Wochenkommentare
Woko vom 1.3.2015: HYPO: Es wird Zeit, den Stall auszumisten Drucken E-Mail

 

Bei der HYPO klafft plötzlich ein weiteres Milliardenloch. Es geht um eine zusätzliche Schadenssumme von bis zu 7,8 Milliarden Euro oder vielleicht auch um noch mehr. Ganz plötzlich. Haben die bisherigen Prüfer, Aufsichtsratsvorsitzenden, Politiker und Experten in der Pendeluhr geschlafen oder aber haben sie die Steuerzahler bisher hinters Licht geführt, was das wahre Schadensausmaß dieses Kriminalfalles betrifft?

Immer klarer wird ersichtlich, dass die bisherige Vorgangsweise in der Abwicklung der HYPO-Schulden nur deshalb gewählt wurde, um bestimmte Gläubiger und in die HYPO-Geschäfte involvierte, weil beteiligte Investoren und deren Geschäftskonstruktionen auszuzahlen. Nur so ist die strikte Ablehnung eines Konkurses trotz eines positiven Gutachtens (Wyman), welches noch dazu vom Finanzministerium selbst in Auftrag gegeben wurde, zu erklären.

Nun aber ist plötzlich die Marschroute eine andere. „Wir zahlen nicht mehr“, spricht unser Finanzminister. „Wir“, das  ist der bisher geschröpfte Staat, der Steuerzahler. Plötzlich, ganz plötzlich. Aber, so lassen uns die verantwortlichen Politiker und Aufsichtsorgane wissen, sei an eine Insolvenz der Bank nach wie vor nicht gedacht.

Was wird dem Steuerzahler da so alles zugemutet? Die gesamte HYPO-Geschichte ist eine Kriminalgeschichte ersten Ranges, mit zahlreichen Kriminellen und mit deren Handlangern.

In welchem Ausmaß dabei Politiker involviert sind, wird vielleicht irgendwann ein Untersuchungsausschuss klären. Aber das reicht nicht mehr. Es geht längst darum, wie es überhaupt möglich ist, dass Politiker das gesamte Volk an der Nase herumführen können, ohne juristisch dafür belangt zu werden.

Dem ehemaligen Landeshauptmann Dörfler wurde vom Gericht bestätigt, er sei - sinngemäß - zu dumm, um die Gesetze zu verstehen und könne daher im Falle der Ortstafelverrückung für sein ungesetzliches Wirken nicht belangt werden.

Gilt das nun auch für alle Politiker, die - laut Bericht der Nationalbank, der FMA und anderer Institutionen - schon vor Jahren gewusst haben müssen, wie es um die HYPO bestellt ist? Soll das, um ein Beispiel zu geben, auch für den ehemaligen Finanzminister Pröll gelten, für den natürlich die Unschuldsvermutung so lange gilt, bis ihm nachgewiesen werden kann, dass er bei der Notverstaatlichung der HYPO wider besseren Wissens gehandelt hat bzw. eventuell seine Entscheidung zum Wohle von Privatinteressen und zum Nachteil des Staatsganzen, der Bevölkerung und der Steuerzahler gefällt hat. Soll das auch für all die anderen „Prüfer“ und Experten, Vorstandsvorsitzenden usw. gelten, welche den Staat wissentlich geschädigt haben, weil sie vielleicht im Parteiinteresse oder im Interesse befreundeter Lobbyisten und dergleichen gehandelt haben?

Nein, ein Untersuchungsausschuss alleine wird da nicht mehr reichen. Er mag vielleicht Aufschluss über das Wie geben und ist auch darauf angelegt aufzuzeigen, wie das alles geschehen konnte, was geschehen ist. Es geht aber nicht mehr um dieses Wie. Es kann nur mehr darum gehen, wer von den gewählten Repräsentanten des Volkes dieses geschädigt hat, wer da Verantwortung trägt und vielleicht auch strafrechtlich zu verfolgende Handlungen getätigt hat.

