26. Mai 2016

Wenn Denken schwer fällt,  Teil III

In den ersten beiden Teilen dieser Aufsatzreihe ging es um die Unterscheidung zwischen Siegern und Besiegten und um die den Besiegten vorenthaltenen Rechte. Teil II endete mit einem Hinweis auf die Filmtrilogie „MATRIX“ und der Warnung vor der roten Pille in Teil III.

Ein Teil der im Stil von Hollywood-Kulissen buntbemalten Ringmauer, die einen weiten Horizont vortäuscht, während sie in Wahrheit den Blick begrenzt, ist bereits löchrig geworden, doch wäre es töricht zu glauben, hinter dieser Mauer sei nun schon so etwas wie „die Wahrheit“ zu erkennen. Hinter dieser Mauer erwartet uns nur ein weiteres, kunstvoll gestaltetes Szenario. Ein Szenario, das weit über Deutschland hinausreicht, das die ganze Welt erkennen lässt, so, wie wir sie uns schon immer vorgestellt haben, nur eben mit der Erkenntnis gewürzt, dass wir, die Deutschen, in einem Staat leben, der eine seltsame Zwitter-Rolle einnimmt.

Einerseits ist Deutschland Mitglied der Vereinten Nationen, der NATO, der EU, ist Mitgliedsstaat des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank, dabei bei den Gipfeltreffen von G7 bis G30 – und andererseits immer noch unter der Feindstaatenklausel der Vereinten Nationen stehend, ist damit völkerrechtlich faktisch vogelfrei, duldet immer noch Soldaten der Siegermächte auf seinem

Territorium und überweist immer noch Geld zur Erstattung der laufenden „Besatzungskosten“.

Damit das Denken hier noch etwas schwerer fällt, kann man bei Wikipedia nachlesen, die herrschende Auffassung der Völkerrechtswissenschaft gehe davon aus, die Feindstaatenklausel sei längst obsolet und sie spiele überhaupt nur noch in verschwörungstheoretischen Diskursen eine Rolle.

Andererseits standen die Feindstaatenklauseln 1995 bei der 50. UN-Generalversammlung auf der Agenda. Mit der Resolution 50/52 wurde bekanntgegeben, die Feindstaatenklauseln seien obsolet und sollten in einer der nächsten Sitzungen, bzw. so früh wie möglich (!) gestrichen werden. 21 Jahre später stehen diese Klauseln immer noch in der Charta der Vereinten Nationen. Ist es immer noch zu früh, immer noch nicht möglich, sie tatsächlich zu streichen?

Wenn die USA, England und Frankreich auch im Atomwaffensperrvertrag von 1969 erklärt haben, dass Art. 53 und 107 der UN-Charta kein Recht zur gewaltsamen Intervention in Deutschland gewähren, dann sollte aber auch bedacht werden, dass jeder Staat das Recht hat, jederzeit in Ausübung seiner nationalen Souveränität von diesem Vertrag wieder zurückzutreten. Eine Ewigkeitsgarantie ist der Atomwaffensperrvertrag also nicht. Auch die Ostverträge, die unter Willy Brandt ausgehandelt wurden und die einen „Gewaltverzicht“ beinhalten, sind, vor allem wenn man die russische Sicht berücksichtigt, wonach die Charta der Vereinten Nationen „Das Völkerrecht“ ist, diesem Völkerrecht untergeordnet. http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-45935451.html

Die Frage, die hier zu klären ist, lautet nicht, ob führende Völkerrechtler die Feindstaatenklauseln für obsolet erachten, sie lautet schlicht und einfach: Wie stehen die 45 Feindstaaten Deutschlands und Japans, die als Erstunterzeichner der UN-Charta sich das Recht vorbehalten haben, ohne gesondertes völkerrechtliches Mandat in den von ihnen als Feindstaaten angesehenen „Gebieten“ zu intervenieren, wenn ihnen die Politik des „Feindstaates“ aggressiv erscheint, heute noch dazu. Würden sie von sich aus darauf hinwirken, diese diskriminierenden Klauseln schnellstmöglich zu streichen, es gäbe sie längst nicht mehr. Es ist wie mit der Karte „Du kommst aus dem Gefängnis frei“ aus dem Monopoly-Spiel. Es ist eine Option. Man weiß nicht, ob man sie irgendwann einmal brauchen kann, aber nur, weil die Karte im Augenblick nicht gezogen werden braucht, wird sie keiner ungenutzt in den Stapel zurücklegen, bevor das Spiel entschieden ist.

Hier stößt man auf eine zunächst sonderbar anmutende Begebenheit aus dem Jahr 1968. Damals marschierte die Sowjet-Union in der Tschechoslowakei ein und beendete mit militärischer Gewalt den so genannten „Prager Frühling“.

Wer sich jetzt fragt, was das mit den Feindstaatenklausel in der UN-Charta zu tun haben könnte, muss sich daran erinnern lassen, dass weite Teile der heutigen Tschechoslowakei von 1939 bis 1945 als Reichsprotektorat Böhmen und Mähren faktisch dem Feindstaat „Deutsches Reich“ zugehörig waren und einen massiven Beitrag zur Rüstungsproduktion für die Wehrmacht leisteten, während

die „Slowakei“ einen Schutzvertrag mit dem Deutschen Reich abgeschlossen hatte.
Also bezog sich Breschnew zur Rechtfertigung seiner Intervention auf die Artikel 53 und 107 der Charta der Vereinten Nationen – und marschierte ein.

Dies wiederum führte zu heftiger Besorgnis bei Kurt Georg Kiesinger, dem seinerzeitigen deutschen Bundeskanzler. Im Protokoll der 138. Kabinettssitzung vom 18. September 1968 wurde festgehalten:

Der Bundeskanzler erörtert und bewertet die Erklärungen, die von den Vereinigten Staaten, Großbritannien und Frankreich zur sog. Feindstaatenklausel abgegeben worden sind. Die Frage sei in der Öffentlichkeit zu stark in den Vordergrund getreten. Der Bundeskanzler bittet das Kabinett um Zurückhaltung bei Äußerungen in dieser Frage.

Siehe TOP 2 dieser Sitzung. - Die Sowjetunion hatte sich bei ihrem militärischen Eingreifen in der Tschechoslowakei auf ihr Interventionsrecht gemäß der Artikel 53 und 107 der Charta der Vereinten Nationen vom 26. Juni 1945 (BGBl. 1973 II 431) berufen. Die Bundesregierung zeigte sich besorgt über eine mögliche Anwendung gegen die Bundesrepublik oder weitere Ostblockstaaten und die Ressorts prüften in der Folge die juristischen Auslegungsmöglichkeiten im Zusammenhang mit dem NATO- Vertrag und dem zu unterzeichnenden und zu ratifizierenden Nichtverbreitungsvertrag. Die drei Westmächte hatten versichert, dass die sogenannten Feindstaatenklauseln die Sowjetunion nicht dazu berechtigten, einseitig mit Gewalt in der Bundesrepublik zu intervenieren.

Vgl. die Erklärungen der USA und Groß britanniens vom 16. und 17. Sept. 1968 in DzD V 2/2, S. 1258 f., sowie Aide-mémoire der britischen Regierung vom 20. Sept. 1968 in DzD V 2/2, S. 1265, vgl. Bahrs Aufzeichnung vom 11. Sept. 1968 in AAPD 1968, S. 1132 f., weitere Unterlagen in AA B 130, Bde. 2075, 2761, 4451, 5764, und AA B 150, Bde. 134 und 135, sowie AdsD, Depositum Bahr, 1/EBAA000408. - Am 23. Sept. 1968 übermittelte die Bundesregierung

den drei Alliierten ein Aide-mémoire, in dem sie ihre Rechtsauffassung erläuterte. Aide-mémoire in AA B 43-IIB2, Bd. 797.

