Aktuelles Thema
Aktuelles Thema, 27.9.2022: Holt endlich das Geld dort, wo es ist! Drucken E-Mail

Die etablierte Politik befindet sich seit Jahren in einem Dilemma. Nach Jahrzehnten der nahezu ungezügelten Förderung von neoliberaler Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik zeigen sich spätestens seit der Finanzkrise die Schattenseiten eines Systems, welches sich nun - zur Aufrechterhaltung seiner geschaffenen Machtpositionen, Monopole und Pfründe - sowohl gegen die Interessen der Mehrheit der Bürger wendet, als auch in Form von immens starken Marktpositionen sowie Lobbyisten gegen ihre Schöpfer selbst, der etablierten Politik, welche ihrem Anspruch nach - zumindest in der westlichen Welt - überwiegend demokratisch ausgerichtet war und den sozialen Ausgleich auf ihre Fahnen geheftet hatte.Die Corona-Krise, der Krieg Russlands gegen die Ukraine, aber auch die klimatische und ökologische Krisensituation haben dieses Dilemma nun noch verschärft.

Ungeachtet der Frage, ob das Coronavirus jemals das von den Regierungen der Bevölkerung angedrohte Gefahrenpotential für unsere Gesellschaften in sich trug oder aber mehr mit dem eines Grippevirus vergleichbar war oder ist, haben die getroffenen politischen Entscheidungen in dieser Zeit sowohl in der EU als auch in allen westlichen Staaten enorme Kosten verursacht.

Nach Agenda Austria resultieren daraus allein in Österreich bis 2024 Wohlstandsverluste von ca. 175 Mrd Euro, die Staatsausgaben dafür betrugen bis dato ca. 70 Mrd Euro. Die Höhe dieser Beträge wird einem bewusst, wenn man bedenkt, dass das Staatsbudget Österreichs für 2022 laut Budgetentwurf einnahmeseitig mit 86,4 Mrd veranschlagt ist. Die Verschuldung des österreichischen Staates beträgt derzeit 344 Mrd Euro, das sind 80% des BIP. Interessanterweise sind die Vermögen der 100 reichsten Haushalte in Österreich während der 2 Jahre Corona-Krise um ungefähr 30% gestiegen, während der Großteil der Bevölkerung immer weniger besitzt und derzeit über 1,5 Millionen Bürger in unserem Land als armutsgefährdet gelten, also nach dem von der EU gesetzten Standard über ein Einkommen von 1126 Euro verfügen. Das ist bereits jeder 6. Bürger des Staates.

Der Krieg in der Ukraine und dessen Auswirkungen sind vielfältiger Natur, wie der normale Staatsbürger täglich erfahren muss. Laut Agenda Austria bringt zwar die hohe Inflation dem Staat heuer und im nächsten Jahr Mehreinnahmen von ca. 11 Mrd Euro, sie bringt allerdings zahlreiche Bürger an den Rand ihrer Existenz und enteignet still und heimlich große Teile des Mittelstandes. Auf der anderen Seite stehen wiederum Konzerne, allen voran die Energiekonzerne, aber auch Rüstungs-, Lebensmittel- und Saatgutkonzerne, die in hohem Maße Profiteure des Krieges sind. Ihre Gewinne explodieren förmlich.

Gleichzeitig verursacht die dringend notwendige Energiewende enorme Kosten, welche ebenfalls der normale Staatsbürger zu tragen hat bzw. zu tragen haben wird, vor allem deshalb, weil sie nicht ausreichend einhergeht mit einem systemischen Wandel von Wirtschaft und Gesellschaft. Auch hier überwiegt kurzfristiges Profitdenken von Wenigen und nicht das Wohl aller Bürger in Hinblick auf eine lebenswerte Zukunft.

Die Regierungen der Staaten sind längst in Geiselhaft des Finanzkapitals, der wirklich Vermögenden sowie der großen Konzerne. Und sie agieren in erster Linie in deren Interesse. Die Steuerlast der einzelnen Haushalte ist mit Ausnahme der Lohnsteuer nicht progressiv gestaltet, was einerseits dazu führt, dass die ärmsten 10 Prozent in etwa gleich hoch besteuert sind als die reichsten 10 Prozent, berücksichtigt man auch Umsatzsteuer und die Beiträge zur Sozialversicherung. Auch Einkünfte aus Kapital sind nicht progressiv besteuert, sondern unabhängig von der Höhe der Dividenden bzw. Einkünfte mit 27,5%. Die Einnahmen aus der Körperschaftssteuer machen in unserem Land ca. ein Drittel der Einnahmen aus Lohnsteuern aus. Und immer wieder stoßen Regierungen vor, um diesen schlechten Wert durch eine Kürzung der Körperschaftssteuer zusätzlich zu verringern. Vermögenssteuern sind für die österreichischen Regierungen gleichsam ein Tabu, seit knapp 15 Jahren gibt es weder eine Schenkungs- noch eine Erbschaftssteuer, obwohl das reichste Prozent der Österreicher an die 50% des Gesamtvermögens besitzt und durch die staatliche Umverteilungspolitik von unten nach oben noch ständig an Vermögen zulegen kann. Machten vermögensbezogene Steuern in den 60er-Jahren noch 4% des Steueraufkommens aus, so liegt dieser Wert derzeit bei knapp 1 Prozent, hauptsächlich eingehoben über die Grundsteuer, wo er jedoch vielfach nicht die wirklich Vermögenden trifft.

