Aktuelles Thema, 22.5.2019: Van der Bellen bleibt einiges schuldig Drucken

Bundespräsident Van der Bellen hat zur Zeit wahrlich kein leichtes Amt inne. Allerdings gibt die österreichische Verfassung in der jetzigen Situation den zu beschreitenden Weg ganz klar vor.

Umso mehr überrascht es, dass der Bundespräsident in seinen Reden den Anschein erweckt, die Expertenregierung unter einem Bundeskanzler Kurz sei die einzige Regierungsoption. Mit keinem Wort erwähnt Van der Bellen in seinen Reden, dass es nun die Aufgabe des Nationalrates sei, diesen Regierungsvorschlag zu bestätigen oder auch nicht. Gerade dieses Wechselspiel zwischen der Aufgabe des Bundespräsidenten, der Regierung und des Nationalrates ist in der derzeitigen Situation das A und O unserer Verfassung. Mit keinem Wort erwähnt er, dass dies ein völlig normaler Vorgang im Rahmen unserer Verfassung sei. Vielmehr erweckt er bei all seinen Auftritten den Anschein als wäre dieses Kabinett unter Kurz die einzige Option für unser Land. Noch dazu hat es der Herr Bundespräsident sozusagen live miterlebt, auf welche Art und Weise der Bundeskanzler seit Bekanntwerden des Videos mit allen taktischen Mitteln um sein politisches Überleben gekämpft hat. Und da stellt er sich nun hin und präsentiert diesen Mann gleichsam als die einzige Führungspersönlichkeit für unser Land! Ist es tatsächlich so schlecht um uns bestellt?

Ebenso wirkt es befremdend, wenn die höchste politische Autorität im Lande davon spricht, dass die meisten Politiker in diesem Lande das Leben aller verbessern wollten, bekommt doch der Staatsbürger gerade in der derzeitigen Situation ein gänzlich anderes Bild von Politikertätigkeiten geliefert: ein Bild, welches in allen Parteien von Strategiedenken zum eigenen Vorteil und von Machtdenken gezeichnet ist, bei welchem das Wohl der Bürger sekundär ist.

Die Zuversicht Van der Bellens, das werde man schon hinkriegen, das sei etwas typisch Österreichisches, weist wenig Beruhigendes auf. Vielmehr ist diese Aussage ein Verweis darauf, dass der Bürger versichert sein könne, dass auch in dieser Angelegenheit vieles vertuscht und niemals aufgearbeitet werden wird. Denn gerade darin lag und liegt ja das typisch Österreichische in solchen Fällen, egal ob es sich dabei um den BAWAG-Skandal, den Eurofighter-Skandal usw. handelte.

 

Statt die Österreicher auf diese Art und Weise beruhigen zu wollen, hätte ich mir vom Bundespräsidenten wenigstens einige Worte zur lückenlosen Aufklärung der Ereignisse und des Sachverhalts erwartet sowie eine klare Information für die Bürger, die Möglichkeiten betreffend, welche unsere Verfassung im konkreten Fall bietet. Das sollte man von einer moralisch integren 1. Persönlichkeit in diesem Staat einfordern dürfen, zumindest dann, wenn es ihr ein tatsächliches Anliegen ist, den politischen Sumpf in diesem Lande trockenzulegen. Aber leider ist das so nicht geschehen.