Aus diesem Protokoll ist zu entnehmen, dass die drei Westmächte der UdSSR das Recht absprachen, einseitig mit Gewalt in der Bundesrepublik zu intervenieren. Klar, sie hätten dann einen Anlass gehabt, die Bundesrepublik bis zum Ural zu verteidigen, ebenso, wie die Westmächte wussten, dass die Sowjet-Union bei einem einseitigen Einmarsch in die DDR ihren Anteil am besetzten Deutschland bis in die Pyrenäen verteidigt hätte. Die Tschechoslowakei hingegen gehörte nach 1945 zu den Staaten des Warschauer Paktes. Da war es den Westmächten, abgesehen von der Chance der propagandistischen Ausschlachtung, völlig egal, wie Breschnew sein Reich zusammenzuhalten versuchte.

Schließen Sie jetzt die Augen. Konzentrieren Sie sich auf dieses Bild einer komplizierten Welt, voller Verträge und Vereinbarungen, die, wenn auch manchmal bedrohlich, so aber doch die Stabilität dieser Welt gewährleisten.

Wenn Sie die Augen wieder öffnen, wird dieses Bild zu Staub zerfallen.

Sie werden feststellen, dass die Welt und die Kräfteverhältnisse auf dieser Welt um keinen Deut anders wären, gäbe es die Feindstaatenklausel nicht.

Auch Breschnew hätte sich 1968 nicht vom Einmarsch in die Tschechoslowakei abhalten lassen, hätte ihm die UN-Charta nicht eine Möglichkeit geboten, diese Aggression formal zu rechtfertigen.

Wozu denn auch? Hält irgendetwas die USA und die Briten davon ab, sich überall einzumischen, wo ihre Interessen gefährdet sind? Durfte nicht selbst die Bundeswehr völkerrechtswidrig in Jugoslawien mitbomben?

Foltergefängnisse werden errichtet, wenn die Meinung herrscht, Folter sei nützlich für das Imperium. Staatschefs werden gestürzt, ermordet, wenn die Meinung herrscht, ihr Ableben sei nützlich für das Imperium. Hunderte von schwerbewaffneten Drohnen schwirren überall am Himmel und entladen ihre tödliche Raketenfracht auf bloßen Verdacht hin. Heute werden friedliche Völker überfallen und ausgeplündert, weil man ihnen die Demokratie bringen will. Vor ein paar Jahrhunderten geschah das gleiche, weil man den Völkern das Christentum bringen wollte. Faktisch hat man ihnen einst gezeigt, wozu das Christentum fähig ist, und heute zeigt man ihnen, wozu Demokraten fähig sind.

Die Wahrheit hinter dieser nun zerbröselten Mauer lautet schlicht und einfach, dass einzig und allein das Ausmaß der Fähigkeit, Gewalt auszuüben, darüber entscheidet, wer seine Interessen durchsetzen kann.

Gesetze? Verträge? Völkerrecht?

Das sollte grundsätzlich alles auf Tabakblätter geschrieben werden müssen, damit die Pfeife, in der sie geraucht werden, etwas besser schmeckt.

Krieg begleitet die Menschheit durch ihre gesamte bekannte Geschichte – und stets haben die Sieger die Geschichtsbücher

geschrieben. Daran hat sich auch im Zeitalter der Republiken und Demokratien nichts geändert.

Und jetzt wird das Denken wieder sehr, sehr schwer.

Warum hat sich nichts geändert? Welches Interesse hat ein für wenige Jahre gewählter Präsident, der außer seinem Gehalt nichts weiter davon hat, einen fremden, souveränen Staat mit Krieg zu überziehen, die Städte in Schutt und Asche zu legen, die Bodenschätze zu rauben und die Bevölkerung zugleich der Anarchie zerstrittener Terrorgruppen zu überlassen?

Als Kriege noch von Monarchen geführt wurden, war jeder siegreiche Krieg (aus der Sicht des Kriegsführenden) ein sinnvoller Akt der persönlichen Bereicherung. Bisweilen blieb auch für die Soldaten die Möglichkeit der Bereicherung, wenn ihnen die Erlaubnis zur Plünderung gegeben wurde.

Im ersten Teil dieser Aufsatzreihe haben wir uns klar gemacht, dass der Unterschied zwischen Siegern und Verlierern daran zu erkennen ist, dass am Ende die Sieger MEHR und die Verlierer WENIGER haben.

Wenn also ein kriegsführender Präsident und seine Generäle und die Soldaten aller Ränge nach dem Krieg NICHT MEHR haben, als sie ohne den Krieg gehabt hätten, wenn aber auf der anderen Seite klar und deutlich zu erkennen ist, dass die Verlierer WENIGER haben, als sie ohne den Krieg gehabt hätten, wer hat dann den Krieg gewonnen?

Und wer hat den Krieg warum begonnen, wenn nirgends jemand zu erkennen ist, der von seinem Sieg einen Nutzen gehabt hätte?

Wird Obama nennenswert reicher geworden sein, wenn er im November 2016 nach acht Jahren Krieg sein Amt als Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika niederlegen muss, um den Stab an den Milliardär Donald Trump zu übergeben?

Und selbst wenn er etwas für sich gewonnen haben sollte, dann doch niemals so viel, dass damit die andauernden Ein- sätze des US-Militärs und der US-Geheimdienste überall auf der Welt gerechtfertigt werden könnten!

Nein, dafür würde ein Friedensnobelpreisträger keinen einzigen Krieg führen. Oder doch?

Was hat er denn davon, wenn er keinen Krieg führt? Fließen dann die eingesparten Militärausgaben in seine Privatschatulle? Natürlich nicht.

Rein vom persönlichen wirtschaftlichen Standpunkt aus gesehen, kann es dem Präsidenten der USA vollkommen egal sein, ob er Krieg führt oder nicht.

Er hat so oder so nichts davon. Nothing.

Der mächtigste Mann der Welt? Kann wirklich mächtig sein, wer sich nicht persönlich bereichern kann, obwohl er die stärkste Streitmacht der Welt befehligt? Kann wirklich mächtig sein, wer sich mit einem Präsidentengehalt zufrieden

gibt, obwohl die von ihm befehligten Truppen einen Staat nach dem anderen abernten?

Oder sollten Kriege vollkommen unbemerkt inzwischen wirklich einen anderen Zweck verfolgen als noch vor hundert Jahren? Kann es sich der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika leisten, jährlich mehr als eine halbe Billion Dollar an Steuergeldern auszugeben, nur um weltweit humanitäre Aktionen zu starten, um eine bessere, demokratischere, gerechtere Welt herzustellen, soweit sein langer Arm reicht, und so lange es nicht anders geht, eben mit militärischen Mitteln?

Würden sich die amerikanischen Wähler das gefallen lassen? Selbst auf Foodstamps angewiesen zu sein, und hungernd den Rest der Welt retten zu müssen?

Das erscheint eher unwahrscheinlich.

Wie ist es aber bei David Cameron, Francoise Hollande, Angela Merkel, und wie sie alle heißen, jene, die sich – mit quantitativen Unterschieden zwar - letztlich vollkommen gleich verhalten?

Verdient sich einer von denen eine goldene Nase beim Mitspielen in der Achse der Willigen? Auch das kann wohl im Großen und Ganzen guten Gewissens verneint werden. Was da abfällt, sind eher Peanuts, da passen die Kollegen der anderen Parteien schon auf!

Denken kann schwer sein.

Wer bereichert sich denn nun wirklich? Die Forbes Liste der Milliardäre beginnt mit Bill Gates. 75 Milliarden Dollar hat er

mit Microsoft aufgehäuft, dann Marc Zuckerberg, 45 Milliarden per Facebook erobert, davon alleine 11 Milliarden im letzten Jahr. Kann man deren Gewinne als Kriegsbeute bezeichnen?

Indirekt ja.
Legen Sie jetzt die Sicherheitsgurte an und bringen Sie die Sitzlehne in eine aufrechte Position. Wir gehen in den Sturzflug über. Stürzen wir uns auf Marc Zuckerberg.

Nach den Angaben von Wallstreet Online steigerte Facebook den Umsatz im Jahr 2015 auf 17,9 Milliarden Dollar. Der Netto-Gewinn, nach Steuern, wurde mit 3,688 Milliarden USD ausgewiesen.