Während also die Durchschnittsbürger unter der Steuerlast stöhnen und bedingt durch die hohe Inflation sich immer schwerer dabei tun, sich selbstverständliche Grundbedürfnisse wie Wohnen oder Heizen leisten zu können, werden die Reichen und Vermögenden immer reicher. In vielen wichtigen Bereichen des Staates fehlt es mittlerweile an Geld, so etwa in der Gesundheits- und in der Bildungspolitik. Diese Aushöhlung des Sozialstaates geht wiederum zu Lasten derer, die ohnedies bereits genug an Steuern zahlen, die Vermögenden sind darauf nicht angewiesen. Sie zahlen sich ihre Privatschulen und private Krankenversorgung selbst.

Das Vertrauen der Bürger in diese etablierte Politik und in die staatlichen Instanzen bröckelt seit geraumer Zeit, nicht nur in Österreich, sondern europa- und weltweit. Politische Skandale sowie Politiker, die unter Korruptionsverdacht stehen, bewirken eine weitere Abkehr zahlreicher Bürger von der Demokratie und ihren Institutionen. Das ist eine gefährliche Entwicklung und will man ihr nicht früher oder später durch Polizei- und Militärgewalt Einhalt gebieten, dann muss man jetzt politisch handeln und sich die Einnahmen, welche der Staat zur Erfüllung seiner vielfältigen Aufgaben zum Wohle aller Menschen im Staat benötigt, sich endlich dort holen, wo die Anhäufung von Vermögen besonders hoch ist. An dieser Besteuerung von Vermögen führt kein Weg vorbei, will man die Demokratie als Staatsform retten und die Aufgaben meistern, welche vor uns liegen.

27.9.2022       Gerhard Kohlmaier

 
Die Causa Tauschitz, 9.2.2022 Drucken E-Mail

Die Causa Tauschitz ist ein trauriges Spiegelbild der Hybris verantwortungsloser Politiker

Die Art und Weise, wie in der Vergangenheit von hochrangigen Politikern der ÖVP, aber auch von anderen österreichischen Parteien, wichtige Postenbesetzungen in unserem Staat vorgenommen wurden, wird in den nächsten Monaten und Jahren Gegenstand juristischer Untersuchungen und eventuell eingeleiteter Gerichtsverfahren gegen die Betroffenen sein.

Auch wenn dem so ist, auch wenn abseits allen juristischen Fehlverhaltens sowie der geradezu am Fließband beteuerten Unschuldsvermutungen die moralische Dimension dieses Vorgehens ein ohnehin bereits entsetzliches Bild der politischen Machenschaften in diesem Lande abgibt, so ist die Bestellung des Kärntner Verfassungsschutz-Chefs Stephan Tauschitz als noch brisanter einzustufen als die gängige Freunderl- und Postenwirtschaft.

Nicht unähnlich der Verhaltensweisen des ehemaligen UNO-Generalsekretärs und Bundespräsidenten Waldheim, welcher im März 1943 - obwohl vor Ort und in der Funktion eines Ordonnanzoffiziers - die Deportation von Tausenden Juden in Konzentrationslager nicht mitbekommen haben will, hat auch Tauschitz während seiner Ulrichsbergreden in den Jahren 2008 und 2010, deren problematischen Inhalt ich an dieser Stelle bewusst ignoriere, seltsame sinnliche Wahrnehmungsstörungen. Er will in seiner Funktion als Klubobmann der ÖVP nicht mitbekommen haben, in welcher Gesellschaft er sich befand. Er scheint blind gewesen zu sein gegenüber dem Sammelsurium von rechtsextremen und den Nationalsozialismus huldigenden Zeichen, Symbolen und Personen, die ihn umgaben.