Der HYPO-Skandal scheint ein Spiegelbild der politischen Moral in diesem Staat zu sein. Es wird Zeit, den Stall auszumisten. (Gerhard Kohlmaier)

 

 
Woko vom 22.2.2015: Die SPÖ und ihr strategisches Dilemma Drucken E-Mail

 

Im September 2014 erklärte Bundeskanzler Faymann das Steuerreformkonzept des ÖGB zur offiziellen Parteilinie. Dieses sieht eine Gegenfinanzierung der Lohnsteuersenkung u.a. durch die Besteuerung von Vermögen in der Höhe von ca. 2 Milliarden Euro vor.

Vor zwei Tagen nun hat, angeregt durch einen Vorstoß des Wiener Bürgermeisters Häupl, die SPÖ sich von der Besteuerung von Vermögen verabschiedet. Nach Monaten einer SPÖ-Kampagne zur Vermögensbesteuerung fordert die Partei plötzlich nur mehr eine Besteuerung der Vermögenszuwächse im Rahmen der Verhandlungen um die Steuerreform mit dem Regierungspartner ÖVP.

Besteuert man Vermögen, dann besteuert man im Wesentlichen die Vermögenssubstanz. Dass die SPÖ diese Art von Besteuerung jenseits einer Freigrenze von 1 Million anstrebte, hat seinen Hauptgrund in der inzwischen oftmals nachgewiesenen ungerechten Vermögens- und Einkommensverteilung innerhalb der Bevölkerung, im Auseinanderdriften von Einkünften aus Arbeit und jenen aus Kapital, aber auch darin, dass Österreich bei den vermögensbezogenen Steuern innerhalb der OECD-Staaten nach wie vor weit nachhinkt.

Aber nun hat die SPÖ diese Forderung, mit der sie unter anderem auch schon in die letzten Nationalratswahlen gezogen war, aufgegeben. Warum? Weil die ÖVP eine Vermögensbesteuerung kategorisch ablehnt.

Allerdings ist das nicht neu. Sowohl Spindelegger als auch Mitterlehner haben immer wieder unmissverständlich klar gemacht, dass sie für eine Besteuerung von Vermögen nicht zu haben sind. Und die Partei ist diesem Grundsatz treu geblieben.

Anders ist das bei der SPÖ. Sie taumelte schon bisher von einem Besteuerungsvorschlag von Vermögen zum anderen, ließ eine klare Linie in dieser Frage vermissen und gibt nun diese Zentralforderung ihrer Politik endgültig auf. Zu stark scheint die Angst davor zu sein, die Regierung könnte an dieser Frage auf Grund der Grundsatztreue der ÖVP zerbrechen und Neuwahlen könnten sowohl dem Regierungspartner als auch der FPÖ mehr zugute kommen als einer längst angeschlagenen SPÖ unter Faymann.

Tatsächlich wäre der Hickhack-Kurs der SPÖ in der Frage der Vermögensbesteuerung keine Wahlempfehlung für eine Neuwahl. Tatsächlich muss der Wiener Bürgermeister Häupl bei den bevorstehenden Wienwahlen befürchten, die Zeche für diese Politik zu bekommen und den Bürgermeistersitz zu verlieren. Man kann mit dieser Politik vielleicht versuchen an den Schaltzentralen der politischen Macht geduldet zu werden, ob man durch die Aufgabe von zentralen Parteiforderungen auch Wahlen gewinnen kann, darf bezweifelt werden.

Die SPÖ hat mehrere strategische Fehler begangen. Einerseits hat sie einen Koalitionspakt geschmiedet, in welchem von Anbeginn klar war, dass sie sich in wesentlichen Frage der Steuergesetzgebung nicht wird durchsetzen können. Andererseits hat sie - wie bereits erwähnt - ein klares Konzept vermissen lassen.