Das ist viel. Sehr viel. Doch Zuckerbergs Vermögen stieg im gleichen Zeitraum um 11,2 Milliarden Dollar.
Zwischen 3,7 Milliarden Gewinn und 11,2 Milliarden Vermögenszuwachs klafft ein Loch in Höhe von 7,5 Milliarden Dollar.

Ist Ihnen etwas davon bekannt, dass Marc Zuckerberg neben Facebook noch weitere, außerordentlich ertragreiche Unternehmen besitzt? Nein?

Wenn Sie davon überzeugt sind, dann werden Sie nicht vor der Erkenntnis zurückscheuen, dass es sich nur um so genannte Kapitalerträge handeln kann, die Zuckerberg zugewachsen sind.

Kapitalerträge werden üblicherweise von Banken und vergleichbaren Finanzinstituten „erwirtschaftet“. Wie

machen die das? Haben Sie jemals eine Bank gesehen, die etwas Sinnvolles hergestellt hat? Brot, Strümpfe, Fotoapparate, Autos oder Hochhäuser? Nein. Haben Sie nicht. Das können Banken nicht. Damit geben Banken sich nicht ab. Banken vermehren Geld.

Richtig. Banken vermehren Geld. Die Banken erzeugen ihren Gewinn selbst. Niemand außer den Banken kann das, den Gewinn selbst erzeugen. Jedes andere Unternehmen braucht Kunden, die etwas kaufen, was dieses Unternehmen erzeugt hat oder als Dienstleistung erbringt.

Banken nennen sich Dienstleister. Sie sind es nur in ganz geringem Umfang. Da, wo Sie den Zahlungsverkehr, die Überweisungen von Konto zu Konto übernehmen. Da erbringen sie eine Dienstleistung. Alles andere, was sie tun, tun sie nur zum eigenen Nutzen und zum Nachteil ihrer Kunden.

Warum wird Marc Zuckerberg dann durch die „Arbeit“ der Banken reich, wenn die Banken alles nur zum eigenen Nutzen tun?

Eine gute Frage! Eine sehr gute Frage.
Ziehen Sie den Gurt noch etwas fester. Der Sturzflug geht weiter.

Wenn es gelänge, genau in diesem Augenblick, in dem Sie diese Zeilen lesen, eine vollständige Bestandsaufnahme über alles Geld auf diesem Planeten zu machen, wenn also feststellbar wäre, wie viele Dollars, Euros, Yen usw. sich genau in diesem Augenblick in Form von Münzen, Banknoten

und Guthaben auf Girokonten liegt (Nicht auf Sparkonten! Auf dem Sparkonto dokumentiert die Bank nur, wie viel Geld sie dem jeweiligen Sparer schuldet!), dann stellen sich unmittelbar zwei Fragen:

Wie ist dieses Geld entstanden?

Seit wann gibt es exakt diese Geldmenge?
Sie kennen die Antwort vermutlich selbst. Die Geldmenge, die wir in einem Augenblick erfasst haben, gab es nur in diesem einen Augenblick. Sie war einen Wimpernschlag vorher anders und einen Wimpernschlag später schon wieder.
Damit die Geldmenge wachsen kann, müssen Banken Kredite vergeben. Nur zur Erinnerung: Es entsteht dabei „Bankengeld“, das dem Schuldner als Guthaben auf einem Girokonto zur Verfügung gestellt wird, nachdem dieser sich verpflichtet hat, es innerhalb der vereinbarten Frist zuzüglich der vereinbarten Zinsen und Gebühren zurückzuzahlen. Kein anderes Bankkonto, auch kein einziges Sparkonto bei dieser Bank wird dabei verändert. Es wird nicht das Geld der Einleger benutzt, um es dem neuen Schuldner als Kredit zu überlassen.

Selbstverständlich kann die Geldmenge aber nicht nur wachsen, sie schrumpft immer dann, wenn ein Schuldner seinen Kredit tilgt.

Ein zweiter Weg, die Geldmenge schrumpfen zu lassen, besteht darin, dass sofort verfügbares Geld, Liquidität also, auf Bankkonten „gespart“ wird. Der Sparer benutzt es nicht - folglich kann es auch niemand anderes benutzen.

Der berechtigte Einwand lautet an dieser Stelle: Das stimmt doch gar nicht. Die Bank hat es doch. Die kann es doch ausgeben!

Auch wenn es weh tut, an dieser Stelle korrekt weiter zu denken, wir müssen es wagen. Dabei wird uns als erstes auffallen, dass sogar die im Feenpark „Unser heiles Deutschland“ angesiedelten Wirtschaftswissenschaftler und Statistiker einen Unterschied machen, zwischen so genannten „finanziellen“ und „nicht finanziellen“ Unternehmen. Zu den finanziellen Unternehmen gehören Banken, Versicherungen und Pensionskassen, zu den nichtfinanziellen diejenigen, die Waren produzieren und nichtfinanzielle Dienstleistungen erbringen.

Im Weiteren werde ich statt finanzielle Unternehmen den Begriff „Finanzsektor“ verwenden und für die nichtfinanziellen Unternehmenden Begriff „Realwirtschaft“ verwenden, der allerdings auch die Konsumenten, als notwendige Partner der nichtfinanziellen Unternehmen, mit einschließt.

Zwischen dem Finanzsektor und der Realwirtschaft besteht eine für Waren und Dienstleistungen, gemessen am Bilanzvolumen des Finanzsektors, nahezu undurchlässig Mauer. Der Verbrauch des Finanzsektors an Waren und Dienstleistungen ist gering. Er umfasst lediglich die Ausstattung für den laufenden Geschäftsbetrieb mit Investitions- und Verbrauchsgütern, sowie den Energiebezug und wenige Dienstleistungen, zum Beispiel von Reinigungsunternehmen.

Wenn der Finanzsektor also von dem Geld, was Einleger bei ihm parken, etwas in die Realwirtschaft zurückgeben will, dann ist das mögliche Volumen einer solchen Verwendung gering.

Gleiches gilt auch für Löhne und Gehälter der Angestellten, einschließlich der Leitenden Angestellten. Auch die hierfür aufzuwendenden Kosten machen nur einen Bruchteil dessen aus, was an Einlagen bei den Banken ankommt.

Zudem muss noch eine andere Überlegung angestellt werden. Würde der Finanzsektor das bei ihm geparkte Geld verwenden, um damit in Anspruch genommene Leistungen aus dem Bereich der Realwirtschaft zu bezahlen, müsste das geparkte Vermögen der Anleger letztlich abnehmen. Das Gegenteil ist der Fall. Die Anleger erhalten auf ihre Einlagen normalerweise Zinsen1.

Es wird deutlich: Einlagen fließen nur in sehr geringem Umfang in die Sphäre der Realwirtschaft zurück, und das auch nur dann, wenn es einer Bank so schlecht geht, dass sie ihre Aufwendungen nicht aus ihrem Ertrag bezahlen kann, wenn sie also Verluste schreibt und damit zu einem Fall für die Bankenrettung wird.

Wir haben also den zweiten Weg der Reduzierung der Liquidität in der Realwirtschaft aufgezeigt und verstehen nun auch besser, warum auch hochoffiziell eine deutliche Unterscheidung zwischen dem Finanzsektor und der Realwirtschaft gezogen wird.

1 Dass diese im Augenblick ausgesprochen gering ausfallen, ja sogar dazu neigen, negativ zu werden, ist nicht normal – und es wird auch nicht so bleiben. Es spielt im Zusammenhang mit dieser Überlegung auch nur eine untergeordnete Rolle.

Der Finanzsektor erzeugt nichts. Sein Ertrag hängt davon ab, dass er Teile der Leistung der Realwirtschaft für sich abzweigt.

Beim Finanzsektor, so wie er heute aufgestellt ist und arbeitet, handelt es sich um eine parasitäre Subkultur innerhalb der Gesellschaft, der es gelungen ist, alle Bereiche dieser Gesellschaft zu dominieren.

Die Hochachtung vor den Bankern, die ihnen überall erwiesen wird, gilt nur ihrer Macht, nicht ihren Machenschaften. Ihre Macht ist grenzenlos, ihre Machenschaften sind skrupellos.

Wie skrupellos, wollen wir jetzt beleuchten, bevor wir den Sturzflug in die Niederungen des Finanzsektors abbrechen und wieder steil nach oben ziehen.

