Woko vom 13.1.19: Eine ideenlose, rückwärts gewandte Steuerreform! Drucken E-Mail

 

Steuern sind zum Steuern da. Ihr Lenkungseffekt von erwünschtem gesellschafts- und wirtschaftspolitischen Verhalten, die Regelung der gesellschaftlichen Verteilung von volkswirtschaftlichem Vermögen muss neben der Tatsache, dass Steuern dem Staat notwendige Einnahmen bringen, um seine Aufgabenbereiche zum Wohle der Bevölkerung zu erfüllen, die grundsätzliche Überlegung vor jeder Steuerreform sein.

Die Signale, welche diese Regierung mit ihrer scheibchenweise bis über den nächsten Wahltermin hinaus verabreichten Steuerreform aussendet, sind klar. Im Vordergrund steht das Bild von einer Aktivität, so wie diese Regierung überhaupt von selbst erzeugten Bildern recht gut zu leben scheint. Das Bild vom Ausländer- und Flüchtlingsproblem, das Bild von einer Sozialversicherung für alle, wird nun durch das Bild von einer anderen Steuergesetzgebung erweitert.

So wie die Kurz-Strache-Regierung in Wahrheit nichts zur Lösung des Flüchtlingsproblems beigetragen hat, aber durch ihre Bilder Emotionen am Köcheln gehalten und die Bevölkerung gespalten hat, so wie die Zusammenlegung der Sozialversicherungsträger in Wahrheit keine Systemvereinfachung, sondern eine politische Umfärbungsaktion der Entscheidungsträger in den Sozialversicherungen war, genauso wenig verdient das Steuervorhaben nun die Bezeichnung Reform.

Die kalte Progression bringt dem Finanzminister, abhängig von der Inflationsrate und den Lohnerhöhungen, jährliche kräftige Steuermehreinnahmen. Fritz Pöltl, Wiener ÖAAB-FCG-Landesgeschäftsführer, schätzt diese alleine für 2018 auf 750 Millionen Euro.

Nachdem die Abschaffung der kalten Progression auch bereits unter der letzten SPÖ-ÖVP-Regierung Thema war und an unterschiedlichen Modellvorstellungen gescheitert war, macht sich nun die Kurz-Strache-Regierung an das Versprechen der Abschaffung. Allerdings erst im Jahr 2023. Bis dahin werden die dadurch erzielten Mehreinnahmen des Staates zwischen 4 und 6 Milliarden Euro betragen.

Bei einem von der Kurz-Strache-Regierung im Rahmen der verkündeten Steuerreform angepeilten Steuerentlastungsvolumen von 3,5 Milliarden Euro (incl. des bereits umgesetzten Familienbonus sollen es an die 5 Milliarden werden) bedeutet dies, dass die Finanzierung des Vorhabens bereits unter Dach und Fach ist: die Arbeitnehmer zahlen sich ihre Steuerentlastung zur Gänze selbst.

Mehr noch, sie dürfen auch die von der Regierung geplante Reduktion der Körperschaftssteuer von 25% auf 20% finanzieren, wodurch die Regierung die Unternehmen mit ca. 1,5 Milliarden Euro entlastet. Werden zudem nach den Vorstellungen von ÖVP-Wirtschaftministerin Schramböck die Steuersätze auf nicht entnommene Gewinne überhaupt auf 12,5% halbiert, dann beträgt nach Berechnungen der Industriellenvereinigung und der Wirtschaftskammer der jährliche Einnahmeentfall sogar 2,3 Milliarden Euro, also die Hälfte des Gesamtvolumens der sogenannten „Reform“. Erst die letzte schwarz-blaue Regierung setzte 2005 den für die Unternehmen relevanten Steuersatz von 34% auf 25% herab. Nun wird das Steuerdumping für Unternehmen nach unten fortgesetzt.

Von einer dringend notwendigen Ökologisierung des Steuersystems ist weit und breit nichts zu sehen. Eine zukünftige Steuerreform verdient nur dann denn Namen, wenn sie endlich daran geht, die Besteuerung vom Faktor Arbeit auf den Faktor Umweltnutzung zu legen. Darüber können auch Begünstigungen von emissionsarmen Fahrzeugen, von Photovoltaik und Wasserstoff in der Gesamthöhe von mickrigen 300 Millionen nicht hinwegtäuschen. So wird Österreich die gesteckten Klimaziele nicht erreichen können und verschläft wieder einmal wichtige steuerpolitische Lenkungseffekte für die Zukunft.