Woko vom 8.2.2015: Schuldentrickserei ist nicht nur ein griechisches Problem Drucken

 

 

Während zahlreiche europäischen Politiker mit dem Finger auf das griechische Schuldenproblem zeigen, laufen sie zur Höchstform auf, wenn es darum geht, die eigenen Bilanzen zu schönen.

Jahrelang regten sich die Politiker Zentraleuropas über die gefälschten griechischen Budgetzahlen auf. Und was tun sie selbst? Wie sieht denn ihr Haushalt aus, zum Beispiel in Österreich?

Laut Statistik Austria betrugen die österreichischen Staatsschulden im 3. Quartal 2014 80,7% des BIP oder 264,5 Milliarden Euro, also ein statistischer Rückgang im Vergleich zum 2. Quartal 2014, wo sie noch bei 82,6% lagen.

Allerdings sind in dieser Statistik jene Milliarden, die uns alleine das HYPO-Debakel kosten wird, nicht enthalten. Ebensowenig beinhaltet die Statistik die Kosten der drei ÖBB-Tunnel-Projekte, die alleine in den nächsten Jahren bis zu 15 Milliarden verschlingen werden. Und selbstverständlich fehlen in der Bilanz auch sämtliche staatliche Haftungen (Landeshaftungen, Rettungsschirme, EFSF, ESM usw.), wobei Österreich nach einer Eurostat-Studie zu den Ländern innerhalb der EU gehört, wo diese Haftungen am höchsten sind.

Wie hoch diese Verbindlichkeiten genau sind, weiß niemand so recht. Im Jahr 2012 rechnete man laut innerösterreichischen Studien, dass diese Haftungen insgesamt bei etwa 160 Millarden liegen würden („In Österreich tickt eine Haftungsbombe“, Die Presse, 27.7.2012).

Ende Jänner berichtete nun der Rechnungshof, welcher die Haftungsobergrenzen der Länder überprüfte, dass diese zum Teil 70 bis 75% ihrer übernommenen Haftungen einfach „unter den Tisch fallen“ lassen (Die Presse, 30.1.2015). Die Prüfung ergab, dass ca. 50 Milliarden an Länderhaftungen überhaupt nirgends aufscheinen.

Wir müssen wohl damit rechnen, dass noch weitere Milliardenbeträge, von denen die Steuerzahler bislang nichts wissen, zu den Verbindlichkeiten der Republik gehören. Wie hoch daher der tatsächliche Schuldenberg des österreichischen Staates ist, wissen wir nicht. Auf jeden Fall ist er wesentlich höher, als uns die Statistiken Glauben machen. Griechenland ist auch bei uns. Wir alle haften dafür. Es wäre höchst an der Zeit, dass Politiker bzw. deren Parteien für Entscheidungen zu haften haben, welche uns Stück für Stück ins Verderben führen. (Gerhard Kohlmaier)