Denken Sie weiter mit.

Die Liquidität der Realwirtschaft wird durch Tilgung bestehender Kredite und durch die Hortung nicht benötigter Liquidität bei den Banken reduziert. Auch die von den Banken geforderten Schuldzinsen reduzieren die Liquidität, weil sie zusätzlich zu den anfänglich bereitgestellten Guthaben an die Bank abgeführt werden müssen.

Nehmen wir an, unsere Augenblickserfassung der Geldmenge hätte einen bestimmten, fixen Betrag ergeben, den wir der Einfachheit halber nun als 100 Prozent ansetzen.

Wir wissen, dass diese 100 Prozent Liquidität nur existieren können, weil ihnen in gleicher Höhe Kreditschulden gegenüberstehen.

Nehmen wir an, diese Kredite hätten eine durchschnittliche Laufzeit von fünf Jahren, es wären also jährlich 20 % Tilgung fällig. Nehmen wir weiter an, der vereinbarte Schuldzins läge bei durchschnittlich 5 % p.a., und nehmen wir zudem an, dass der Realwirtschaft durch Sparleistungen jährlich 10 % der jeweils verfügbaren Liquidität entzogen werden.

Dann ist die Liquidität nach dem ersten Jahr auf 65 Prozent des ursprünglichen Wertes geschrumpft. Dennoch müssen daraus immer noch 80 % der ursprünglich gewährten Kredite zurückgezahlt werden.

Nach zwei Jahren sind noch 38,25 % der ursprünglichen Liquidität im Markt, aber noch 60 Prozent der Kredite sind zur Rückzahlung offen.

Nach drei Jahren verbleiben 21,25 % der Liquidität für 40 % der Kreditforderungen.

Nach vier Jahren ist die Liquidität bei 1,06 Prozent angekommen aber immer noch stehen 20 % der Kredite aus.

Abgesehen davon, dass die Realwirtschaft schon nach einem Jahr unter der fehlenden Liquidität vollständig zusammengebrochen wäre, soll diese Betrachtungsweise deutlich machen, dass es prinzipiell vollkommen unmöglich ist, alle Kredite zurückzuzahlen, solange die Banken Zinsen beanspruchen und die Hortung von Liquidität möglich ist.

Genau dies ist aber die Grundlage des Geschäftsmodells des Finanzsektors! Aus der systemischen Verknappung der Liquidität durch Tilgung, Zinszahlungen und Hortung ergibt sich ein systemischer Zwang zur Neuverschuldung, um die Liquiditätsversorgung der Realwirtschaft zu gewährleisten. Und damit ergibt sich ebenso ein systemischer Zwang zu immer weiter wachsenden Zinserträgen der Banken und ihrer Eigentümer.

Realistischer sieht das vorangestellte Rechenbeispiel also so aus.

Nach dem ersten Jahr wurde die Tilgung (20%) durch neue Kredite ersetzt, außerdem wurden für den Liquiditätsverlust aus Zins und Hortung weitere neue Kredite im Umfang von 15% erforderlich. Die Liquidität liegt bei 100 %, die Verschuldung bei 115 %!

Nach dem zweiten Jahr sind Tilgungsleistungen im Umfang von 23 % der ursprünglichen Liquidität erforderlich, die durch Neuverschuldung kompensiert werden. Die Zinsbelastung ist auf 5,75 % angewachsen, die Hortung blieb konstant bei 10%.

Liquidität also 100 %, Verschuldung 120,75 %.
Nach dem dritten Jahr sieht es so aus:
Liquidität 100 %, Verschuldung 126,79 %.
Nach dem vierten Jahr ergibt sich folgendes Verhältnis: Liquidität 100 %, Verschuldung 133,13 %

Nach dem fünften Jahr liegt die Verschuldung bei 139,78%, nach dem zehnten Jahr bei 178,40, nach zwanzig Jahren bei 290,60 %.

Kapital und Einlagen der Banken sind dabei von Null auf 190,6% der ursprünglich vorhandenen Liquidität gestiegen. Nur dadurch, dass es das Privileg des Finanzsektors ist, Liquidität aus Krediten bereitzustellen, ein Privileg, das sonst niemandem zukommt, sind gigantische Vermögen angewachsen, die – in dieser Beispielrechnung – nach nur 20 Jahren doppelt so hoch sind, wie die ursprünglich in der Realwirtschaft vorhandene Liquidität.

Wir werden jetzt den Sturzflug abfangen, um nicht auf dem Boden der Tatsachen zu zerschellen, werfen aber noch einen letzten Blick auf Marc Zuckerberg. Jene 7,5 Milliarden Dollar, die Marc Zuckerbergs Vermögen alleine im vergangenen Jahre - über den Gewinn aus Facebook hinaus - gewachsen ist, sind ein Teil des Ertrags jener gigantischen Maschine, welche die Liquiditätsversorgung der Realwirtschaft Jahr für Jahr unerbittlich mit einem höheren Tribut belegt.

Es ist dabei vollkommen egal – und dabei sende ich einen herzlichen Gruß an unseren lieben Finanzminister Wolfgang Schäuble – ob die Neuverschuldung vom Staat, von den realwirtschaftlichen Unternehmen oder von den privaten Haushalten geschultert wird. In Summe bleibt der Zwang zum Schuldenwachstum gleich – und es ist absehbar, dass die Schuldenlast eines Tages nicht mehr getragen werden kann.

Es ist nicht vergessen: Die Ausgangsfrage für diesen Exkurs lautete, welches Interesse der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika daran haben könnte, die Welt permanent mit Kriegen zu überziehen, da es ihm nicht möglich ist, sich dadurch auf nennenswerte Weise persönlich zu bereichern.

Die Antwort ist einfach und offensichtlich, allerdings ziemlich kompliziert, wenn man den Beweis führen will:

Die USA werden vom Finanzsektor dazu gezwungen, Kriege zu führen, wenn sie nicht vollautomatisch im Elend verkommen wollen.
Wie das Elend aussieht, haben wir in der Beispielrechnung gerade betrachtet. Die Zinseszinsrechnung ist unerbittlich. Der von den Schuldnern geforderte Tribut – für die gleiche Leistung, nämlich unveränderte Liquiditätsversorgung - wächst stetig, doch die Leistungsfähigkeit der Schuldner kann nicht mithalten. Irgendwann ist jede staatliche Gesellschaft, jede Volkswirtschaft am Ende der Fahnenstange angekommen. Entweder der Finanzsektor verzichtet dann freiwillig auf das weitere Anwachsen seines Anteils am BIP, oder er muss gezwungenermaßen verzichten, weil er das fruchtbare Fundamente der Realwirtschaft, von dem er sich nährt, durch Überforderung schlagartig vollständig ruiniert.

Wenn die Erträge des Finanzsektors aber weiter wachsen müssen, auch um zu vertuschen, dass das Ende der Fahnenstange schon erreicht ist, muss auf Biegen und Brechen eine zusätzliche Verschuldung herbeigeführt werden.

Dies geschieht auf zwei Wegen.

Einerseits müssen sich die USA als Staat massiv weiter verschulden, um den Rüstungsetat finanzieren zu können. Hierüber fließt zunächst einmal ein großer Geldstrom in die Realwirtschaft, von dem zugleich ein großer Teil von der blendend verdienenden Rüstungsindustrie wieder abgegriffen und in den Finanzsektor verschoben werden kann. Wo wäre der Binnenmarkt der USA, würden statt 600 Milliarden Dollar nur 100 Milliarden2 aus dem Militärhaushalt hineingepumpt? Das würde – mit den Folgewirkungen in der Zivilwirtschaft - ungefähr 8 Millionen Arbeitsplätze kosten.

Andererseits müssen neue Investitionsmöglichkeiten außer Landes gefunden und geschaffen werden, es müssen auch Menschen fremder Staaten in die Pflicht genommen werden, sich beim westlichen Finanzsektor zu verschulden, nur, damit über die neuen Kredite die alten, im eigenen Bereich aufgelaufenen Schulden noch bedient werden können.

