Woko vom 16.9.: Kulturkampf trifft die Schulproblematik nicht in ihrem Wesen Drucken E-Mail

Susanne Wiesingers Buch „Kulturkampf im Klassenzimmer“ hat in den letzten Tagen wieder einmal eine Diskussion ausgelöst, die alles andere als eine Bildungskiskussion ist. Die Autorin hat eine Integrationsdiskussion losgelöst, eine Debatte, welche von den Regierungsparteien seit Monaten auf allen Gesellschaftsebenen und in nahezu allen politischen Fragen am Köcheln gehalten wird. Man wird das Gefühl nicht los, dass eine Lösung der Problemlagen, die es tatsächlich gibt, nicht das vorrangige Ziel dieser Regierung ist, käme ihr doch dann ihr Hauptthema, mit dem sie im Wahlkampf Erfolge feiern konnte, abhanden.


Nun trägt Wiesingers Buch dazu bei, die Übernahme des Abendlandes durch Muslime und Menschen aus anderen Kulturkreisen auch auf den Schulbereich zu übertragen.

Eine Diskussion über die Bedingungen, unter welchen Schule stattfindet, muss jedoch anderswo ansetzen als bei der Frage der Integration. Es muss eine Diskussion darüber sein, welche Bildungsinhalte unser Schulsystem vermittelt, es muss eine Diskussion über die Ressourcen und den Stellenwert des Bildungssystems in unserer Gesellschaft sein.

Dort wo Bildung zur bloßen Ausbildung verkommt, wo die so oft strapazierte Mündigkeit junger Menschen auf die Handhabung von gesellschaftspolitisch erwünschten Kompetenzen und den Gebrauch von Laptops abzielt, muss die Frage gestattet sein, in wessen Interesse diese Art von Ausbildung ist. Ein so verstandener Bildungsbegriff schafft in der Schule genau jene Voraussetzungen, wie wir sie in der Gesellschaft vorfinden. Solcherart wird das Integrationsproblem auch zum schulischen Problem, weil Schule als Spiegelbild der gesellschaftlichen Verhältnisse agiert.

Damit das jedoch nicht geschieht, muss der schulische Bildungsbegriff hinterfragt werden, denn damit soll jungen Menschen jenes Rüstzeug mitgegeben werden, mit welchem sie die gesellschaftlich vorhandenen Konfliktfelder analysieren und überwinden lernen. Das erfordert neben Regeln, welches unser Schulsystem zur Genüge besitzt, vor allem hervorragend ausgebildete, verständnisvolle LehrerInnen für Problemlagen, beste Arbeitsbedingungen für LehrerInnen und SchülerInnen, finanzielle Mittel und schließlich Bildungsinhalte, welche aus jungen Menschen nicht nur Konsumenten machen, sondern sie auch zur Veränderung sowohl der eigenen Lebenslagen als auch zur gesellschaftlichen Umgestaltung befähigen.

 

Daran mangelt es jedoch im österreichischen Schulwesen von vorn bis hinten. Die Diskussion über einen Kulturkampf im Klassenzimmer wird an dieser Problematik nichts Entscheidendes ändern, sondern sie stellt eines von vielen Problemfeldern, mit denen Schule konfrontiert ist, so sehr in den Mittelpunkt der Diskussion, dass die eigentliche Grundfrage im Schulwesen vernachlässigt wird: Welche Bildung brauchen junge Menschen, um ihr Leben und das der Gesellschaft zukünftig sinnvoll gestalten zu können.