Wochenkommentare
Wochenkommentar vom 12.1.2014: Wir brauchen eine Aufwertung der Arbeit der NGOs Drucken E-Mail

Die etablierte Politik hat in den letzten Jahrzehnten ihre Handlungsspielräume verloren bzw. bewusst aufgegeben. Das liegt einerseits daran, dass die Regierungen sich immer deutlicher unter das Diktat des Kapitals begeben haben, andererseits werden in einer globalisierten Welt die notwendigen Entscheidungen vielfach an intransparente Entscheidungszentralen delegiert bzw. von diesen getroffen. Die Regierungen der einzelnen Staaten fungieren dann nur mehr als Umsetzungsgehilfen der Interessen des Finanzkapitals und der Großkonzerne. Jüngstes Beispiel dafür sind die Verhandlungen zwischen der EU und den USA über das Transatlantische Freihandelsabkommen (TTIP). Ausschließlich Vertreter von Großkonzernen sitzen am Verhandlungstisch und feilen in geheimen Gesprächen an zukünftigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen im Interesse der Großkonzerne, welche dann von den Staaten nach erfolgter Zustimmung umgesetzt werden sollen. Die Politik, vor allem die der EU, hat einzig und allein die Aufgabe übernommen die Werbetrommel für dieses problematische Bündnis zu übernehmen, das ab 2015 gelten soll.


Allerdings geben die ersten durchgesickerten Verhandlungsergebnisse Anlass zu großer Sorge: Klagemöglichkeiten von Großkonzernen gegen Staaten, wenn durch deren Gesetze ihre Gewinnaussichten geschmälert werden, Abbau demokratischer Grundrechte und Arbeitnehmerrechte, Privatisierungstendenzen in kritischen Bereichen der Daseinsvorsorge u.a.m.

Es ist nicht die etablierte Politik, welche darauf aufmerksam macht, im Gegenteil, diese verliert während der entscheidenden Verhandlungsphase so gut wie kein Wort darüber und wird die Bevölkerung mit dem von ihr sanktionierten Pakt konfrontieren. Im Anschluss daran werden Faymann und Spindelegger in bereits geübter Weise die sich zeigenden negativen Folgen des Abkommens für die Arbeitnehmer oder etwa die auf den Sozialbereich „höheren Mächten“ zuschreiben, welche in Zeiten der Globalisierung eben wirken und gegen die man nichts unternehmen könne. In Wahrheit aber sind sie selbst es, die solche Pakte abzeichnen und ermöglichen.


Es sind NGOs aus vielen europäischen Ländern, aber auch in den USA tätige, die auf die Gefahren dieser Verhandlungen aufmerksam machen und sich dagegen zur Wehr setzen. Immer mehr sind es diese Nichtregierungs-Organisationen, welche die eigentliche politische Arbeit machen, große Teile der Bevölkerung über politische Vorhaben informieren und bei ihrer Analyse und Interpretation des Geschehens auf das Wohl der Gesamtbevölkerung achten und nicht auf Interessen einiger weniger Konzerne.

Aus diesem Grunde spricht sich die Steuerinitiative auch für eine deutliche Aufwertung der Rolle dieser Organisationen innerhalb des Staatsganzen aus, insbesondere im Bereich der Kontrolle, aber auch was die konkrete Mitgestaltung politischer Entscheidungen betrifft.  Ich denke dabei an eine Art Beirat in allen wichtigen staatlichen Institutionen, der ausschließlich aus Vertretern der Zivilgesellschaft zusammengesetzt und bei wichtigen Entscheidungen auch mit einem Stimmrecht ausgestattet ist. Ich denke dabei aber auch an eine mediale Aufwertung der Arbeit der NGOs. Es müsste zumindest im Bereich der staatlichen Medien die Verpflichtung bestehen, der Arbeit der NGOs einen dementsprechenden Raum zu geben. Die privaten Medien werden dem Beispiel dann von selbst folgen. (Gerhard Kohlmaier)

 
Wochenkommentar vom 6.1.2014: Die neoliberale Umverteilung wird auch 2014 fortgesetzt werden Drucken E-Mail

Was uns das neue Jahr politisch bringt, ist entschieden. Die Fortsetzung einer neoliberalen Politik, welche die Arbeitnehmer noch mehr belasten und das Finanzkapital noch reicher werden lässt, steht bevor.