Vasallenstaaten, wie Deutschland, kann schlicht befohlen werden, sich an der Rettung des Finanzsektors zu beteiligen. Wie kamen denn die vielen Schrottpapiere aus dem Subprime Sektor in die Bücher deutscher Banken? War das nur die Blödheit unserer Banker? Sicherlich nicht. War es nur die Blindheit unserer Regierung? Sicherlich nicht.

Der westliche Finanzsektor ist in sich so verflochten, dass sogar ein ehemaliger Direktor des größten Finanzhauses der

2 Zum Vergleich: Russland gibt jährlich umgerechnet weniger als 70 Mrd. Dollar für das Militär aus.

Welt ohne erkennbaren Widerstand aus der EU zum Chef der Europäischen Zentralbank ernannt werden konnte.

Und so hat der westliche Finanzsektor durch die Inszenierung einer Krise dafür gesorgt, dass Teile der von den US-Bürgern nicht mehr tragbaren Verschuldung auf die Bürger Europas überwälzt wurden. Es hat doch hervorragend funktioniert!

Die deutsche Regierung wird dazu wohl die dringende Empfehlung erhalten haben, die Bankenrettung zu unterstützen, statt sich dagegen zu stellen. Die deutsche Regierung wird auch die dringende Empfehlung erhalten haben, unbedingt den US-dominierten Internationalen Währungsfonds mit in die Troika aufzunehmen, um gegenüber Staaten wie Griechenland einen harten Verhandlungspartner an Bord zu haben, der sich nicht dem Gedanken europäischer Solidarität verpflichtet fühlt.

So ist denn auch alles - nach ein paar verbalen Verrenkungen für das Publikum - glatt und geräuschlos über die Bühne gegangen. Deutschland schultert rund ein Drittel, die übrigen Staaten der Euro-Zone teilen sich zwangsläufig den Rest, weil das Schwergewicht Deutschland die Richtung vorgegeben hat, und jede Weigerung unmittelbar das beschert hätte, was den Griechen wiederfahren ist.

Noch mehr neue Investitionsmöglichkeiten bieten sich aber überall da, wo eine bestehende Infrastruktur durch einen Bombenkrieg ebenso zerstört wurde, wie die bestehenden Besitzverhältnisse. Nirgend kann so viel – mit großzügig vergebenen Krediten des Finanzsektors – in so kurzer Zeit mit so hohen Gewinnen wieder

aufgebaut werden, wie in einer vom Krieg vollständig zerstörten Gegend! Und wenn dann auch noch Bodenschätze in die Verfügungsgewalt westlicher Unternehmen übergehen, dann sprudelt sogar wieder die Geldquelle - und dafür muss sich dann das Ausland verschulden. Pech gehabt. Ihr hättet ja einfach nur beim Krieg mitmachen müssen, dann hättet ihr euch über eure Banken auch einen Teil der Liquidität aus der Neuverschuldung sichern können!

Der Begriff „Neue Aufschuldungsgebiete“ trifft den Nagel auf den Kopf. Die einen müssen ihre neuen Aufschuldungsgebiete mit Krieg überziehen, um sie gefügig zu machen, während andere mit der Erweiterung eines gemeinsamen Wirtschaftsgebietes um immer neue Mitgliedsstaaten das gleiche Problem lösen. Die EU-Osterweiterung hat Millionen neuer Schuldner in die Arme des westlichen Finanzsektors getrieben. Die Aufnahme der Türkei, die jetzt noch von vielen abgelehnt wird, wird zwangläufig kommen müssen, wenn das Kreditgeldsystem der Euro-Zone wieder vor dem Kollaps steht.

Ende der Fahnenstange?

Nein.

Es gibt noch eine Steigerung. Wir sind schon mitten drin, aber kaum jemand bemerkt die finale Ekstase des Raubzugs des Finanzsektors.

 

Mehr dazu demnächst im vierten Teil.

Die Steuerung dankt dem Autor für das Veröffentlichungsrecht:  http://www.egon-w-kreutzer.de
 
Egon W. Kreutzer: Wenn Denken schwer fällt, Teil II Drucken E-Mail

Wenn Denken schwer fällt Teil II

 

Egon W. Kreutzer, Paukenschlag an Christi Himmelfahrt, 5. Mai 2016

Wenn Denken schwer fällt Teil II

Im ersten Teil dieser Aufsatzreihe ging es um den Krieg und um das Haben: Um das Mehr-Haben und das Weniger-Haben und die daraus ableitbare Unterscheidung zwischen Siegern und Besiegten.

Das zu erkennen ist wichtig, um überhaupt weiterdenken zu können, denn das Denken fällt nun einmal schwer, solange der Rahmen des Denkens so abgesteckt ist, dass Teile der Re- alität, Teile der Chancen und Möglichkeiten unsichtbar bleiben. Die hohe Mauer, die am Weiterdenken hindert, hat viele Namen. Einer davon lautet: „Jeder ist seines Glückes eigener Schmied.“ Ein anderer Name für dieses Denkhindernis ist: „Wir leben in einem Rechtsstaat.“

Nichts von beidem ist so uneingeschränkt wahr, wie es klingt.

„Rechtsstaat“ gibt sich den Anschein, nach Gerechtigkeit zu klingen, dabei handelt es sich nur um einen Gesetzesstaat und bei den Gesetzen handelt es in der Regel um die Beschreibung von Privilegien, selbst dann, wenn es sich um Strafgesetze handelt. Deutlich wird dies allerdings nur, wenn man Gesetze vergleichbaren Inhalts nebeneinander stellt.

Diebstahl ist verboten. Selbstverständlich. Selbst wenn die Kassiererin in einem Supermarkt einen vom Kunden nicht mitgenommenen Leergut-Bon für sich behält, bestiehlt sie ihren Arbeitgeber, wird nach Arbeitsrecht, mit Entlassung bestraft1 und ggfs. auch noch nach dem Strafrecht wegen Diebstahls oder Unterschlagung oder Vertrauensmissbrauch im besonders schweren Fall.

Wenn ein Großkonzern seine Steuern auf in Deutschland erzielte Gewinne lieber in Luxemburg zahlt, also den Staat um viele Millionen bestiehlt, ist das selbstverständlich kein Diebstahl, sondern lediglich Steuervermeidung. In der Unternehmenszentrale und in der Regierung ärgert man sich dann darüber, dass diese „vollkommen legale, privilegierte“ Handlung plötzlich von Whistle-Blowern in den Ruch des Unrechts gesetzt wird. Man ärgert sich vor allem auch darüber, dass die Bevölkerung sich erregt und eine Änderung fordert, für die doch bei Lichte gesehen, keinerlei Bedarf besteht. Also stellt man diejenigen, welche die Unterlagen beschafft und öffentlich gemacht haben vor Gericht2, ebenfalls wegen Diebstahls und Unterschlagung und wegen des Verrats von Geschäftsgeheimnissen. Außerdem überlegt man so lange und so gründlich wie möglich, ob man die Rechtslage tatsächlich ändern müsse und hofft darauf, dass das Publikum den Skandal vergessen haben wird, bevor man etwas tut. Wenn es jedoch vollkommen unumgänglich scheint, etwas zu ändern, lässt man von spezialisierten ausländischen Anwaltskanzleien eine neue Regelung formulieren, die der alten wirkungsgleich ist, und verkauft diese dann im nächsten Wahlkampf als Fortschritt, Gerechtigkeit und demokratische Großtat.

1 Der Fall der Kassiererin Emmely ging durch alle Instanzen. Erst das Bundesverfassungsgericht befand die Kündigung als unwirksam. Nach 30-jähriger Betriebszugehörigkeit, wäre eine Abmahnung ausreichend gewesen. Wie hätte das Verfassungsgericht wohl bei 25, 15 oder 5 Jahren geurteilt? Und, welche Supermarktkassiererin schafft den Weg durch alle Instanzen?

2 Antoine Deltour, der die Deokumente zur Luxleaks-Affäre an die Presse weitergab, steht inzwischen vor Gericht und muss mit einer Haftstrafe rechnen!

