Woko vom 21.1.2017: Kerns Steuervorhaben im Plan A Drucken E-Mail

Ich habe mir in dieser Woche das Konzept des Bundeskanzlers Kern zur Erneuerung Österreichs, den sogenannten Plan A (http://www.meinplana.at/magazin_herunterladen), näher angesehen.

Das Vorhaben des Kanzlers, die Wirtschaftspolitik zu modernisieren sowie für mehr soziale Gerechtigkeit sorgen zu wollen, ist durchaus ambitioniert, bei näherer Betrachtung der beabsichtigten Maßnahmen kommen jedoch Zweifel an der Sinnhaftigkeit einiger Vorschläge auf.

So ist zunächst einmal festzustellen, dass der Kanzler in der seit Jahren in der SPÖ diskutierten Frage nach mehr Steuergerechtigkeit einige bisher wesentliche Überlegungen fallengelassen hat. So hält er zwar an der Erbschafts- und Vermögenssteuer fest bzw. will diese erhöhen, hat aber die langjährige Forderung nach der Einführung einer Wertschöpfungsabgabe statt einer Lohnsummenbesteuerung zur Finanzierung des Sozialsystems nahezu vollkommen aufgegeben.

Eine Erbschafts- bzw. Schenkungssteuer möchte Kern ab einem Vermögen von einer Million einführen und würde damit ca. 2 bis 3% der österreichischen Haushalte treffen. Die Besteuerung wird also erst jenseits des Freibetrages von 1 Million wirksam, Betriebsübergaben sollen zudem begünstigt werden. Zu begrüßen ist die Idee Kerns, die Erlöse aus der Erbschaftssteuer zweckzuwidmen.  Allerdings möchte er im Gegenzug den Eigenregress, also den Zugriff des Staates auf das persönliche Vermögen von Pflegebedürftigen abschaffen. Diese Idee trägt jedoch nur bedingt zu größerer sozialer Gerechtigkeit bei. Deutschland, das ebenso eine Erbschaftssteuer einhebt, koppelt die Höhe der Steuer beispielsweise an das Verwandtschaftsverhältnis. Außerdem sind die Freibeträge niedriger. Es ist auch nicht einzusehen, dass jemand, der ein Vermögen von einer Million Euro besitzt, im Fall seiner Pflegebedürftigkeit sich an den Kosten dafür nicht beteiligen muss und diese von allen Steuerzahlern übernommen werden. In diesem Bereich sehe ich also noch Raum für weitere Diskussionen.

Die seit Jahren, um nicht zu sagen Jahrzehnten diskutierte Forderung nach Einführung einer Wertschöpfungsabgabe wird in Kerns Plan A zu einer Miniwertschöpfungsabgabe degradiert, wobei die Bemessung der Wertschöpfung eines Unternehmens nur mehr auf fossile Energieträger und „andere“, nicht näher genannte Komponenten beschränkt sein soll, und zwar als Ersatz für den Arbeitgeberbeitrag zum Familienlastenausgleichsfond. Schon einmal habe ich zu dieser Strategie Kerns Stellung genommen: siehe http://www.steuerini.at/index.php?option=com_content&view=article&id=2495:woko-vom-196-das-rhetorische-spiel-mit-der-wertschoepfungsabgabe&catid=2:aktuelle-kommentare&Itemid=18

Es ist für mich nicht nachvollziehbar, warum sich Kern bei seiner Forderung auf eine Finanzierung des FLAF beschränkt. Vielmehr ist eine rigorose Umstellung der Finanzierung des gesamten Sozialsystems anzustreben, wobei die Besteuerung der Wertschöpfung und von Vermögen bzw. Erbschaften den Faktor Arbeit tatsächlich entlasten soll und die Lohnsummenbesteuerung überwiegend überwinden muss.

Näheres dazu habe ich bereits einmal ausführlich dargestellt: http://www.steuerini.at/index.php?option=com_content&view=article&id=2501:wer-den-sozialstaat-erhalten-will-muss-endlich-handeln&catid=3:aktuelles-thema&Itemid=17

Man bekommt den Eindruck, dass Kerns Plan A sich im Bereich der Steuerpolitik allzu sehr am politischen Willen des Koalitionspartners ÖVP orientiert. Das wäre jedoch nicht nötig gewesen, weil der SPÖ dieser Partner mit größter Wahrscheinlichkeit in naher Zukunft so oder so abhanden kommen wird. (Gerhard Kohlmaier)

 

Weitere Beiträge zur Wertschöpfungsabgabe:

http://www.steuerini.at/index.php?option=com_content&view=article&id=2508:woko-vom-2102016-wie-wollen-wir-leben-ein-beitrag-zur-wertschoepfungsdebatte&catid=2:aktuelle-kommentare&Itemid=18

http://www.steuerini.at/index.php?option=com_content&view=article&id=2484:wann-wird-diese-regierung-endlich-reagieren&catid=2:aktuelle-kommentare&Itemid=18

 

Â