Woko vom 8.4.: Eine Gesundheitspolitik, die krank macht Drucken E-Mail

Die Kassen sind das wichtigste Organ im Gesundheitswesen und werden nun von der Bundesregierung zum Patienten des Sozialstaates gemacht. Tatsächlich leidet dieser Patient unter chronischen Erkrankungen in Form von Finanznot und Strukturproblemen. Dies vor allem deshalb, weil die Finanzierung des öffentlichen Gesundheitssystems an die Lohnsummen gebunden ist. In Zeiten, wo diese anteilsmäßig am BIP sinken, die Gesundheitsausgaben jedoch steigen, müssen die Sozialversicherungen in finanzielle Nöte geraten. Um dem gegenzusteuern, wäre es dringend erforderlich, die Finanzierungsgrundlage endlich auf Wertschöpfungsbasis umzustellen. Doch die türkis-blaue Regierung ist blind für diese Maßnahme.

Sie will aus den kranken Kassen angeblich gesunde machen, indem sie dafür eine fragwürdige Operation vorbereitet. Sie verfolgt das Ziel einer Zusammenlegung bzw. einer Reduktion der Sozialversicherungsträger und verspricht der Bevölkerung dabei zweierlei: Einsparungen im Verwaltungsbereich sowie Harmonisierung von Leistungen.

Laut einer OECD-Studie aus dem Jahr 2017 betragen die Verwaltungskosten der Sozialversicherung in Österreich 2,8% und liegen deutlich unter den diesbezüglichen Aufwendungen anderer vergleichbarer europäischer Länder. Es ist also nicht zu erwarten, dass in diesem Bereich nennenswerte Einsparungen zu erzielen sind.

Anders sieht es mit der Harmonisierung von Leistungen aus, die in vielen Bereichen durchaus wünschenswert wäre. Allerdings ist dabei entscheidend, in welche Richtung so eine Anpassung erfolgt. Passt man die Leistungen nach oben hin, also im Sinne einer besseren gesundheitlichen Versorgung für alle Versicherten an, dann kostet das Geld. Leistungen für alle Versicherten können im Wesentlichen nur dann kostensparend wirken, wenn man die Leistungen für alle kürzt.

Die Folgen kennt die Bevölkerung bereits: Erhöhung der Selbstbehalte, Inanspruchnahme kostenpflichtiger Wahlärzte, Ausbau des privaten Gesundheitsmarktes für all jene, die es sich leisten können. Zudem tragen Kostenreduktionen durch Personalabbau sowie Schließung von medizinischen Abteilungen längst dazu bei, dass beispielsweise die Versorgung der Patienten im öffentlichen Krankenhauswesen immer schlechter wird, in Einzelfällen sogar lebensgefährlich.

Die nun von der Regierung beabsichtigte Auflösung der AUVA gibt uns einen Vorgeschmack auf das, was tatsächlich droht, lässt man diese Regierung ungehindert agieren. Der Patient droht aus der verabreichten Narkose nicht mehr aufzuwachen. Nicht die Verbesserung des Systems, sondern primär die Zerschlagung von gewachsenen und bewährten Strukturen ist das Resultat dieser kurzsichtigen Gesundheitspolitik.

Verletzungen am Arbeitsplatz durch eine solidarische Versicherung abzudecken war und ist sowohl zum Wohle der Arbeitnehmer als auch der Arbeitgeber sinnvoll. Erstere müssen ihre Ansprüche nicht gerichtlich gegen ihre Arbeitgeber durchsetzen, letztere sind dadurch vor hohen Schadenersatzforderungen, welche unter Umständen sogar die Existenz eines Betriebs gefährden könnten, geschützt. Es geht hierbei also nicht nur um eine eventuelle Schließung von hochspezialisierten Unfallspitälern, welche von der AUVA betrieben werden, und einer damit einhergehenden qualitativen Verschlechterung in der Gesundheitsversorgung der Bevölkerung. Vielmehr vernichtet diese Regierung dadurch ein bewährtes System, eine sozialpartnerschaftliche Errungenschaft, drängt den Einfluss von Arbeitnehmervertretungen zurück und gewinnt die politische Kontrolle über wichtige gesellschaftspolitische Bereiche. Letzteres dürfte das wirkliche Ansinnen dieser Regierung sein, von der bisher keine Konzepte vorliegen, wie und in welcher Form sie diese wichtigen Leistungen der AUVA ersetzen möchte.

Allerdings erreicht die Regierung durch die geplante Zerschlagung der AUVA eine Senkung der Lohnnebenkosten, denn die Arbeitgeber könnten sich die bisher von ihnen bezahlten Unternehmerbeiträge von 1,3% zur AUVA ersparen. Ein wichtiges Ziel dieser Regierung, offenbar ein wichtigeres als eine ausgezeichnete Gesundheitsversorgung der Bevölkerung. Für die Arbeitnehmer, die keine AUVA-Beiträge zahlen, kann die Zerschlagung dieser Versicherungsanstalt jedoch zum Bumerang werden: Gliedert man nämlich Aufgabenbereiche der AUVA in die allgemeinen Sozialversicherungen ein, werden dadurch auch zusätzliche Kosten auf die Arbeitnehmer übertragen.

 

Man kann es drehen und wenden wie man will: Die von der Regierung praktizierte Vorgangsweise einer Reform des öffentlichen Gesundheitsbereich wird zu einer weiteren empfindlichen Leistungsreduktion für die Patienten führen. Das aber ist und macht krank.