Woko vom 15.1.:Niederösterreichischer Feudalismus - ein demokratiepolitisches Problem Drucken E-Mail

Ist der niederösterreichischer Feudalismus a la Pröll und der Landesregierung ein Fall für die Gerichte?

Nein? Auch wenn nach den teils selbst gezimmerten Statuten und Gebräuchen der niederösterreichischen Landespolitik kein strafrechtlich relevanter Bestand auf Grund der Machenschaften des Landesfürsten und seiner Regierung rund um den Umgang mit Steuergeldern und der Errichtung seiner Privatstiftung vorliegen sollte, so gibt es doch faktische Grundlagen genug, um dem politischen Akteur Erwin Pröll und seinen Kumpanen das Vertrauen der Steuerzahler abrupt zu entziehen.

Worum geht es ? Landeshauptmann Pröll hat 2007 eine Privatstiftung mit einem Eingangsbetrag von Euro 150 000, Geld das anlässlich seines 60. Geburtstages angeblich aus privaten Spenden stammte, gegründet. Der Stiftungszweck wurde dabei als gemeinnützig zur „Förderung des kulturellen Lebens, des sozialen Zusammenlebens im ländlichen Raum und des harmonischen Zusammenlebens von Generationen“ angegeben. Als Stiftungsvorstand fungieren der Landeshauptmann selbst, der Chef der Raiffeisenbank Erwin Hameseder und der ehemalige Generaldirektor der Niederösterreichischen Landesversicherung, Johannes Coreth. Die Vergabe der Gelder aus der Stiftung erfolgt geheim, Rechenschaftspflicht über die Verwendung der Gelder gibt es keine, eine Kontrolle der Stiftung durch den Landtag oder den Landesrechnungshof ist ausgeschlossen.

Allerdings erhielt Prölls Privatstiftung auf Antrag des heutigen Innenministers Wolfgang Sobotka und zuletzt von der Landesrätin Johanna Miki-Leitner, also engen Vertrauten Prölls,  nach einstimmigen Beschluss der Niederösterreichischen Landesregierung jährlich 150 000 Euro an Steuergeldern. Insgesamt stehen der Stiftung derzeit also nach 10 Jahren ihres Bestehens 1,35 Millionen an Steuergeld zur Verfügung. Angehäuftes Geld, das zum Großteil bis dato im Eigentum der Stiftung ist und nicht für Projekte irgendwelcher Art ausgegeben wurde. Der Herr Landeshauptmann spart eben.

Interessant ist, dass diese 150 000 Euro jährlich an Zuwendungen in keinen Protokollen des Landtages oder der Landesregierung ausgewiesen werden. Bei den Sitzungen der Landesregierung entscheidet ohnedies der Landeshauptmann, was von deren Inhalt ins Protokoll kommt, und da waren dem Herrn Dr. Pröll 150 000 Euro nie erwähnenswert, wobei Förderungsbeiträge geringeren Umfangs sehr wohl aufgelistet werden. Wer sind die Personen, welche solche Summen nicht erwähnenswert finden:


Dr. Erwin Pröll ÖVP

Mag. Johanna-Miki Leitner (vorher W. Sobotka, Innenminister) ÖVP

Mag. Karin Renner SPÖ

Dr. Petra Bohuslav ÖVP

Dr. Stephan Pernkopf ÖVP

Dr. Karl Wilfing ÖVP

Mag. Barbara Schwarz ÖVP

Ing. Maurice Androsch SPÖ

Tillmann Fuchs parteifrei/fr. Stronach

(Während dieser Zeit von 10 Jahren waren auch FPÖ-Mandatare Mitglieder der Landesregierung)

In einer Presseaussendung der ÖVP Niederösterreich spricht der Landesgeschäftsführer der ÖVP, LAbg. Bernhard Ebner, von Fake-News, also von Falschmeldungen, welche der „Falter“, in seiner Ausgabe vom 11.1.2017 zur Causa veröffentlicht hätte. Allerdings scheinen die Tatsachen für sich zu sprechen, von Falschmeldungen kann keine Rede sein, was die Art und Weise der Zuwendungen betrifft, denn Tatsache ist, dass die Vergabe dieser Zuwendungen an die Pröll-Stiftung außerhalb der Zusammensetzung der Landesregierung nicht einmal vom Landtag als Kontrollorgan nachvollziehbar war.


