Woko vom 20.11.: Da geht Herr Haselsteiner zu weit! Drucken E-Mail

Der Industrielle Hans Peter Haselsteiner gibt im Kurier vom 20.11.2016 ein ausführliches Interview, in welchem er seine Kampagne gegen eine Bundespräsidenten Hofer begründet.

Nun bin ich alles andere als ein Unterstützer Hofers, aber das, was HPH in diesem Interview von sich gibt, kann ich doch nicht ganz unwidersprochen lassen.

Haselsteiner behauptet in diesem Interview und auch im Rahmen seiner Kampagne, Hofer sei ein erklärter Anti-Europäer und seine Wahl zum Bundespräsidenten würde zum Öxit, also zum Austritt Österreichs aus der EU führen.

Nun habe ich zahlreiche Aussagen, die Hofer zu diesem Thema gemacht hat, überprüft und konnte keine einzige finden, in welcher Hofer dies gesagt hätte. Allerdings hat der Präsidentschaftskandidat eine Volksabstimmung über einen möglichen Austritt in zwei Fällen angekündigt:

a) bei einem Beitritt der Türkei zur EU

bei einer Änderung der EU-Verträge in der Weise, dass dadurch nationalstaatliche Kompetenzen so weit reduziert würden, dass man die Bürgerinnen und Bürger befragen müsse, ob sie einem solchen Zentralismus zustimmen.

Das aber, Herr Haselsteiner, ist keine Ankündigung eines Öxit, sondern entspricht im Wesentlichen dem Vorgehen eines demokratischen Staates: nämlich bei wichtigen Entscheidungen das Volk im Rahmen einer Volksabstimmung zu befragen. Es wäre eigentlich eine demokratische Verpflichtung der Regierungen in allen europäischen Ländern in entscheidenden Fragen, insbesondere dann, wenn sie die Verfassung der Staaten betreffen, das Volk zu befragen. Aber auf Grund der gängigen Praxis gewinnen die Bürger eher den Eindruck, dass die politisch gewählten Repräsentanten der Staaten die Meinung des Volkes mehr fürchten als der Teufel das Weihwasser.

Des Weiteren malt Herr Haselsteiner das Schreckgespenst vom Verlust hunderttausender Arbeitsplätze im Falle der Wahl Hofers an die Wand. Auch diese Vorgangsweise halte ich für unredlich. Niemand von uns kann ernsthaft voraussagen, wie sich die Tourismuszahlen, und darauf bezieht sich HPH mit seiner Aussage, in den nächsten Jahren entwickeln werden.

Wenn Haselsteiner behauptet, dass Hofer ein Populist sei, dann stimme ich ihm zu. Und wenn er betont, dass die etablierte Politik und die Eliten „es vielfach verbockt hätten, ihre Überlegenheit vorzuführen“, so teile ich seine Meinung ebenfalls. Aber Herr Haselsteiner hat vergessen hinzuzufügen, dass dieses Verhalten von Regierungsparteien und Eliten vielfach selbst eines war, welches das Atrribut Populismus verdient. Und dort, wo es nicht populistisch war, hat man das Volk zum Teil über Jahrzehnte belogen und getäuscht.

 

Man kann und soll darüber sprechen, dass sich die Sichtweisen Hofers und Van der Bellens zur EU in wichtigen Punkten unterscheiden, und das tun sie auch, aber das, was Hans Peter Haselsteiner in diesem Kurier-Interview macht, ist leider genau so unredlich wie so vieles, was man von Parteien und/oder deren Protagonisten tagtäglich serviert bekommt. Dass der Unternehmer, den ich sehr schätze, sich auf dieses Niveau begibt, enttäuscht mich. Wonach die Menschen, die von der Politik enttäuschten, auch suchen, Herr Haselsteiner, ist Wahrhaftigkeit, denn belogen werden sie seit Jahrzehnten. Dazu haben Sie mit Ihren Ausführungen leider keinen Beitrag geliefert. Schade! (Gerhard Kohlmaier)