Lediglich „Grußworte“ habe er gerichtet, verteidigt sich der Neo-Verfassungsschutzchef. Ja, an wen denn? An die sich dort befindlichen Rechtsextremen, an die Neonazis, an jene, die die Gräueltaten, die im 2. Weltkrieg begangen wurden, verharmlosen und neue herbeisehnen?

Auch wenn die Liste der Kärntner Politiker aus verschiedenen politischen Fraktionen, welche in der Vergangenheit an diesen dubiosen Treffen teilgenommen haben, lang ist, von Josef Klaus über Leopold Wagner, Christof Zernatto bis hin zu Jörg Haider, so schließt dies keinesfalls aus, dass man aus der Geschichte lernen darf und soll.

Jeder weiß, dass insbesondere in Kärnten die politischen Verhältnisse in den Nachkriegsjahrzehnten lange Zeit von einer schweigenden und doch stets präsenten Verharmlosung der NS-Zeit geprägt waren, welche zur Folge hatten, dass selbst hohe politische Ämter aus wahltaktischen Überlegungen mit Personen besetzt wurden, die sich selbst, wie etwa der ehemalige Landeshauptmann Wagner, gerne als „hochgradiger Hitlerjunge“ bezeichneten. Man kann und muss davon ausgehen, dass nach all dem, was dieses Land auch aus diesen Gründen an Dilemmata durchgemacht hat, endlich ein Lernprozess eingesetzt hat.

Diesen muss man Stephan Tauschitz jedoch schlicht absprechen. Seine Auftritte bei den umstrittenen Treffen waren und sind der Versuch, einer gefährlichen, verantwortungslosen und rückwärtsgewandten Politik zu huldigen, die weder gestern, aber schon gar nicht mehr in der heutigen Zeit tolerierbar ist. Wer so agiert, ist als Leiter eines Landesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung fehl am Platz.

All jene, die diese Nominierung zum obersten Verfassungschef im Land Kärnten und auch im Bund nach wie vor gutieren bzw. mit äußerst verschwommenen und unklaren Botschaften zur Problematik glänzen, machen sich mitschuldig an der Verharmlosung einer der übelsten Verbrechen, welche die Menschheit jemals begangen hat, und sind aus meiner Sicht nicht geeignet, hohe Staatsämter zu bekleiden.

Den Ball der Verantwortung für diese Fehlbesetzung des höchsten Amtes im Kärntner Verfassungsschutz nun zwischen der Kärntner Landesregierung und dem Innenministerium hin und her zu schieben, ist nicht nur ein Ablenkungsmanöver von der eigentlichen Problematik, es ist ein hybrisches Kennzeichen unserer derzeitigen politischen Akteure im Staat.

Daran ändert auch der letzte politische Schachzug nichts, nämlich den in Kritik geratenen Tauschitz aus dem Felde der Kritik zu nehmen, indem man ihn vorübergehend einen anderen Posten zuteilt. Man setzt ihn nicht ab, man beruft ihn nicht ab, nein, er wird nur vorübergehend einer anderen Stelle dienstzugeteilt.

Diese Maßnahme macht nur dann Sinn, wenn im Rahmen einer Postenbesetzung zu klären ist, ob Vorwürfe oder Einwände berechtigt sind oder nicht. Da gibt es im Falle von Tauschitz jedoch nichts mehr zu klären, denn es ist offenkundig, dass der Genannte ob seines Verhaltens in der Vergangenheit vollkommen untragbar für dieses Amt ist. Eine Abberufung vom Amt als höchster Verfassungsschützer des Landes ist die einzige Maßnahme, die zu setzen ist. Eine solche steht nach wie vor aus.

Der Philosoph Karl Popper hat einmal gesagt, es sei falsch, sich die Frage zu stellen, wer herrschen solle. Es genüge, wenn eine schlechte Regierung abgewählt werden könne. Das sei Demokratie.

Doch leben wir noch tatsächlich in einer solchen? Angeblich ja, versichern uns die Mächtigen. Allerdings verschanzt sich diese Demokratie nach jeder Wahl bis zur nächsten, ohne dass die Bürger Einfluss auf die Regierungstätigkeit, die Besetzung von Ämtern usw. nehmen. Wie lange noch? Der Krug geht nur so lange zum Brunnen, bis er bricht - oder aber er wird im Rahmen der demokratischen Möglichkeiten zerbrochen.

 
Akt.Kommentar vom 16.9.21: Ist der Pluralismus am Ende? Drucken E-Mail

Ist der Pluralismus am Ende?