Mit 1. Jänner hat die Stadt Wien die Gebühren für  Wasser, Abwasser und Müll um 4,1% erhöht. Ebenfalls erhöht hat die neue alte Regierung die Gebühren für Rezepte und die E-Card. Auch die Autobahnvigniette wurde um € 2,10.- verteuert. Die ÖBB erhöhte die Fahrpreise um durchschnittlich 2%. Im Pensionsbereich wurde die Invaliditätspension für unter 50-Jährige abgeschafft, die Abschläge bei der Korridorpension von 4,2 auf 5,1% angehoben. Erhöht wurden außerdem die Tabak- sowie die Sektsteuer und schließlich auch die Normverbrauchsabgabe bei Anschaffung eines Neuwagens.

Während also die Lebenserhaltungskosten für die ArbeitnehmerInnen steigen, sinken die Reallöhne weiter. Sowohl bei den Pensionisten als auch bei den anderen ArbeitnehmerInnen wurden die Abschlüsse für die Lohn- bzw. Pensionserhöhungen nahezu durch die Bank unter der Inflationsrate gehalten. Im öffentlichen Dienst gibt es nach wie vor keine Einigung, das Regierungsangebot von plus 1,7% liegt deutlich unter der amtlichen Inflationsrate von 2,5%.

Was auf den Steuerzahler durch die in den Boden gefahrene HYPO auf Grund der Verstaatlichung der Bank noch zukommt, ist ungewiss. Aber es ist mit Milliardenbeträgen, die ihn belasten werden, zu rechnen. Was uns die Hasardspiele von anderen Banken noch kosten werden, ist ebenfalls unklar. Gewiss ist allerdings, dass die Belastungen für all jene, die selbst seit Ausbruch der Krise ihr Vermögen vermehren konnten, ausbleiben.

Weder eine Vermögenssteuer noch eine Erbschaftssteuer sowie eine dem Realwert entsprechende Grundsteuer (Alle natürlich mit Freibeträgen, um sich das Geld tatsächlich dort zu holen, wo es angesammelt wird) sind Bestandteile des Regierungsprogramms.

Rechnen müssen die Staatsbürger auch noch damit, dass in den kommenden Jahren weitere Privatisierungen durchgeführt werden. Wie die Vergangenheit gezeigt hat (siehe Post) kommen hier zusätzliche Belastungen auf die Staatsbürger zu.

Diese neue Regierung setzt also voll auf die Fortsetzung einer Umverteilungspolitik der gesellschaftlichen Wertschöpfung von der Masse der Bevölkerung hin zu wenigen Profiteuren. Gleichzeitig werden dem Staat dadurch jene Mittel entzogen, die er zur Aufrechterhaltung eines funktionierenden Sozialsystems benötigt. Letzteres wird Schritt für Schritt abgebaut, Investitionen im Gesundheits- und im Bildungssystem werden gemessen am BIP zurückgefahren. Kurz gesagt: eine Politik gegen die Interessen der Mehrheit des Volkes, eine Politik im Interesse des Groß- und Finanzkapitals.

Dieser Politik wird auch 2014 der Widerstand der Steuerinitiative gelten. (Gerhard Kohlmaier)

 
15.12.2013: Koalitionspapier statt Wochenkommentar Drucken E-Mail

Der dieswöchige Wochenkommentar entfällt. Zu viel ist bereits über die neue Koalition zwischen SPÖ und ÖVP geschrieben worden, dass ich alle einlade, das Koalitionsübereinkommen (Ganztext im Anschluss) selbst zu lesen und sich eine Meinung zu bilden.

Aufmerksam machen möchte ich auf die zahlreichen Demonstrationen, welche kommende Woche in Wien stattfinden. Siehe: Veranstaltungen

 
Wochenkommentar vom 8.12.2013: Warum der Widerstand der Lehrer in einen des öffentlichen Dienstes und schließlich in einen aller Arbeitnehmer übergehen muss Drucken E-Mail

 

Nicht nur die Lehrer machen derzeit mobil, drohen mit Kampfmaßnahmen, weil sie die Qualität des Bildungswesens in Gefahr sehen. Aber auch drastische Gehaltskürzungen für die zukünftigen Pädagogen sind der Gewerkschaft ein Dorn im Auge.

Die Gemeindebediensteten stehen ebenfalls „Gewehr bei Fuß“. Ihnen wurden bisher bundesweite Lohnverhandlungen seitens der Regierung verweigert. Nun sitzen sie zwar gemeinsam mit Neugebauer am Verhandlungstisch, ein möglicher Abschluss der Verhandlungen soll für sie jedoch lediglich als Richtschnur für weitere Verhandlungen mit den Ländern dienen.