Genau das ist der Rechtsstaat. Wie im Mittelalter gilt auch heute: „Die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen.“

Es ist alles gesetzlich geregelt. Daran besteht kein Zweifel. Es wird, wenn Klage erhoben wird, auch geurteilt, in diesem Rechtsstaat. Es sei denn, der Beklagte bietet einen „Deal“ an. Auch das ist selbstverständlich gesetzlich geregelt. Dumm nur, dass die Verkäuferin nicht in der Lage ist, aus ihrer Portokasse ein Bußgeld von 100 Millionen Dollar zu entnehmen und damit ihren Prozess ebenso elegant beenden zu können, wie es zum Beispiel Bernie Ecclestone, dem Formel1 Tycoon möglich war. Dessen Bestechungsprozess vor dem Landgericht München wurde im August 2014 gegen die Zahlung dieser Summe eingestellt.

Damit so etwas gelingen kann, hat man dieses Privileg in §153 der Strafprozessordnung festgeschrieben, was den Vorteil hat, dass demjenigen, der den 153 in Anspruch nimmt, zugleich eine „geringe Schuld“ attestiert wird.

Stellen Sie sich vor, der Pflichtverteidiger einer angeklagten Minijobberin, der wegen selbstverschuldeter Arbeitslosigkeit (Diebstahl im Wert von 1,30 Euro) auch noch das Arbeitslo- sengeld verweigert wird, böte Staatsanwalt und Richter an, das Verfahren gegen ein Bußgeld in Höhe von 5 Euro-Cent einzustellen. Das Gericht könne dem Staat dadurch ein Vielfaches an Verfahrenskosten ersparen, und die geringe Schuld sei schließlich offensichtlich.

Die Antwort wäre ein schallendes Gelächter und vielleicht sogar ein Platzverweis für den Anwalt, weil er mit diesem Vorschlag nämlich die Würde des Gerichts beschädigt hätte.

„Da könnte ja jeder kommen...“, heißt es dann. Nein, jeder darf nicht kommen. Nur diejenigen, denen solche Privilegien offen stehen.

Der Gesetzesstaat ist kein Gerechtigkeitsstaat, der Gesetzesstaat ist in aller Regel ungerecht, er urteilt mit zweierlei Maß, weil schon die Gesetze nach zweierlei Maß geschrieben sind.

Jetzt fällt Denken nicht nur schwer, es tut sogar weh.
Denn es gilt nun unweigerlich die Frage zu stellen, wie es denn dazu kommen konnte.

Da baut sich vor uns eine ganze Märchenwelt auf, ein Freizeitpark der Glückseligkeit. Ganz vorne, am Eingang, steht das Grundgesetz. Ein Artikel schöner und reiner als der andere, ein Feenwald, der seine kostbaren Perlen auf tiefgrünen Moospolstern präsentiert. Das Parlament beschließt die Gesetze und wählt die Regierung. Die Regierung hält sich an die Gesetze und tut alles, um Schaden vom deutschen Volke ab- zuwehren und seinen Nutzen zu mehren, die Gerichtsbarkeit und das Parlament kontrollieren die Regierung. „Gewaltenteilung“, säuselt es aus dem Feenwald, „verhindert zuverlässig die Diktatur.“

Ein paar Meter weiter ein monumentaler Felsen, dem ein ebenso monumentaler Quell entspringt.
„Ein Sinnbild für die Demokratie, der Fels ist der Souverän, das Volk. Das strömende Wasser ist des Volkes Wille, der ein kleines Stück weiter, gleich dahinten, die Mühlen des Parlaments antreibt und Buchstabe für Buchstabe in Gesetzesform gießt, was der Souverän beschlossen hat, und“, erläutert der Animateur des Freizeitparks, „sollte jemand diese heimelige Ordnung stören wollen, dann hat der Souverän das Recht mit

seinen Wassermassen alles wegzuspülen, was nicht in seinem Sinne funktioniert und alles wieder neu und gut und richtig aufzubauen. Doch das kommt nie vor, denn in unserer heilen Welt werden alle Attraktionen regelmäßig gewartet und vom TÜV abgenommen, weshalb man die Wasserzufuhr für diesen Felsen auch so begrenzt hat, dass niemals ein Besucher fürchten muss, nass oder gar weggeschwemmt zu werden.“

„Unser heiles Deutschland“, so heißt der Freizeitpark, „lädt ein zum Verweilen, zum Schauen und Staunen, zum Entspannen und abschalten.“

Leider wird „Unser heiles Deutschland“ täglich um 20.00 Uhr geschlossen, und von Ende Oktober bis Anfang April erhält überhaupt niemand Einlass.

Denken Sie nun bitte nicht:

„So war das also alles einmal gedacht!“

So war es nie gedacht. Sie hätten die Etiketten, ganz unten an den Sockeln der Attraktionen lesen sollen. Da steht nämlich überall: „Das Nähere regelt ein Bundesgesetz“, oder „geändert am ...“

Außerdem hätten Sie sich als Andenken an Ihren Besuch im Souvenirshop den Wälzer „Die Fortentwicklung des Grundgesetzes“ kaufen und lesen sollen. Dann wüssten Sie, wie viele unschöne Veränderungen dieses Grundgesetz seit seiner ersten Inkraftsetzung erfahren hat.

Noch spannender ist aber der andere Erzählband, der nur unter der Ladentheke verkauft wird. Der trägt den Titel: „Die Entstehung des Grundgesetzes und sein Zweck“.

Darin erfahren Sie zunächst einmal, was ein Grundgesetz ist. Ein Grundgesetz ist die von Besatzungsmächten verfügte Rechtsgrundlage für die eingeschränkte Selbstverwaltung eines Besatzungsgebietes. Umrandet war das Grundgesetz bei seiner Inkraftsetzung von jeder Menge weiterer Gesetze der Besatzungsmächte, die dem deutschen Recht in jedem Fall vorrangig zur Anwendung zu kommen hatten.

Ein Teil dieser SHAEF-Gesetze wurde im Laufe der Zeit aufgehoben. Zuerst gab es dazu schon 1954 den so genannten „Überleitungsvertrag“. Mit dem Beitritt der Länder Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Mecklen- burg-Vorpommern, die übrigens erst an dem Tag gegründet wurden, an dem sie der BRD beitraten, und dem so genannten 2+4 Vertrag, zwischen den beiden deutschen Staaten und den vier Siegermächten, entfielen weitere besatzungsrechtliche Vorbehalte, bzw. wurden durch wirkungsgleiche, völkerrechtlich verbindliche, zum Teil geheime Verträge ersetzt.

Vermutlich gibt es jedoch sehr viel weniger Deutsche, die überhaupt klar überschauen, wo die Souveränität Deutschands nach der Gesetzes- und Vertragslage aufhört, als Regierungsbeamte in den USA, Großbritannien, Frankreich und Russland, deren einzige Beschäftigung darin besteht, darauf zu achten, dass auch alles so gehandhabt wird, wie es vertraglich geregelt worden ist.

Das Grundgesetz ist entgegen anderslautender Behauptungen nach wie vor keine Verfassung. Es ist also nicht die oberste Ordnung, die sich das deutsche Volk in einem „konstituierenden Akt“ gegeben hat, es ist nicht die von den Deutschen für Deutschland installierte Rechtsordnung, an der sich ein eigenständiger Wertekanon ablesen lässt, es ist immer noch das Recht, das uns die Siegermächte verordnet haben. Das heißt nicht, dass es besonders schlecht oder nachteilig wäre. Hätten wir die Gelegenheit gehabt, uns eine Verfassung zu geben, sie wäre vermutlich gar nicht viel anders ausgefallen, doch diese Gelegenheit wurde uns nicht gewährt, weil „Deutschland“ eben immer noch ein sonderbares Konstrukt ist, dessen schillerndste Verrücktheit jedem, den es interessiert, frei zugänglich ist.

Ich meine die Tatsache, dass die Westsektoren Berlins, der so genannten Hauptstadt Deutschlands, weiterhin nicht Bestandteil der Bundesrepublik Deutschland sind und auch nicht von der Bundesrepublik Deutschland regiert werden.