Wir leben angeblich in einer pluralistischen Gesellschaft, und das scheint allgemein anerkannt. Allerdings setzt ein funktionierender Pluralismus in einer Demokratie auch voraus, dass die Machtverhältnisse unter den miteinander konkurrierenden Protagonisten einer pluralistischen Gesellschaft auch annähernd gleich verteilt sind. Dadurch wird eine ernstzunehmende Diskussion der unterschiedlichen Erklärungsmuster unseres Daseins überhaupt erst gewährleistet.

Garanten für einen funktionierenden Pluralismus ist daher nicht nur die Meinungsfreiheit an sich, sondern insbesondere die politischen, sozialen, kulturellen und nicht zuletzt medialen Machtverhältnisse in einem Staat. Gradmesser für eine akzeptable Verteilung dieser Machtverhältnisse sind jedoch weniger die institutionellen Rahmenbedingungen als vielmehr die daraus entspringende Diskussion und deren Transparenz für alle Bürger.

Um diese wichtigen Parameter ist es in unserem Lande allerdings alles andere als gut bestellt.

Das Vertrauen der Bevölkerung in die etablierte Politik ist zutiefst erschüttert, und das zu Recht. Nicht nur die Verteilung der Machtverhältnisse führt hier zu Dissonanzen, vielmehr ist es die Art der Machtausübung bzw. des Machtmissbrauches, welche die Bürger abschreckt.

Im sozialen Bereich fehlt es nicht nur an Geld hinten und vorne, jahrelang wurden Zukunftsplanungen sträflich vernachlässigt, und dies nicht nur im Pflege- und Gesundheitsbereich. Gebe es nicht noch eine so hohe Bereitschaft von Teilen der Bevölkerung, sich sozial freiwillig und ohne finanzielle Gegenleistung zu engagieren, es würden viele soziale Netze reißen. Dennoch nehmen die Sozialkonflikte in unserer Gesellschaft nicht nur drastisch zu, sondern für immer mehr Menschen geht es einfach ums Überleben und die Politik bietet dabei so gut wie keine Hilfestellungen, sondern sorgt ihrerseits für die Verschärfung von Konflikten.

Die kulturelle Welt scheint auch nur auf den ersten Blick noch halbwegs in Ordnung zu sein. Sieht man genauer hin, so hat sich ein Bereich der staatlich unterstützten Vorzeigekultur herausgebildet, in dem ebenfalls Beziehungen, Lobbyismus und Machtverhältnisse das kulturelle Überleben sichern.

Der Begriff der Kultur als Möglichkeit der Orientierung sowie Lebens- und Umweltbewältigung ist dadurch ebenfalls sehr einseitig bestimmt und leidet am pluralistischen Mangelerscheinungen.

Der überwiegende Teil der Medien hat längst die Aufgabe übernommen die aktuellen Machtverhältnisse, deren Verteilung und mangelhafte Transparenz anzuerkennen und kritiklos widerzuspiegeln. Sie sind längst Teil der Problematik, garantieren weder fruchtbare Diskussionen noch tragen sie zu einer wirklichen Transparenz der Geschehnisse bei.

Die pluralistische Gesellschaft existiert immer mehr am Papier und wird immer weniger bestimmend für die zukünftige Entwicklung unseres Lebens und unserer Umwelt im weitesten Sinn des Wortes. Monistische Theorien und deren Umsetzung in der gesellschaftlichen Praxis übernehmen zunehmend diese Zukunftsgestaltung.

Die einzige Chance diesen fragwürdigen Pluralismus zu durchbrechen und zu Entscheidungsgrundlagen für die eigene Lebensführung zu gelangen erscheint mir im Individualismus des Einzelnen zu liegen. Im Sinne von Kant ist es heute mehr als je zuvor notwendig, den „Mut“ aufzubringen, sich des „eigenen Verstandes zu bedienen“ oder im Sinne von Sir Karl Popper „selbst zu den Schöpfern unseres Geschicks“ werden.


 
21.2.: Aktuelles Thema: Das Misstrauen der Bürger ist durchaus begründet Drucken E-Mail

Täglich sind sie da, täglich Gesprächsthema - die Widersprüche, die unser aller Leben begleiten. Sie gehören gleichsam zum Leben, sind selbst Bestandteil wissenschaftlichen Arbeitens. Naturgemäß nehmen sie in einer pluralistischen, vom digitalen Zeitalter und dessen Informationsflut gezeichneten Welt noch zu.

Das ist auch nicht weiter schlimm. Verwerflich ist allerdings, wenn offensichtliche Widersprüche nicht weiter ergründet werden, nicht Gegenstand des fachlichen und öffentlichen Diskurses  darüber werden und in einer Art vernünftigen Konsens enden, sondern je nach Interessenlage

ein Standpunkt zum Nonplusultra erklärt wird. Wissenschaft, Medien, besonders aber die Politik sind in dieser Hinsicht jedoch seit Ausbruch der Corona-Erkrankung säumig.