Den größten strategischen Fehler hat sie aber begangen, weil sie es verabsäumt hat in einer wesentlichen Zukunftsfrage das Volk selbst in die Entscheidung darüber einzubinden. Das Ergebnis einer Volksabstimmung über die Einführung von Vermögenssteuern wäre im Falle einer Zustimmung der Bevölkerung auch für die ÖVP bindend gewesen und hätte zudem der SPÖ-Forderung eine besondere Art von Legitimation eingebracht - den Willen des Volkes. Aber nach zahlreichen bewusst versäumten Volksabstimmungen wie etwa über den Vertrag von Lissabon scheint es nun zum wiederholten Male so, als würde sich auch diese Partei in wesentlichen Fragen vor der Stimme des Volkes fürchten. Wie sehr sich das auf die nächsten Wahlergebnisse der SPÖ auswirken wird, wird die Zukunft zeigen. (Gerhard Kohlmaier)


 

 
Woko vom 8.2.2015: Schuldentrickserei ist nicht nur ein griechisches Problem Drucken E-Mail

 

 

Während zahlreiche europäischen Politiker mit dem Finger auf das griechische Schuldenproblem zeigen, laufen sie zur Höchstform auf, wenn es darum geht, die eigenen Bilanzen zu schönen.

Jahrelang regten sich die Politiker Zentraleuropas über die gefälschten griechischen Budgetzahlen auf. Und was tun sie selbst? Wie sieht denn ihr Haushalt aus, zum Beispiel in Österreich?

Laut Statistik Austria betrugen die österreichischen Staatsschulden im 3. Quartal 2014 80,7% des BIP oder 264,5 Milliarden Euro, also ein statistischer Rückgang im Vergleich zum 2. Quartal 2014, wo sie noch bei 82,6% lagen.

Allerdings sind in dieser Statistik jene Milliarden, die uns alleine das HYPO-Debakel kosten wird, nicht enthalten. Ebensowenig beinhaltet die Statistik die Kosten der drei ÖBB-Tunnel-Projekte, die alleine in den nächsten Jahren bis zu 15 Milliarden verschlingen werden. Und selbstverständlich fehlen in der Bilanz auch sämtliche staatliche Haftungen (Landeshaftungen, Rettungsschirme, EFSF, ESM usw.), wobei Österreich nach einer Eurostat-Studie zu den Ländern innerhalb der EU gehört, wo diese Haftungen am höchsten sind.

Wie hoch diese Verbindlichkeiten genau sind, weiß niemand so recht. Im Jahr 2012 rechnete man laut innerösterreichischen Studien, dass diese Haftungen insgesamt bei etwa 160 Millarden liegen würden („In Österreich tickt eine Haftungsbombe“, Die Presse, 27.7.2012).

Ende Jänner berichtete nun der Rechnungshof, welcher die Haftungsobergrenzen der Länder überprüfte, dass diese zum Teil 70 bis 75% ihrer übernommenen Haftungen einfach „unter den Tisch fallen“ lassen (Die Presse, 30.1.2015). Die Prüfung ergab, dass ca. 50 Milliarden an Länderhaftungen überhaupt nirgends aufscheinen.

Wir müssen wohl damit rechnen, dass noch weitere Milliardenbeträge, von denen die Steuerzahler bislang nichts wissen, zu den Verbindlichkeiten der Republik gehören. Wie hoch daher der tatsächliche Schuldenberg des österreichischen Staates ist, wissen wir nicht. Auf jeden Fall ist er wesentlich höher, als uns die Statistiken Glauben machen. Griechenland ist auch bei uns. Wir alle haften dafür. Es wäre höchst an der Zeit, dass Politiker bzw. deren Parteien für Entscheidungen zu haften haben, welche uns Stück für Stück ins Verderben führen. (Gerhard Kohlmaier)

 

 
Woko vom 1.2.2015 Drucken E-Mail

Der Wochenkommentar vom 1.2. entfällt auf Grund des "aktuellen Themas" vom 30.1.2015

 
Woko vom 25.1.2015: Syriza-Sie als Chance für Europa Drucken E-Mail

Liebe Leut',

mit 16 Jahren bin ich mit einem Freund zum ersten Mal per Autostopp durch Griechenland getrampt und seither fahr' ich immer wieder hin. Bei allen Problemen, die ich in mehr als 50 Jahren mitbekommen habe: Ruiniert wurde Griechenland erst ab 2009 durch die (höchst profitable) Spekulation auf den Staatsbankrott, die nachfolgender Sparpolitik, die Lohnkürzungen und die Beseitigung von Arbeitnehmerrechten. Die Demontage des Sozialstaats, die Deklassierung von Millionen Menschen - Arbeitnehmern wie Unternehmer, Pensionisten und Arbeitslose sowieso - hat sie Wirtschaft immer mehr schrumpfen lassen, und zwar nach exakt gleicher Logik wie 1929 bis 1933.

