Woko vom 22.2.2015: Die SPÖ und ihr strategisches Dilemma Drucken

 

Im September 2014 erklärte Bundeskanzler Faymann das Steuerreformkonzept des ÖGB zur offiziellen Parteilinie. Dieses sieht eine Gegenfinanzierung der Lohnsteuersenkung u.a. durch die Besteuerung von Vermögen in der Höhe von ca. 2 Milliarden Euro vor.

Vor zwei Tagen nun hat, angeregt durch einen Vorstoß des Wiener Bürgermeisters Häupl, die SPÖ sich von der Besteuerung von Vermögen verabschiedet. Nach Monaten einer SPÖ-Kampagne zur Vermögensbesteuerung fordert die Partei plötzlich nur mehr eine Besteuerung der Vermögenszuwächse im Rahmen der Verhandlungen um die Steuerreform mit dem Regierungspartner ÖVP.

Besteuert man Vermögen, dann besteuert man im Wesentlichen die Vermögenssubstanz. Dass die SPÖ diese Art von Besteuerung jenseits einer Freigrenze von 1 Million anstrebte, hat seinen Hauptgrund in der inzwischen oftmals nachgewiesenen ungerechten Vermögens- und Einkommensverteilung innerhalb der Bevölkerung, im Auseinanderdriften von Einkünften aus Arbeit und jenen aus Kapital, aber auch darin, dass Österreich bei den vermögensbezogenen Steuern innerhalb der OECD-Staaten nach wie vor weit nachhinkt.

Aber nun hat die SPÖ diese Forderung, mit der sie unter anderem auch schon in die letzten Nationalratswahlen gezogen war, aufgegeben. Warum? Weil die ÖVP eine Vermögensbesteuerung kategorisch ablehnt.

Allerdings ist das nicht neu. Sowohl Spindelegger als auch Mitterlehner haben immer wieder unmissverständlich klar gemacht, dass sie für eine Besteuerung von Vermögen nicht zu haben sind. Und die Partei ist diesem Grundsatz treu geblieben.

Anders ist das bei der SPÖ. Sie taumelte schon bisher von einem Besteuerungsvorschlag von Vermögen zum anderen, ließ eine klare Linie in dieser Frage vermissen und gibt nun diese Zentralforderung ihrer Politik endgültig auf. Zu stark scheint die Angst davor zu sein, die Regierung könnte an dieser Frage auf Grund der Grundsatztreue der ÖVP zerbrechen und Neuwahlen könnten sowohl dem Regierungspartner als auch der FPÖ mehr zugute kommen als einer längst angeschlagenen SPÖ unter Faymann.

Tatsächlich wäre der Hickhack-Kurs der SPÖ in der Frage der Vermögensbesteuerung keine Wahlempfehlung für eine Neuwahl. Tatsächlich muss der Wiener Bürgermeister Häupl bei den bevorstehenden Wienwahlen befürchten, die Zeche für diese Politik zu bekommen und den Bürgermeistersitz zu verlieren. Man kann mit dieser Politik vielleicht versuchen an den Schaltzentralen der politischen Macht geduldet zu werden, ob man durch die Aufgabe von zentralen Parteiforderungen auch Wahlen gewinnen kann, darf bezweifelt werden.

Die SPÖ hat mehrere strategische Fehler begangen. Einerseits hat sie einen Koalitionspakt geschmiedet, in welchem von Anbeginn klar war, dass sie sich in wesentlichen Frage der Steuergesetzgebung nicht wird durchsetzen können. Andererseits hat sie - wie bereits erwähnt - ein klares Konzept vermissen lassen.

Den größten strategischen Fehler hat sie aber begangen, weil sie es verabsäumt hat in einer wesentlichen Zukunftsfrage das Volk selbst in die Entscheidung darüber einzubinden. Das Ergebnis einer Volksabstimmung über die Einführung von Vermögenssteuern wäre im Falle einer Zustimmung der Bevölkerung auch für die ÖVP bindend gewesen und hätte zudem der SPÖ-Forderung eine besondere Art von Legitimation eingebracht - den Willen des Volkes. Aber nach zahlreichen bewusst versäumten Volksabstimmungen wie etwa über den Vertrag von Lissabon scheint es nun zum wiederholten Male so, als würde sich auch diese Partei in wesentlichen Fragen vor der Stimme des Volkes fürchten. Wie sehr sich das auf die nächsten Wahlergebnisse der SPÖ auswirken wird, wird die Zukunft zeigen. (Gerhard Kohlmaier)