Woko vom 12.11.: Österreichs problematische Rolle in Fragen der Steuerhinterziehung Drucken

Panama- und Paradise-Papers, Steuer- und Finanzskandale wie der Hypo-Skandal in Österreich oder der Cum/Ex-Skandal in Deutschland hinterlassen Milliardenlücken in den Steuerkassen der Staaten. Die handelnden Politiker, ob innerhalb der EU oder in den einzelnen Staaten, scheinen dagegen machtlos zu sein. Wahrscheinlicher ist, dass sie längst Teil eines Systems sind, welches sie selbst ermöglicht haben, welches ihnen jedoch weit über den Kopf gewachsen ist und das sie nun gleich Goethes Zauberlehrling nicht mehr los werden. Der Ruf nach dem Meister bleibt jedoch ungehört, denn dieser sitzt längst in den Reihen der Geister. Die Erfolglosigkeit der nationalen sowie der internationalen Politik gegen Steuerhinterziehung ist seit Jahrzehnten derart beschämend, dass man ruhigen Gewissens behaupten kann, die politischen Akteure haben im Wesentlichen kein Interesse an einer wirksamen Problemlösung.

Das hat mehrere Gründe. Einerseits sind nicht wenige Politiker selbst Akteure, die jedes Steuerschlupfloch zu ihrem persönlichen Vorteil oder dem ihres persönlichen Umfeldes nützen, andererseits sind sie vielfach nur mehr Handlanger von den wirklich Mächtigen, welche längst im Bereich der Wirtschaft sitzen und von dort aus das politische Geschehen bestimmen. Geldflüsse von Konzernen an Parteien sind nur eine Ausdrucksform dieser Problematik, eine weitere ist die Vernetzung von Politik und Wirtschaft im Rahmen der Besetzung von Managementposten der Konzerne.

Die österreichischen Regierungen führen bei der Lösung der Problematik sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene seit Jahren ein scheinheiliges Spiel. Ich erinnere nur an den jahrelangen Eiertanz rund um die Abschaffung der Anonymität von Sparbüchern, die Bemühungen um Aufrechterhaltung des Bankgeheimnisses u.a.m.

Auch derzeit blockiert der österreichische Finanzminister Schelling wieder einmal zarte Versuche der EU-Kommission, Steuerhinterziehung zumindest zu erschweren. Die Umsetzung der auf dem Tisch liegenden Vorschläge dazu wird von Ländern wie Luxenburg, Großbritannien, Irland, Malta, Zypern - also den klassischen Steueroasen innerhalb der EU - und eben auch Österreich behindert.

Im konkreten Fall hat Schelling vor allem Bedenken, den öffentlichen Zugang zum Register der wirtschaftlichen Eigentümer betreffend. Wieder einmal ist eine längst überfällige Maßnahme zur Erhöhung der Transparenz im Wirtschaftsgeschehen und der leichteren Nachvollziehbarkeit von Geldflüssen gefährdet, weil u.a. auch österreichische Politiker sich dagegen stellen.

 

Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt, Herr Schelling. Sie führt auf Dauer dazu, dass der Staat seinen Aufgaben nicht mehr nachkommen kann. Wenn Sie und Ihre Parteikollegen durch ihre nationale Steuerpolitik schon dafür sorgen, dass die Vermögenden in Österreich immer reicher werden, dann bremsen Sie wenigstens nicht europäische Bemühungen, dass diese geringfügigen Steuersätze nicht auch noch hinterzogen werden können. Oder ist Ihre und die Europahaltung Ihrer Partei auch nicht mehr als ein Schein und wird zur Täuschung der wahren Absichten missbraucht?