In den Nachrichten vom 17.2. wird um 18:00 Uhr gemeldet, etliche Tiroler hätten sich mit dem Corona-Virus infiziert, obwohl sie bereits einmal daran erkrankt waren.

Einige Minuten später, um 18:06 Uhr, berichtet der selbe Sender in einer Informationssendung von einer Studie, die den Nachweis erbracht hätte, bereits einmal Infizierte seien gegen eine Neuinfektion „weitgehend immun“. Man solle sie daher auch zunächst nicht impfen, da Impfstoff ohnehin knapp sei. Ein Widerspruch, welcher „gleich geheimnisvoll für Kluge wie für Toren“ (Goethe, Faust) bleibt.

Verschiedene österreichische Zeitungen berichteten vor einigen Tagen über vier britische Studien, welche das Sterberisiko bei der britischen Variante des Virus untersucht haben sollen. Im Vergleich zu anderen Varianten von Sars-CoV-2 steigt demzufolge das Sterberisiko laut der „London School of Hygiene & Tropical Medicine“ um 58%, das „Imperial College London“ spricht von 38%, Wissenschafter der Universität von Exeter beziffern das erhöhte Risiko mit 70% und „Public Health England“ kommt auf 65%.

Wohlgemerkt - es handelt sich hier angeblich um wissenschaftliche Studien. Die Frage bleibt offen, wer hier was unter Wissenschaft versteht. Oder aber lassen sich die Ergebnisse überhaupt nicht vergleichen, weil in der einen Studie Äpfel mit Birnen und in der anderen mit Zitronen verglichen werden?

Ähnlich verhält es sich seit Wochen bei der Diskussion um die Wirksamkeit des Astra-Zeneca-Impfstoffes. Laut den diversen Berichten und Einschätzungen von Experten, insbesondere in Österreich, wirkt dieser durchaus gut bei milden und moderaten Verläufen der Erkrankung, wenn auch etwas weniger als andere Impfstoffe, gegen schwere Erkrankungen sei die Wirkung sogar sehr gut, beteuern diverse Experten in den Medien. Zahlreiche österreichische Ärzte sowie Krankenhauspersonal haben mittlerweile trotzdem eine Impfung mit Astra-Zeneca abgelehnt.

Eine Studie der Universitäten Oxford und Witwatersrand ergab nun allerdings, dass das Serum bei milden und moderaten Verläufen der südafrikanischen Mutationsvariante vollkommen wirkungslos ist. Ob es schwere Verläufe verhindern kann, ist noch nicht ausreichend geklärt. Tägliche Meldungen zeigen, dass auch wir in Österreich vor dieser Variante nicht geschützt sind und sie sich immer mehr ausbreitet. Südafrika will nun 1 Million Impfdosen an Astra-Zeneca zurückgeben. Na, vielleicht nimmt sie dann die österreichische Regierung.

Ein letztes Beispiel, das wohl allen noch in Erinnerung ist: die „Maskenproblematik“. Noch im Februar 2020 sprach sich das österreichische Gesundheitsministerium gegen das Tragen von einfachen Mundschutzmasken aus, weil diese „keinen wirksamen Schutz gegen Viren oder Bakterien, die in der Luft übertragen werden“ böten. Einzig FFP3-Masken wurde eine Wirksamkeit zugestanden. Im März 2020 riet selbst die WHO davon ab, Masken zu tragen, wenn man nicht selbst schon erkrankt sei. Ende März desselben Jahres sah die Sache anders aus: Das Gesundheitsministerium verordnete quasi eine generelle Maskenpflicht. Mittlerweile ist man nahezu wieder auf dem „Wissensstand“ von Februar 2020 angekommen. Ein einfacher Mund-Nasenschutz wird wieder als unzureichend eingestuft. Allerdings trägt das Land nach wie vor keine FFP3-Masken, sondern FFP2-Produkte.

Mit solchen und ähnlichen Widersprüchen von so genannten Experten in diversen Meldungen und Informationssendungen ist der Medien-Konsument tagtäglich konfrontiert. Die Liste an Beispielen dafür ist mittlerweile so zahlreich, dass sie jedes Format sprengen würde. Wen wundert es da, dass die Bürger weder den Aussagen in den Medien noch denen der Politiker, welche häufig noch mehr und tagtäglich Widersprüche unters Volk bringen, zu deren Klärung sie jedoch wenig bis nichts beitragen, Glauben schenken.

