Aktuelles Thema vom 27.4.2014: Griechische Tristesse Drucken E-Mail

Während der Osterfeiertage konnte ich mir selbst ein Bild von den Lebensbedingungen der Menschen in Griechenland machen. Hier mein Bericht:

Die Situation für die Menschen in Griechenland ist katastrophal - die faktische Arbeitslosigkeit liegt bei nahezu 40%, die Jugendarbeitslosigkeit deutlich darüber. Anspruch auf Arbeitslosengeld hat nur, wer vor dem Jobverlust mindestens 10 Monate hindurch beschäftigt war. Aber auch das Arbeitslosengeld - in der Höhe von € 350.- wird nur ein Jahr lang bezahlt. Dann gibt es nichts mehr. Während die Lebenserhaltungskosten seit Beginn der Krise gestiegen sind, sind noch dazu die Löhne eingebrochen. Die gesundheitliche Versorgung ist miserabel und für viele nicht mehr leistbar.

Kanellos führt am Peloponnes im Ort Kakovtos einen kleinen Betrieb und verkauft dort Pitta. Außer im November hat er jeden Tag des Jahres geöffnet. Seine Frau und er arbeiten täglich 11 Stunden im Betrieb, 7 Tage in der Woche, im Sommer, Juli und August, helfen auch die beiden Söhne, welche studieren.

Früher, vor der Krise, konnte sich Kanellos auch noch Angestellte leisten. Zumindest einer war ganzjährig beschäftigt, im Juli und August konnten mitunter auch noch zusätzliche Arbeitskräfte eingestellt werden.

Nun aber ist der Umsatz um ca. 70% eingebrochen. Vor allem der griechische Tourismus im Ort ist stark zurückgegangen. Für viele Griechen ist bereits die Anreise aus den größeren Städten zu einem finanziellen Problem geworden. Die Benzinpreise sind gestiegen, € 1,35.- kostet derzeit der Liter Diesel. Dazu kommen beispielsweise für eine Anreise aus Athen noch die Autobahngebühren von € 30.- Angestellte während des Jahres kann sich Kanellos nicht mehr leisten, nur in den Monaten Juli und August wird eine zusätzliche Arbeitskraft aufgenommen. Gleich geblieben sind jedoch die Fixausgaben: € 4000.-/Jahr kostet die Versicherung, auf € 5000.- jährlich belaufen sich die Mietkosten für das Geschäftslokal, € 4000.- bis 5000.- macht die Stromrechnung aus und ungefähr € 5000.- müssen als Steuern abgeführt werden.

Das Leben ist teuer geworden für den Familienvater. Hätte er nicht vor Ausbruch der Krise kräftig gespart, könnte er die Ausbildungskosten für seine zwei Söhne nicht mehr aufbringen. Gott sei Dank ist einer davon mit dem Studium so gut wie fertig, der andere befindet sich in der Endphase. Auf € 1000.- /Monat kommen die Studienkosten pro Kind. Das sind alleine € 2000.- für die Ausbildung der Kinder. Geld, das Kanellos seit Ausbruch der Finanzkrise nicht mehr verdient.

Noch mehr betroffen von der Situation sind die zahllosen Arbeitslosen, die, weil sie keine soziale Unterstützung vom Staat erhalten, auf Gelegenheitsjobs angewiesen sind. Einige Stunden als Erntehelfer, als Bauhilfsarbeiter oder als Hilfskraft im Gastgewerbe bringen jedoch auch kaum Bares. Es ist eine neue Art von Ausbeutung entstanden, die Stundenlöhne dieser working-poor betragen zwischen €1,50.- und € 2.- Moderne Sklavenarbeit, Ausbeutung der schlimmsten Art, wie man sie eigentlich bisher nur von Ländern der Dritten Welt gekannt hat.

Die Jubelschreie westlicher Medien, mit dem Land ginge es aufwärts, weil es wieder Anleihen auflege, suggerieren den Aufstieg den restlichen Völkern Europas nur. In Wahrheit ist es nichts weiter als ein Startschuss für die nächste Welle von Spekulationen des Finanzkapitals gegen das Land, im schlechtesten Fall, falls die Europäer mit ihren von deren Regierungen enteigneten Steuergeldern die milliardenschwere Neuverschuldung nicht mehr bezahlen können oder wollen, wird ein anderes Ziel erreicht sein: eine deutliche Schwächung des EURO gegenüber dem Dollar.

Die Menschen im Land haben von all diesen Machenschaften nichts. Für sie geht es weiterhin bergab. Eine Situation, auf welche auch wir aufgrund der Hörigkeit unserer Politiker dem Finanzkapital gegenüber zusteuern. (Gerhard Kohlmaier, 27.4.2014)