Woko vom 24.11.: Über die Schwierigkeit des sich Zurechtfindens in der modernen Welt Drucken

 

Das sich Zurechtfinden in der modernen Welt der schnellen Datenübertragung wird zunehmend mühsamer. Haben sich die Menschen früher ein Urteil auf Grund von eigenen Erfahrungen in der Auseinandersetzung mit der Natur und Umwelt gebildet, so ist der moderne Mensch zum Großteil von diesen, aber auch von seinem eigenen Tun entfremdet.

Ersatz für diese Defizite bieten ihm die modernen Medien, welche ihn mit einer Fülle von Informationen zu diversen Themenbereichen regelrecht zuschütten. Allerdings stehen diese Informationen so gut wie immer im Interesse von großen Konzernen und Lobbyisten, welche diese gezielt einsetzen, um die Menschen zu einem erwünschten (Kauf)Verhalten zu bewegen. Oder aber es handelt sich dabei schlicht und einfach um Meinungen, die unüberprüft übernommen, im Internet gestreut werden und den Meinungsbildungsprozess des Einzelnen - abhängig von seinem Bildungsgrad - nicht unwesentlich beeinflussen und schließlich unter dem Deckmantel demokratischer Mitbestimmung ihr Unwesen treiben.

Hinzu kommt, dass es auf Grund der Fülle von sich einander widersprechenden Informationen im Netz für den Einzelnen immer schwieriger wird, sich ein Bild von den tatsächlichen Gegebenheiten zu machen.

Nehmen wir als Beispiel die E-Mobilität, also die Frage, ob angesichts der gegebenen Klimaproblematik Elektrofahrzeuge eine tatsächliche Alternative zu den mit Verbrennungsmotoren betriebenen Fahrzeugen darstellen.

Dazu finden sich im Netz tausende von Artikeln, sowohl für als auch gegen die E-Mobilität. Nicht wenige davon stammen von anerkannten Professoren technischer Universitäten, also von anerkannten Fachleuten. Und siehe da: Auch sie kommen zu gänzlich unterschiedlichen Schlüssen. Die einen sehen die Entwicklung von Elektroautos positiv, die anderen lehnen diese Technologie ab. So sehen beispielsweise Forscher der Universität Brüssel und des Münchner Ifo-Instituts die Elektromobilität überwiegend positiv, während sie beispielsweise in der so genannten Schweden-Studie sowie in einer Studie der Universität Heidelberg nicht als Alternative zu Diesel- oder Benzinfahrzeugen gesehen wird. Auch Prof. Jörg Wellnitz von der Technischen Hochschule Ingolstadt kommt in seinen Studien zum Schluss, dass E-Mobilität „überhaupt keinen Sinn macht, wenn man sich alle Aspekte des Themas einmal vor Augen führt“ (https://www.deutschland-kurier.org/professor-der-th-ingolstadt-entlarvt-den-schwindel-um-die-elektromobilitaet-das-e-auto-nuetzt-nur-der-automobilindustrie-aber-nicht-den-kunden/) und hält diese bestenfalls für eine Nischentechnologie.

Wer hat nun recht, welcher Position kann man sich guten Gewissens anschließen?

Setzt man sich mit den Begründungen für ihre Positionen der erwähnten Studien und Autoren gründlich auseinander, so haben sowohl Gegner als auch Befürworter aus ihrer Sicht recht.

Denn einerseits ist diese bestimmt von einer weltanschaulichen Position der Verfasser, andererseits basieren die Schlussfolgerungen auf unterschiedlichen Daten, welche an sich jedoch nicht falsch sind. Es ist eben ein Unterschied, ob man davon ausgeht, dass das private Verkehrsaufkommen in Zukunft zu- oder abnehmen wird, ob man im Bau von Batterien dementsprechende Fortschritte machen wird oder nicht, ob man davon ausgeht, dass man auch in der Zukunft für den Akkubau von Lithium und Kobalt abhängig sein wird,

wie und in welcher Weise man die Entsorgung von Batterien, insbesondere von schwer beschädigten regeln wird, ob man die Reduktion von Schadstoffen mit denen von Benzin- und Dieselautos vergleicht oder ob man diesen Vergleich zum Schadstoffausstoß von Containerschiffen und Flugzeugen zieht, wie dies beispielsweise Prof. Wellnitz macht, ob man bei flächenmäßiger E-Mobilität die Stromnetze, insbesondere in den regionalen Verteilernetzen, ausbaut oder nicht usw.

Tatsächlich ist die Frage, ob eine flächendeckende E-Mobilität möglich ist und Sinn macht, von vielen Faktoren abhängig, von Interessenslagen, aber auch von Erkenntnissen, welche zum einen Teil in den Bereich von technischen, zum anderen Teil in jenen von politischen Entscheidungsprozessen fallen. Es gilt also auch letztere ins Auge zu fassen, will man sich ein Urteil bilden.

Wie man sieht, ist dieser Prozess der Entscheidungsfindung für den Einzelnen also sehr aufwändig. Er setzt einen gewissen Bildungsgrad voraus und nimmt sehr viel Zeit in Anspruch. Da jedoch leider beide Voraussetzungen für den Einzelnen nicht immer gegeben sind, ist es keine Schande, im Zweifelsfall nicht jeder beliebigen Argumentationsstrategie zu folgen, sondern zurückhaltend zu agieren und Fragen zu stellen. Denn letztlich sind es diese Fragen, die uns weiterbringen, nicht aber die vorschnellen Antworten.