Woko vom 20.5.: Lehrlinge im Asylverfahren gefährden keinen Rechtsstaat Drucken

 

Geht es um den Status von Flüchtlingen, setzt diese Regierung bestehende Gesetze gnadenlos um bzw. sie schafft neue, um Asylsuchenden das Leben in Österreich zu erschweren. Unter anderem geht es dabei auch um die Gepflogenheit der Regierung, Flüchtlinge, die gerade eine Ausbildung in einem Mangelberuf absolvieren, bei einem negativen Asylbescheid unverzüglich abzuschieben.

Die Möglichkeit, in einem Mangelberuf eine Lehre zu absolvieren, besteht für Asylsuchende seit 2015. Ganz uneigennützig ist das Angebot natürlich nicht, denn - wie die Bezeichnung „Mangelberuf“ schon verrät - unsere Wirtschaft benötigt nämlich dringend Arbeitskräfte in gewissen Bereichen, welche jährlich auf Grundlage der Mangelberufsverordnung des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz erstellt wird. Da finden sich für 2018 beispielsweise Mangelberufe wie

Dreher, Dachdecker, Fliesenleger, Bautischler, Schweißer, Zimmerer, diplomierte Gesundheits- und Krankenpfleger u.a.m.

Die österreichische Politik hat es seit Jahren verabsäumt dafür Sorge zu tragen, dass solche Mangelberufe nicht entstehen. Sie muss sich den Vorwurf gefallen lassen, im bildungs- und ausbildungspolitischen Bereich die für den Arbeitsmarkt notwendigen Weichenstellungen verabsäumt zu haben. Und das in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit!

Durch die Einführung der Rot-Weiß-Rot-Karte ist nun selbst Drittstaatsangehörigen, also Bürgern außerhalb der EU, ein Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt möglich. Warum sollte es daher nicht möglich sein, dass den sich in einer Lehrausbildung befindenden Asylwerber, also jene, die bereits gut integriert sind, trotz eines negativen Asylbescheides der Abschluss ihrer Lehre gestattet wird.

In Deutschland ist das eine Selbstverständlichkeit. Mehr noch, sie dürfen dort nicht nur ihre Lehre abschließen, sondern sie können darüber hinaus noch weitere zwei Jahre im Betrieb arbeiten. Das ist nicht nur human, das ist vernünftig.

Aber Österreich ist anders. Hier beruft sich eine FPÖ-Außenministerin im Falle von negativen Asylbescheiden von sich in Ausbildung befindenden Asylanten auf den Rechtsstaat und schiebt diese ab. Das ist nicht nur weniger human, das ist auch unvernünftig. Denn es bedeutet nicht nur, dass Betriebe das in die Ausbildung von Jugendlichen investierte Geld beim Fenster hinausschmeißen, es bedeutet auch, dass sie sich wieder auf die Suche nach Mangelfachkräften machen müssen, und das mitunter wiederum in Drittländern.

Selbstverständlich ist ein Asylverfahren, wie Kneissl sagt, ein „rechtsstaatliches Verfahren“, auch wenn es nach wie vor zu lange dauert. Trotzdem hindert die Regierung niemand daran, für die genannten Fälle aufenthaltsrechtliche Lösungen zu finden, damit die Betroffenen ihre Ausbildung zumindest abschließen können. Den Rechtsstaat gefährdet eine solche Lösung in keiner Weise.