Widersprüche verlangen nach einer Klärung, und wenn diese nicht in einem offenen, nachvollziehbaren Diskurs von jenen erfolgt, die sie in die Welt werfen, dann müssen sie in irgendeiner Weise von den Betroffenen selbst, von den Bürgern, gelöst werden. Und das machen die Menschen auch, indem sie sich gemäß ihres Bildungsgrades und anderer Voraussetzungen einen Reim auf die Geschehnisse machen, weil sie den federführenden Institutionen und Experten längst nicht mehr trauen. Das ist der wahre Grund der Corona-Müdigkeit der Menschen sowie des Misstrauens gegen so manche Erklärung von Politikern oder so genannten Experten, und dieser ist nicht nur nachvollziehbar, sondern dieses Misstrauen besteht zurecht.


21.2.2021


 
Aktuelles Thema vom 26.4.: Cui bono? Drucken E-Mail

Cui bono?

Dass unsere neue türkis-grüne Regierung im Rahmen der so genannten Corona-Krise scheinbar staatstragende gemeinsame Auftritte, in deren Rahmen sie die Bevölkerung auf das Aushebeln zahlreicher demokratiepolitischer Rechte einschwört und es dabei mit der Verfassung nicht immer sehr ernst nimmt, ist mittlerweile bekannt.

Auffällig ist jedoch, dass sie seit Beginn des Dilemmas mit größter Beharrlichkeit darüber schweigt, welche wissenschaftlich fundierte Datengrundlage sie ihren Entscheidungen zugrunde gelegt hat bzw. wer denn nun eigentlich die sogenannten Experten sind, welche sie zu ihren Maßnahmen, nämlich ein ganzes Land wirtschaftlich, sozial und demokratiepolitisch an die Wand zu fahren, veranlassen. Auch in der von Claudia Reiterer moderierten Sendung „Im Zentrum“ vor einer Woche, in der es u.a. gerade um diese wichtigen Grundlagen ging, wurden Einladungen dazu von den Verantwortlichen ausgeschlagen.

Auffällig ist weiters, dass jedoch jene Wissenschaftler, und darunter befinden sich durchaus renommierte und anerkannte Fachleute, die seit Beginn der Corona-Epidemie eine völlig andere Einschätzung der Situation hatten und haben, offenbar bei diesen Entscheidungen keine Rolle spielten. Der vom Innenminister getätigte Satz, man solle nur der Regierung vertrauen und nicht auch anderen im Netz kursierenden Darstellungen, steht symptomatisch für diesen Kurs.

Nun ebbt die Epidemie ab. Auch in Ländern, welche auf so drastische Einschnitte in das gesellschafts-, wirtschafts- und demokratiepolitische Leben, wie sie die österreichische Regierung getätigt hat, verzichtet haben. Die so genannte Übersterblichkeitsrate ist zwar in einigen Ländern geringfügig höher als bei einer starken Grippewelle, aber weltweit hat die Corona-Epidemie bisher nach Angaben der „Neuen Zürcher Zeitung“ vom 26.4. etwas mehr als 197 000 Menschen das Leben gekostet. Angeblich, muss dabei betont werden, denn die genaue Todesursache verschwimmt bei der unterschiedlichen statistischen Erhebung in den einzelnen Staaten. Nach einer Studie des „United States Centers For Disease Control And Prävention“ aus dem Jahr 2018, an der auch die MedUni Wien und zahlreich andere globale Gesundheitsorganisationen beteiligt waren, sind jährlich bis zu 650 000 Todesfälle auf durch saisonal Influenza bedingte Atemwegserkrankungen zurückzuführen. Wäre man ein Sarkast, so könnte man also noch von „Luft nach oben“ sprechen.

Sarkasmus ist jedoch nicht angebracht, wohl aber solide Analyse der Geschehnisse, besonders aber der Folgen der gesetzten drastischen Maßnahmen.

Es stellt sich dabei weniger die Frage, warum man nicht auch bei jeder jährlichen Grippewelle einen Shut Down des gesamten öffentlichen und wirtschaftlichen Lebens durchgeführt hat, sondern die Frage nach den Interessen, welche gerade bei dieser Epidemie zu diesen drastischen, einzigartigen Maßnahmen geführt haben. Oder wenn Sie so wollen: Cui bono und auf welche Weise?

Wie bereits in meinem Kommentar vom 12.3. angedeutet, wird dieses Virus neue Machtverhältnisse bewirken, und zwar sowohl im nationalen als auch im globalen Bereich.