Der eigentliche Skandal besteht also einerseits darin, dass sich ein mächtiger Landesfürst einer finanziellen Zuwendung an seinen Privatfond bemächtigt, von welchen a) nur seine engsten Vertrauten wissen, die b) vom Landtag oder anderen Kontrollinstanzen nicht kontrollierbar sind und die c) öffentliche Gelder, Steuergelder, betreffen.

Darüber hinaus ist es nicht einzusehen, warum das Land Niederösterreich Fördergelder aus Steuereinnahmen, welcher Art auch immer, nicht direkt über Beschlüsse des Landtages vergibt, sondern über eine private Stiftung des Landeshauptmannes.

Nach dem vorliegenden Beispiel könnten in Zukunft sämtliche Förderungen vollkommen intransparent über jede Privatstiftung erfolgen. Jedermann könnte, vorausgesetzt dem Schweigen der Landesregierungsmitglieder, sich auf diese Weise Steuergelder zuschanzen, welche er dann in einer Stiftung hortet, um sie irgendwann vielleicht einer Bestimmung zuzuführen, über die er noch dazu keine Auskunft erteilen muss. Das ist ein Skandal ersten Ranges, das ist ein Umgang mit Steuergeldern, welcher in dieser Form nicht hingenommen werden darf.

Es ist daher in erster Linie nicht die rechtliche Möglichkeit einer Stiftungskonstruktion mit all ihren Vor- und Nachteilen, die im gegenständlichen Fall zur Diskussion steht, es ist vielmehr die demokratiepolitische Relevanz einer solchen Ethik, welche schärfstens zu verurteilen ist. Und wenn dabei die mächtigsten Menschen eines Landes, die Mitglieder einer Landesregierung, solche intransparenten Konstruktionen wählen, dann ist ihnen der letzte Rest von Vertrauen in ihre Amtstätigkeit abzusprechen.

Erfolgen muss nun eine umfassende rechtliche Klärung der gesamten Angelegenheit. Nach Artikel 33 der niederösterreichischen Landesverfassung obliegt zunächst dem Landtag eine genaue Untersuchung der Geschäftsführung der Landesregierung incl. Einsetzung eines Untersuchungsausschusses. Dem kann nach Artikel 39 auch ein Antrag auf Abberufung des Landeshauptmannes bzw. der Mitglieder der Landesregierung folgen. Sollten auch Gesetzesverletzungen vorliegen, so ist vom Landtag eine Anklage der Landesregierungsmitglieder vor dem Verfassungsgerichtshof vorzunehmen. Das ist auch ein Prüfstein für die Bevölkerung, wie ernst die Mitglieder des Landtages ihre Aufgabe nehmen bzw. wie sehr auch sie bereits von einem System infiltriert sind, welches eher an den Feudalismus als an demokratisch legitimierte Gepflogenheiten erinnert. Zu prüfen wird aber auch sein, inwiefern der Landesrechnungshof seiner Aufgabe der Prüfung der Finanzgebarung des Landes bisher nachgekommen ist. Nach Artikel 51 (2)f obliegt ihm die Überprüfung der widmungsgemäßen Verwendung der vom Land gewährten finanziellen Förderungen und Subventionen. Man darf gespannt sein, in welchem Umfang die zuständigen Gremien und Institutionen nun auch aktiv werden.

Auch eine genaue Überprüfung der niederösterreichischen Finanzgebarung durch den Rechnungshof der Republik erscheint alleine deshalb ein dringendes Gebot der Stunde zu sein, da nach den riskante Spekulationen mit Wohnbaugeldern, die dubiosen Geschäfte rund um die HYPO NÖ nun ein weiterer Finanzskandal in der Luft liegt und der Schuldenstand des Landes nach Kärnten ohnehin der höchste aller anderen Bundesländer ist. Hier herrscht dringender Handlungsbedarf.

 

Letztlich liegt es an den Wählern selbst, wie sie diesen Rückfall in ein feudales Machtsystem beurteilen. Sie sind es, die es in der Hand haben, solchen Machenschaften einen Riegel vorzuschieben und die Akteure ihrer Positionen zu entheben. Denn es bleibt dem Einzelnen überlassen, ob er alle demokratischen Möglichkeiten ausschöpfen will, um auch gewählten Repräsentanten das Vertrauen zu entziehen, wenn sie es verwirkt haben. (Gerhard Kohlmaier)