Am 6.12.2013 hielten die Finanzbeamten Dienststellenversammlungen ab. Auch sie drohen mit einem Streik, sollten die Vorhaben der Regierung - weniger Personal und eine Streichung der Gehaltsbiennalsprünge, also empfindliche Gehaltseinbußen - umgesetzt werden.

Auch bei der Polizei befürchtet man auf Grund der geplanten Einsparungen bzw. Zusammenlegungen von rund 100 Polizeidienststellen sowie Gehaltskürzungen durch Aussetzen eines Biennalsprunges massive Arbeitsverschlechterungen.

Im Bereich der Justiz werden zahlreiche Planstellen nicht nachbesetzt. Darüber hinaus fordern die Standesvertreter mehr Unabhängigkeit der Justizbehörden und die Abschaffung des Weisungsrechtes der herrschenden Politik.

Es geht also im Wesentlichen um massive Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen für die öffentlich Bediensteten, um Erhöhung der Arbeitsbelastung sowie der Arbeitszeit, gepaart mit teilweise drastischen Gehaltskürzungen. Das bedeutet aber auch, dass diese Verschlechterungen auf Kosten der Gesamtbevölkerung gehen. Und es bedeutet die Fortsetzung des in Österreich immer wieder beliebten Spiels, eine Bevölkerungsgruppe gegen die andere auszuspielen. Im Endeffekt zählen dann beide zu den Verlieren.

Ja, es geht bei all dem, was nun diskutiert wird, auch ums Geld. Nicht nur, aber auch. Die Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst wurden auch bisher von dieser Umverteilung der gesellschaftlichen Wertschöpfung genauso wenig verschont wie jene in der Privatwirtschaft. Beide zählen seit nunmehr über 10 Jahren zu den Verlierern eines Systems, welches unter Mithilfe der etablierten Parteien die Millionen und Milliarden zu Finanzhaien, Banken, dem Großkapital und Erfüllungsgehilfen hinscheffelt, während die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung diese Umverteilung bezahlt und wenn sie dafür nicht mehr zur Verfügung steht, weil sie in die Arbeitslosigkeit gedrängt wurde, mit drohender Verarmung konfrontiert wird. Während auf diese Weise auch die Staaten verarmen, die Sozialsysteme ausgehungert und in Frage gestellt werden, werden die Profiteure immer reicher und beherrschen längst eine durch und durch korruptionsanfällige politische Kaste.

Auch die Arbeitnehmer in der Privatwirtschaft nehmen seit Jahren drastische Verschlechterung ihrer Arbeitsbedingungen und - gemessen an der Inflation sowie am BIP - eine Senkung ihrer Reallöhne hin.

Während jedoch wir Arbeitnehmer - egal ob im öffentlichen Dienst oder in der Privatwirtschaft - eine Verschlechterung unserer materiellen Lebensbedingungen nach der anderen hinnehmen sollen, gehen die Zockereien an den Finanzmärkten hurtig weiter. Gerade erst vor einigen Tagen wurden Währungs- und Zinsspekulationen von Banken in großem Ausmaß aufgedeckt. Bei der Beschränkung dieser gefährlichen Geschäfte des Finanz- und Bankwesens versagt die Politik seit Jahren, im Falle der Pleiten von solchen Geschäften hingegen agieren die Politiker im Sinne der scheinbar Verbündeten sofort und übertragen die Lasten auf die Steuerzahler.

Während die Politiker den Arbeitnehmern eine Halb- und Unwahrheit nach der anderen präsentieren, wird - großteils unbemerkt von der Öffentlichkeit - bereits am nächsten Angriff auf alle Arbeitnehmer gebastelt: dem Transatlantischen Freihandelsabkommen (TTIP), das kurz vor seiner Fertigstellung sein soll. 600 Berater von Großkonzernen beraten hinter verschlossenen Türen im Wesentlichen über vermehrte Machtbefugnisse von Konzernen, denen sich die Staaten unterzuordnen haben. Ein Untergraben von Klimazielen, des Verbraucherschutzes, weltweites Lohndumping, Schwächung der Arbeitnehmerrechte usw. werden erwartet. Konzerne sollen Regierungen wegen entgangener Gewinne klagen können, wenn diese nicht in deren Interesse agieren. Die Parlamente werden entmachtet, die Demokratie gezielt unterhöhlt. Die Rechte der europäischen Arbeitnehmer werden den Interessen der Großkonzerne angepasst bzw. geopfert werden, ein weiterer Abbau der Sozialsysteme wird die Folge sein.