In allen Staaten, so auch in Österreich, haben Verängstigung der Bevölkerung und mediale Panikmache dazu geführt, dass die Bürger freiwillig auf die Einschränkung ihrer fundamentalen Rechte verzichtet haben. Mehr noch - sie haben es zugelassen, dass ihre wirtschaftliche Existenz und die ihrer Kinder nachhaltig gefährdet wird, dass ihr soziales und damit auch ihr politisches Leben gleichsam nicht mehr stattfindet. Sie haben sich nahezu bedingungslos unter die Fittiche von Regierungsanordnungen begeben.

Das wird nicht nur Folgen haben, das hat bereits Folgen. Nicht nur in den USA, wo ein Möchtegerndespot Haarsträubendes von sich gibt, ohne dass ihn ein Großteil der Bürger gemeinsam zur Amtsaufgabe zwingt, auch in europäischen Ländern wie beispielsweise in Ungarn, wo ein Regierungschef gleichsam die Alleinherrschaft übernimmt, ohne dass das Volk besonders murrt und die angeblich so freiheitsliebenden restlichen EU-Staaten ihn gewähren lassen. Auch aus Österreich mangelt es dabei auf höchster Regierungsebene an jenen Worten und Taten, welche seinem Treiben Einhalt gebieten.

In gewisser Weise zeigt sich bereits jetzt, dass es sich politisch durchaus lohnen kann, die Bürger von Staaten „gefügig“ zu machen, sie nur auf einen Kurs, und zwar den von den Regierung vorgegebenen, einzuschwören. Noch dazu, wenn es gelingt, dieses angeordnete Szenario mit einer Rettermission zu verbinden. Die neuesten Umfragewerte sprechen diesbezüglich eine klare Sprache: die Kurz-ÖVP kratzt darin an der absoluten Alleinherrschaft. Die Oppositionsparteien haben wieder einmal geschlafen. Zuerst haben sie die Situation und wohl auch die Sachlage zum Teil falsch eingeschätzt und haben die Regierungsmaßnahmen widerspruchslos mitgetragen. Erst seit kurzer Zeit haben sie einen Schwenk gezogen, aber wohl wieder zu spät, denn auch die Regierung muss auf Grund der gegebenen Tatsachen so eine Kehrtwendung vollziehen, wenn auch vorsichtiger, um nicht das aufgebaute Vertrauen in die Sinnhaftigkeit ihrer Maßnahmen zu zerstören. Ob und wie die politisch Verantwortlichen ihren errungenen Bonus umzusetzen gedenken, ob in Form von Neuwahlen oder aber im behutsamen Festhalten von bestimmten Maßnahmen bis zur nächsten Wahl, wird sich zeigen. Aber bei sorgfältiger „Verwaltungsarbeit“ können die Regierenden oppositionelle Kräfte für lange Zeit in den Keller der politischen Bedeutungslosigkeit schicken.

Die durch den Shot Down ausgelöste ökonomische Krise ist auf den ersten Blick eine ziemliche Katastrophe, aber bei Weitem nicht für alle. Auf der Gewinnerseite haben wir hier nicht nur Telekommunikationsgesellschaften und neue, billigere Arbeitsmethoden für die Zukunft, sondern beispielsweise den gesamten Bildungsbereich, in dem endlich das umgesetzt werden konnte, auf das man seit Jahren abzielt: die Liberalisierung eines der letzten, bisher von neoliberalen Marktmechanismen halbwegs noch verschonten Märkten. Lernen per Computer, der Lehrer als besserer Administrator, den man im Übrigen in einigen Fächern wohl auch ganz durch Programme ersetzen kann, die Eltern als Aufsichtspersonen usw. Ein Sparpotential ungeheuren Ausmaßes für die Zukunft tut sich hier für die Regierungen auf, von Personalfragen bis hin zu Verwaltungsfragen und der gebäudemäßigen Infrastruktur ohnedies teils desolater Schulgebäude, ebenso ein riesiger Umsatzmarkt für die elektronische Industrie.

Zahlen mit der Karte oder mit dem Handy ist zum Gebot der Stunde erhoben worden. Die seit langer Zeit beabsichtigte Abschaffung des Bargeldes und Auslieferung aller Bürger an die Banken sowie deren Überwachung der Kaufgewohnheiten, aber auch ihres Verhaltens insgesamt ist in der Krise ein Stück mehr zur zukünftigen Realität geworden. Der Handel über das Internet erlebt eine neue Blütezeit.

Auch die wirtschaftlichen Arbeitsmodelle, die sich während der Krise bewährt haben, können und werden wohl auch Beispielcharakter für die Zukunft menschlichen Arbeitens haben: Arbeiten von zuhause aus, Arbeiten nach Bedarfsorientierung der Unternehmen, Arbeiten für weniger Lohn.