Lesen Sie die deutsche Übersetzung des Briefes der Drei Mächte vom 8. Juni 1990, der Brief ist auch im französischen Original auf der Internetseite des Innenministeriums zu fin- den. Es handelt sich also nicht um eine Verschwörungstheorie, sondern um die nackte Wahrheit, deren faktische Auswirkungen allerdings geflissentlich im Dunkel gehalten werden.

Hier der Text der deutschen Übersetzung (Hervorhebungen von Egon W. Kreutzer):

Bonn, den 8. Juni 1990
Sehr geehrter Herr Bundeskanzler,

wir möchten Ihnen mitteilen, daß die Drei Westmächte im Lichte der jüngsten Entwicklungen in Deutschland und in der internationalen Lage bestimmte Aspekte ihrer Vorbehalte zum Grundgesetz einer erneuten Prüfung unterzogen haben.

Die Vorbehalte der Drei Westmächte in bezug auf die Direktwahl der Berliner Vertreter zum Bundestag und das volle Stimmrecht der Vertreter Berlins im Bundestag und im Bundesrat, die insbesondere im Genehmigungsschreiben vom 12. Mai 1949 zum Grundgesetz angesprochen sind, werden hiermit aufgehoben.

Die Haltung der Alliierten, "daß die Bindungen zwischen den Westsektoren Berlins und der Bundesrepublik Deutschland aufrechterhalten und entwickelt werden, wobei sie berücksichtigen, daß diese Sektoren wie bisher kein Bestandteil (konstitutiver Teil) der Bundesrepublik Deutschland sind und auch weiterhin nicht von ihr regiert werden", bleibt unverändert.

Wir bitten Sie, Herr Bundeskanzler, die Versicherung unserer ausgezeichnetsten Hochachtung zu genehmigen.

Für die Regierung der Französischen Republik Serge Boidevaix

Für die Regierung des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Nordirland
Sir Christopher Mallaby

Für die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika Vernon A. Walters

Dieser Brief bestätigt nicht nur das Weiterwirken alliierter Vorbehalte bis heute, er sagt damit auch klar und deutlich, warum Deutschland immer noch keine Verfassung haben kann!

Denn wenn Berlin nicht Teil der Bundesrepublik ist, ist das (ganze) deutsche Volk gar nicht in der Lage, sich eine Verfassung zu geben – und selbst wenn die Berliner an einer solchen Verfassung mitwirken würden, wie sie das Grundgesetz vorschreibt, könnte diese ausgerechnet für Berlin gar nicht gelten!

Ich will von der Frage nach den Deutschen in den ehemaligen Ostgebieten Abstand nehmen. Der Vertrag mit Polen, die Anerkennung der Oder-Neiße-Linie als Staatsgrenze steht dem entgegen. Außerdem sind die meisten dieser Deutschen aus den Ostgebieten 1945 und danach entweder gestorben, geflüchtet oder haben die deutsche Staatsangehörigkeit aufgegeben.

Aber der Sonderstatus Berlins steckt immer noch als dicker Stachel im Fleisch dieser Republik. Dem Schreiben der Drei Mächte vom 8. Juni 1990 folgte übrigens am 25.09.1990 ein entsprechender gesonderter Vertrag, das „Übereinkommen zur Regelungen bestimmter Fragen in Bezug auf Berlin“, dessen bloße Existenz deutlich macht, dass (West-) Berlin nach dem Willen der Westmächte weiterhin eine Enklave ist, die nicht zur Bundesrepublik Deutschland gehört, obwohl das Parlament und die Regierung eben da ihren Sitz haben.

Ebenso schmerzhaft für das Weiterdenken ist die Erkenntnis, dass der so genannte „Überleitungsvertrag von 1954“, in dem

die aus Krieg und Besatzung entstanden Fragen in Bezug auf die BRD geregelt wurden, und erhebliche Teile des Besatzungsrechts weiter festgeschrieben wurden, durch den Artikel 7 (2) des 2+4 Vertrages:

„Das vereinte Deutschland hat demgemäß seine volle Souveränität über seine inneren und äußeren Angelegenheiten.“

keineswegs vollständig entfallen ist. Hier geht es allerdings so tief in verklausuliertes Juristendeutsch, dass ich auf die Details an dieser Stelle nicht weiter eingehen will. Nur so viel: Es handelt sich bei den weiter geltenden Bestimmungen des Überleitungsvertrages keinesfalls um wirkungslose Lappalien. Oder können Sie sich vorstellen, dass die Siegermächte ausgerechnet die wichtigen und harten Vorbehalte aufgehoben hätten, aber darauf bestanden hätten, ausgerechnet jene, die für beide Seiten keine faktische Wirkung mehr entfalten, fortgelten zu lassen?

Das Weiterdenken wird gleich noch schwerer fallen. Doch zuvor sollten wir ganz kurz zusammenfassen:

Wir haben weder einen Friedensvertrag, noch eine Verfassung.
Das Grundgesetz gilt nur so weit, wie es von den Alliierten genehmigt und nicht durch Vorbehalte beschnitten wird.

Die West-Sektoren von Berlin gehören weiter nicht zur Bundesrepublik Deutschland und werden nicht von ihr regiert.

Was wählen wir also, wenn wir die Abgeordneten des Deutschen Bundestages wählen?

Ganz richtig, wir wählen – nicht aus unserer Mitte, sondern aus dem Spitzenpersonal der Parteien – diejenigen Frauen und Männer, die uns im Gesetzgebungsprozess vertreten (sollten) und die tatsächlich nur ihrem Gewissen verantwort- lich sind. Wobei niemand einem Abgeordneten vorschreiben kann, ob sein Gewissen rumort, wenn am Wohle des Volkes geschnippelt wird oder wenn das Wohl seiner Partei gefährdet wird.

Stellen wir uns in einer utopischen Ausblendung der Wirklichkeit vor, der Deutsche Bundestag würde tatsächlich stets genau die Gesetze machen, die sich eine demokratische Mehrheit der Wahlberechtigten wünscht. Stellen wir uns vor, eines dieser Gesetze würde die fortgeltenden Regelungen des Besatzungsrechts berühren, zum Beispiel, indem es die Regierung zwingt, die sofortige und vollständige Rückholung des Bundesbankgoldes aus den USA einzuleiten.

Da gäbe es einen Verstoß gegen die Absätze 1 und 3 im Arti- kel 3 des Überleitungsvertrages von 1954, die nach Maßgabe des 2+4 Vertrages weiterhin in Kraft sind. Dort heißt es (Her- vorhebungen von Egon W. Kreutzer):

(1) Die Bundesrepublik wird in Zukunft keine Einwendungen gegen die Maßnahmen erheben, die gegen das deutsche Aus- lands- oder sonstige Vermögen durchgeführt worden sind oder werden sollen, das beschlagnahmt worden ist für Zwecke der Reparation oder Restitution oder auf Grund des Kriegszustan- des oder auf Grund von Abkommen, die die Drei Mächte mit anderen alliierten Staaten, neutralen Staaten oder ehemaligen Bundesgenossen Deutschlands geschlossen haben oder schlie- ßen werden.«

»(3) Ansprüche und Klagen gegen Personen, die aufgrund der in Absatz (1) und (2) dieses Artikels bezeichneten Maßnahmen Eigentum erworben oder übertragen haben, sowie Ansprüche und Klagen gegen internationale Organisationen, ausländische Regierungen oder Personen, die auf Anweisung dieser Organi- sationen oder Regierungen gehandelt haben, werden nicht zu- gelassen.«

Das ist klar und deutlich. Die Goldrückholung wäre ein Gesetz, das nur mit Genehmigung der Alliierten vollzogen werden könnte, weshalb ein solches Gesetz, selbst wenn es beschlossen würde, von der Regierung nicht umgesetzt werden dürfte.

Wenn wir also einen Deutschen Bundestag wählen und dieser Deutsche Bundestag einen Bundeskanzler wählt, dann hat dieses Amt eine Person inne, deren Befugnisse vom Besat- zungsrecht abgesteckt sind und die letztlich nur als ein von der deutschen Bevölkerung frei gewählter Statthalter der Siegermächte handeln darf.