Schon zu lange haben die Bürger dieses politische Trauerspiel hingenommen. Tatenlos haben sie zugesehen, wie die Sozialpartnerschaft alten Stils immer deutlicher mit Füßen getreten wird. Spielen die Gewerkschaften beim geordneten Abbau der Arbeitnehmerrechte nicht mehr mit, dann bricht man die Verhandlungen eben einseitig ab. Heute bei den Lehrern, morgen bei den Gemeindebediensteten, übermorgen bei den Beschäftigen im Handel, der Metallindustrie usw.

Daher ist es wichtig, dass wir Arbeitnehmer endlich die richtigen Antworten auf eine Politik geben, die längst nicht mehr in unserem Interesse agiert. Der Streik als demokratisches Grundrecht ist eine Möglichkeit dazu. Nicht nur der Streik der Lehrer, nicht nur ein Streik der öffentlich Bediensteten, sondern in letzter Konsequenz ein Streik aller Arbeitnehmer! (Gerhard Kohlmaier)

 
2. Wochenkommentar vom 1.12.2013: Was ist, wenn sie streiken? Drucken E-Mail


Ein möglicher Streik der Lehrer erhitzt die Gemüter, mag sein, dass auch einer des öffentlichen Dienstes insgesamt im Raume steht.

Ja dürfen sie denn das, fragt sich so mancher und vergisst dabei, dass der Streik von Arbeitnehmern ein demokratisches Grundrecht ist. Selbst die Präsidentin des Wiener Stadtschulrates, Brandsteidl, meint in der „Krone“ vom 1. Dezember, dass ein Streik „nicht am Rücken der Kinder ausgetragen werden dürfe“. Ziemlich naiv, meine ich. Ich kenne keinen Streik, der Wirkung hat, wenn alles seinen alten Gang geht. Eisenbahner sollen nur streiken, wenn die Eisenbahn fährt, Metaller nur dann, wenn die Produktion aufrecht bleibt, Ärzte nur, wenn sie gleichzeitig operieren, Lehrer nur dann, wenn Schule stattfindet. Das ist politische Bildung auf einem Niveau, das ich keinem Schüler wünsche.

Bemerkenswert finde ich auch den Vorschlag der Frau Präsidentin, bei einem länger andauernden Streik einfach die Ferien zu kürzen, weil die Regelung ohnehin aus einer Zeit stamme, „in der die Kinder als Erntehelfer gebraucht wurden“. Eine völlig neue Sichtweise des Streikrechts offenbart sich da dem Bürger. Arbeitnehmer, die streiken, müssen in Hinkunft also mit einer drastischen Erhöhung ihrer Arbeitszeit rechnen: Eisenbahner holen eventuelle Verspätungen und doch ausgefallene Züge beispielsweise in ihrer Urlaubszeit nach, Metaller verzichten ebenfalls auf Urlaubstage, Ärzte operieren nach einem Streik Tag und Nacht durch, ja, und Lehrer unterrichten eben in den Ferien.

Zudem bin ich verwundert über den Vorschlag der Präsidentin, in diesem Fall die Sommerferien zu kürzen. Da wäre es doch viel naheliegender gleich zu handeln und die so genannten „Energieferien“ dafür zu nutzen. Diese wurden während der Ölkrise 1974 eingeführt, um in den Schulen Energie zu sparen. Was man sich heute dort spart, wird mittlerweile jedoch in wesentlich höherem Ausmaß an anderen Orten und durch das vermehrte Verkehrsaufkommen, Beschneiung und Betrieb von Wintersportgebieten usw. verbraucht. Ein ökologischer und von der Warte des Energiesparens aus gesehen auch ökonomischer Irrwitz.

Und schließlich könnten die Lehrer den eventuell versäumten Stoff ja auch während der so genannten normalen Unterrichtszeit nachholen, wenn die Kinder statt auf Schikurse, Sommersportwochen, Exkursionen in die Bundeshauptstadt usw. fahren, einfach an den Schulen bleiben und Unterricht stattfindet.

Doch ein guter Vorschlag, Frau Präsidentin. Meinen Sie nicht auch?

 

Gerhard Kohlmaier

 
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