Ja, ich denke, wir können uns darauf einstellen, dass Löhne und Gehälter, auch Pensionen in irgendeiner Form in Zukunft eine empfindliche Kürzung erfahren werden. Und wenn man weiß, dass solche Kürzungen sich für Unternehmen nicht nur einmalig auswirken, sondern gleichsam wie ein ewiger Bonus zu ihren Gunsten mitgeschleppt werden, dann kann auf lange Sicht selbst der materiell erlittene Schaden für das Unternehmertum der Zukunft zu einer Erfolgsstory mutieren. Auf der Strecke werden dabei die Arbeitnehmer bleiben und sie werden - halten sie ihre Zustimmungsbereitschaft zu den Maßnahmen der Regierungen nahezu bedingungslos bei - nicht einmal mitbekommen, wem das Ganze im Endeffekt nützt.

Man stelle sich vor, die kurz vor Ausbruch der Krise wieder einmal marod dagelegene Finanz- und Spekulationswelt hätte nach 2008 einen weiteren Finanzcrash verursacht, denn die Machenschaften der internationalen Investoren wurde ja seit der Finanzkrise nicht nur fortgesetzt, sondern sie hat sich verstärkt. Und tatsächlich stand dieses System von Spekulation und Zockerei auch seit der Finanzkrise wieder mehrere Male auf der Kippe. Wie hätte man den Bürgern der Staaten erklären können, dass sie wieder einmal zur Kasse gebeten werden, weil die Regierungen im Wesentlichen nichts getan haben, um diesem irrwitzigen Treiben Einhalt zu gebieten? Es wäre wohl nicht einfach gewesen, dies ohne ein Aufbegehren der Massen zu bewerkstelligen. Aber nun wird ein Hinweis reichen, dass Einschnitte finanzieller Art für die Mehrheit der Bevölkerung das logische Resultat eines von niemanden verschuldeten weltweiten Angriff eines winzigen Erregers ist.

Steuerentlastungen für die arbeitsnehmende Bevölkerung sind für lange Zeit wohl auf Eis gelegt, die so oft versprochene Abschaffung der kalten Progression ebenfalls. Lohn- und Gehaltseinbußen sind programmiert, Kürzungen oder Abschaffung von Sonderzahlungen werden zumindest angedacht, in Deutschland diskutiert man den so genannten Lastenausgleich, also die einmalige Abgabe von 50 Prozent des Vermögens, zahlbar in vier Raten über 30 Jahre, Vorschläge über Einstellungen von Sonderzahlungen, wie etwa dem Weihnachts- und Urlaubsgeld, geistern herum. Es ist unmöglich und nicht hilfreich, sich, was die konkreten Maßnahmen betrifft, als Hellseher zu betätigen, aber es steht wohl jetzt schon fest, dass es finanzielle Einschnitte geben wird und dass dabei mit hoher Wahrscheinlichkeit die bereits bestehende Kluft zwischen Arm und Reich zum Wohle letzterer weiter auseinander triften wird.

Die Coronazeit wird aber auch nachhaltige Spuren in zahlreichen Produktions- und Branchenbereichen hinterlassen, bis hin zum wirtschaftlichen Ruin. Speziell in diesen betroffenen Marktbereichen werden wohl internationale Konzerne investieren und für neue Machtverhältnisse sorgen. Dasselbe gilt für Staaten wie zum Beispiel China, welchen ihren weltweiten Einfluss- und Machtbereich sowohl politisch als auch ökonomisch entsprechend vergrößern werden.

Covid-19 ist ein Erreger, der auch Menschen tötet. Und niemand stirbt gerne. Aber wir alle wissen, dass wir an irgendetwas sterben müssen, an irgendeiner Krankheit, an den Folgen eines Unfalls u.a.m.  Wir versuchen solche Ereignisse möglichst gut hintanzuhalten, und das ist gut so. Ob die von den Regierungen getroffenen Maßnahmen im Wirtschafts- und Sozialleben der Menschen sowie in demokratiepolitischer Hinsicht in einem vertretbaren Verhältnis zur Gefährlichkeit des Erregers stehen, scheint höchst fragwürdig. Cui bono also? Wir werden in Zukunft nur genau hinschauen müssen, um zu verstehen, warum diese Epidemie zu einer Pandemie hochstilisiert wurde. Eines aber scheint jetzt schon sicher: Die Mehrheit der Bürger wird dabei als Verlierer dastehen.

Gerhard Kohlmaier, Steuerinitiative, 26.4.2020

 
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