Was an den Griechen vollzogen wurde, entspricht genau dem Programm, das die Eliten seit 25 Jahren der gesamten EU verordnen wollen: Raus aus der sozialen Hängematte, Verbesserungen der Wettbewerbsfähigkeit als Allheilmittel (wenn alle ihre Wettbewerbsfähigkeit in gleichem Maß verbessern......), Strukturreformen, also Lohnkürzungen und Sozialabbau. Die Folgen dieser Politik sind in ganz Europa verheerend: Arbeitslosigkeit und Staatsverschuldung erreichen Höchststände, Armut breitet sich aus, eine Ökonomie der Angst und Hoffnungslosigkeit wurde geschaffen. Gut für ein winzige Schicht von Oberen, schlecht für die meisten.

Wahlen haben bisher den BürgerInnen keine Möglichkeit geboten, für einen Kurswechsel zugunsten des "Europäischen Sozialmodells" zu votieren, denn die christlich-konservativen wie sozialdemokratischen Parteien treten beide für Sparen und Strukturreformen ein (vielleicht kapieren manche Sozialdemokraten allerdings nicht, dass sie damit die neoliberale Agenda vorantreiben - wer seine Identität verliert, verliert auch die Orientierung). Und jene Deklassierten, die Sündenböcke brauchen, wählen die Rechtspopulisten. Mit der Syriza (und der Podemos in Spanien) sind Bewegungen entstanden, welche sozial gesinnten Menschen die Möglichkeit bieten, ihren Willen auszudrücken. Das ist der Grund ihres Erfolgs und nicht, dass 30% der GriechInnen linksradikal geworden wären.

Sollte Syriza haushoch gewinnen, werden Merkel und Co. versuchen, Griechenland in der EU zu isolieren (dass dort 40% der Menschen keine Krankenversicherung mehr haben, ist eine Schande für die EU - die christdemokratischen Eliten vertreten aber schon lang das "Jeder-ist-sich-selbst-der-nächste"-Christentum: Margret hat es eingeführt, Angela möcht' es vollenden). Schließlich widerspricht eine (relative) Syriza-Mehrheit der "marktkonformen Demokratie".

Ein Syriza-Sieg ist aber auch eine große Chance für einen Kurswechsel in Europa. Denn der Misserfolg ist des neoliberalen Programms ist monströs: Je mehr gespart wurde, desto stärker stieg die Staatsverschuldung, je radikaler die Strukturreformen, desto stärker stieg die Arbeitslosigkeit! Da können die Vermögenden noch so viel Geld in Think Tanks pumpen, Fakten bleiben Fakten.

Es wäre daher möglich, dass immer mehr Regierungen auf Distanz zur deutschen Marktreligiösität gehen und - nolens, volens - einen Syriza-Sieg zum Anlass für ein Überdenken der gesamten neoliberalen Agenda nehmen. Dazu muss die gesamteuropäische Bedeutung der Wahl in Griechenland betont werden (auch für uns haben die Eliten noch viele Strukturreformen im Köcher.....). Daher:

Wir feiern mit SYRIZA! 
Ja zu einem sozialen Europa, Nein zu Austeritätspolitik und Massenverarmung!

Ort: Vor dem Haus der Europäischen Union, Wipplinger Str. 35, 1010 Wien 
Zeit: 26.1.2015 (Tag nach der Wahl), 17-19 Uhr

Wir feiern gemeinsam vor dem Haus der Europäischen Union, um die europäische Dimension des SYRIZA-Wahlerfolges (*vorausgesetzt Syriza wird stärkste Partei) zu verdeutlichen. Wir feiern, weil wir diesen für einen wichtigen Schritt weg von der Austeritätspolitik der Troika und hin zu einem anderen, sozialen Europa verstehen und befürworten.

Bitte diese Nachricht weiterleiten, je mehr feiern, desto klarer das Signal!

Merci!

(Stephan Schulmeister)

 
<< Start < Zurück 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 Weiter > Ende >>

Seite 46 von 69