Im Lichte dieser Erkenntnis macht die so genannte „Kanzlerakte“, die angeblich jeder frisch gewählte Bundeskanzler zu unterschreiben hat, durchaus Sinn. Wenn es auch nur einen einzigen Beleg für ihre Existenz gibt, sollte doch auch bedacht werden, dass die Siegermächte nicht davon ausgehen können, dass ein deutscher Bundeskanzler bei Amtsantritt tat- sächlich über seine Rolle vollständig im Bilde ist.

Egon Bahr erinnert sich in einem Artikel der Wochenzeitschrift ZEIT vom 14. Mai 2005 an den Amtsantritt Willy Brandts als Bundeskanzler im Jahre 1969. Ich zitiere hier nur kurz:

Brandt war wichtiger, zu berichten, was ihm »heute passiert« war. Ein hoher Beamter hatte ihm drei Briefe zur Unterschrift vorgelegt. Jeweils an die Botschafter der drei Mächte – der Vereinigten Staaten, Frankreichs und Großbritanniens – in ihrer Eigenschaft als Hohe Kommissare gerichtet. Damit sollte er zustimmend bestätigen, was die Militärgouverneure in ihrem Genehmigungsschreiben zum Grundgesetz vom 12. Mai 1949 an verbindlichen Vorbehalten gemacht hatten. (...) Brandt war empört, dass man von ihm verlangte, »einen solchen Unterwerfungsbrief« zu unterschreiben. Schließlich sei er zum Bundeskanzler gewählt und seinem Amtseid verpflichtet. Die Botschafter könnten ihn wohl kaum absetzen! Da musste er sich belehren lassen, dass Konrad Adenauer diese Briefe unterschrieben hatte und danach Ludwig Erhard und danach Kurt Georg Kiesinger . Dass aus den Mili- tärgouverneuren inzwischen Hohe Kommissare geworden waren und nach dem sogenannten Deutschlandvertrag nebst Beitritt zur Nato 1955 die deutsche Souveränität verkündet worden war, änderte daran nichts. Er schloss: »Also habe ich auch unterschrieben« – und hat nie wieder davon gesprochen.

Im gleichen Zusammenhang interessant ist die parlamentarische Anfrage des Abgeordneten Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Inwieweit trifft die Behauptung des früheren Chefs des Amtes für Sicherheit der Bundeswehr (ASBW) und Präsidenten des Amtes für den Militärischen Abschirmdienst Gerd-Helmut Komossa zu („Die deut- sche Karte – Das verdeckte Spiel der geheimen Dienste“, 2. Auflage 2008, S. 21 f.), wonach die alliierten Siegermächte in „Geheimer Staatsvertrag vom 21. Mai 1949“ Deutschland kurz vor der Grundge- setzverabschiedung Souveränitätsvorbehalt bis 2099 u. a. „über deutsche Zeitungs- und Rundfunkmedien“ auferlegt hätten, die deutschen Goldreserven weiter gepfändet hielten sowie jeden künftigen Bundeskanzler vor dessen Amtseid zur Unterzeichnung einer sog. Kanzlerakte verpflichtet hätten, und was beinhalten etwaige diesbezügliche Vorbehaltsrechte der Alliierten insgesamt?

Darauf antwortete Peter Altmaier, damals Parlamentarischer Staatssekretär, am 18. Februar 2009 (Hervorhebungen von Egon W. Kreutzer):

Ein geheimer Staatsvertrag dieser Art existiert nicht. Im Übrigen sind mit dem am 15. März 1991 in Kraft getretenen Vertrag vom 12. September 1990 über die abschließende Regelung in Bezug auf Deutsch- land (sog. Zwei-plus-Vier-Vertrag) (BGBl. 1990 II S. 1317) sämtliche alliierten Rechte und Verantwortlichkeiten in Bezug auf Berlin und Deutschland als Ganzes beendet worden.

Dies Antwort mag formaljuristisch „wahr“ sein. Im Sinne der Fragestellung des Abgeordneten Ströbele würde ich sie jedoch als „verschleiernd“ einordnen. Eine dem Fragesinn entsprechende Antwort hätte auf die Wirkungen der im 2+4 Ver- trag als „von der Suspendierung ausgenommen“ gekennzeichneten Vorschriften aus dem Überleitungsvertrag hinweisen müssen. Zudem ist festzuhalten, dass die Existenz eines geheimen Staatsvertrages oder eine sonstige geheime Regelung in Bezug auf die so genannte Kanzlerakte, zum Zwecke der Geheimhaltung bestritten werden muss. Mag auch sein, dass selbst Peter Altmaier persönlich keine Kenntnis davon hatte, da die Kanzlerakte offenbar jeweils nur dem gerade frisch gewählten Bundeskanzler überhaupt vorgelegt wird.

Wenn dem so ist, und die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dann muss dem neuen Bundeskanzler am ersten Tag im Amt unmissverständlich klar gemacht, wer der Herr im Hause ist, und dass er, sollte er gegen die Spielregeln verstoßen, durchaus mit Konsequenzen für sich und Deutschland zu rechnen habe. Zu den Spielregeln gehört dann sicherlich auch die Verpflichtung, über diesen Vorgang lebenslänglich Stillschweigen zu bewahren. Auch Brandt hat sich ja nur ein einziges Mal verplappert.

Denkt man diesen Gedanken einen Schritt weiter, bleibt nur die Erkenntnis übrig, dass in Deutschland niemand die Regie- rungsverantwortung übernehmen kann, der den USA, aus welchen gewichtigen Gründen auch immer, für die Rolle ihres Statthalters in Deutschland nicht geeignet erscheint.

Tut es schon richtig weh?

Dann drehen wir die Mutter noch ein bisschen fester auf die Daumenschraube und halten fest:

Deutschland hat keinen Friedensvertrag. Mit einem Friedens- vertrag würden die Vorbehalte der Alliierten, sowohl in Bezug auf Deutschland, als auch in Bezug auf Berlin entfallen müs- sen. Verhandlungen über einen Friedensvertrag könnte je- doch nur die Regierung der Bundesrepublik Deutschland führen, wenn ihr denn zugestanden würde, ganz Deutschland zu vertreten. Ausgerechnet Berlin kann die Regierung der BRD aber nicht vertreten. Zudem ist die Bundesregierung gerade in dieser essentiellen Frage nur eine Art Hofnarr der USA, der zwar in intern-deutschen Angelegenheiten weitgehend Narrenfreiheit genießt, der aber ganz genau weiß, dass er blitzartig abgesägt würde, wollte er in dieser Frage ernsthaft aktiv werden.

Wie viele Gesetze, wie viele Regierungsaktivitäten, ein- schließlich der Mitwirkung in den EU-Gremien, auf Basis dieser Konstellation dem von den USA, Großbritannien und Frankreich geforderten Wohlverhalten geschuldet sind, muss im Reich der Spekulation bleiben. Wir wissen es nicht, und wir werden es vor dem Ende des nächsten Weltkriegs wohl auch nicht erfahren, so wir ihn denn überleben und es irgendwie geschafft haben sollten, auf der Seite der Sieger zu stehen.

Beides ist unwahrscheinlich. Begründung: siehe oben.

Nehmen Sie also jetzt die blaue Pille. Dies ist die letzte Chance zur Rückkehr in den Freizeitpark der Glückseligen.

Sollten Sie sich für die rote Pille entscheiden, entscheiden Sie sich damit für ein Leben in vollständiger Erkenntnis der Matrix, von der unser aller Leben durchwoben ist. Sie entscheiden sich dafür, um ihr Leben gegen die Matrix zu kämpfen, weil sie viel zu viel wissen und verstanden haben.

Überlegen Sie es sich gut. Die rote Pille steckt im dritten Teil der Folge „Wenn Denken schwer fällt“. Er wird erscheinen, wenn wieder ein Feiertag auf einen Donnerstag fällt.

 

Es ist Fronleichnam, der 26. Mai 2016. Denken Sie sich schon mal hin.

Dieser Artikel wurde der Steuerinitiative freundlicher Weise von Egon W. Kreutzer zur Verfügung gestellt. Egon W. Kreutzer ist Verleger (www.ewkshop.de) und Publizist (http://www.egon-w-kreutzer.de)

 

 
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